Seite - 70 - in Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung
Bild der Seite - 70 -
Text der Seite - 70 -
70 A. Klärner und H. von der Lippe
Unterstützungswünschen) Unterstützung. Auch die Differenzierung verschiedener
Unterstützungsquellen durch Akteure oder Sektoren in Netzwerken scheint unse-
res Erachtens eine wichtige weitere Ergänzung darzustellen.
2.2 Soziale Integration
Die unter dem Konzept der sozialen Einbindung (Kohäsion) bzw. der sozia-
len Integration gefassten Mechanismen fokussieren darauf, dass Menschen
als soziale Wesen nicht nur funktional (etwa qua Unterstützung oder direkten
Drucks Anderer), sondern auch emotional und konativ (handlungsbezogen, z. B.
„geselliges Beisammensein“) auf den Kontakt und den Austausch mit anderen
Menschen sowie auf deren Anerkennung (social validation) reagieren (vgl. zu
einer genaueren Begriffsbestimmung Kap. „Soziale Beziehungen, soziales Kapi-
tal und soziale Netzwerke“).
Die soziale Anerkennung durch andere Netzwerkpartner (das können Perso-
nen, aber auch Institutionen sein) oder das Engagement in Gruppen und die von
diesen ausgedrückten Wertschätzungen der eigenen Person können einen erheb-
lichen positiven Einfluss auf das Selbstbewusstsein und damit auf das Wohl-
befinden haben. Im Falle des Ausbleibens oder Versagens dieser Wertschätzung
oder allgemeiner: einer mangelhaften sozialen Integration, können negative Fol-
gen für das Selbstwertgefühl entstehen, die u. a. zu depressiven Symptomen füh-
ren können (Okamoto et al. 2011).
Ein klassisches Untersuchungsfeld zu diesem Thema lässt sich in der Ein-
samkeits- und sozialen Isolationsforschung ausmachen (z. B. Elbing 1991).
Schon die frühen Untersuchungen von Berkman und Syme (1979) haben eine
höhere Mortalität bei sozial weniger eingebundenen Personen nachweisen
können. Aber das Konzept der Integration geht aus einer Netzwerkperspektive
deutlich über die „Menge“ an sozialen Beziehungen hinaus, denn auch ein
Zusammenhang zwischen Netzwerkposition (zentral/marginal/isoliert) und Ver-
halten lässt sich zeigen, so rauchen z. B. sozial isolierte Personen eher (Seo und
Huang 2012). Eine der wenigen Studien, die sich mit dem Zusammenhang von
Netzwerken, sozialen Ungleichheiten und Gesundheit beschäftigen, erbrachte
den Befund, dass Homophilie, also der Kontakt zu sozial ähnlichen Personen,
mit sozioökonomischem Status zunimmt und das Rauchen leicht reduziert
(Lorant et al. 2017). Einen zunächst paradox erscheinenden Effekt berichten
Kawachi und Berkman (2001), nach dem eine höhere Anzahl von Beziehungen
mit einem Anstieg von Symptomen psychischer Krankheiten assoziiert ist.
Sie finden dies für Frauen mit geringen sozioökonomischen Ressourcen und
zurück zum
Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369