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94 P. Adebahr
Fettsäuren und Glukose (Dawans und Heinrichs 2018). Zudem werden die Ver-
dauung und Antikörperproduktion gehemmt (ebd.). Das dauerhafte Bestehen
stressbedingter Prozesse im Körper wird als „allostatic load“ bezeichnet. Dauer-
haft als negativ empfundene Interaktionen stehen in Verbindung mit allostatischen
Belastungen (Seeman et al. 2014). Die stressbedingte Krankheitsentstehung
(„Allostase“) wurde bereits breit beforscht (z. B. Rensing 2013). Bekannt ist der
Zusammenhang zwischen sozialem Stress und Herzkreislauferkrankungen z. B.
Bluthochdruck (Sneed und Cohen 2014), koronaren Herzerkrankungen (Orth-Go-
mér 2007, 2009; Vogli et al. 2007) oder Schlaganfällen (Tanne et al. 2004). Auch
das Endokrinsystem (Hormonhaushalt) wir durch negative Interaktionen ver-
ändert. Andauernde negative Interaktionen stehen z. B. in Verbindung mit hohem
Cortisolspiegel, welcher das Immunsystem schwächt und die Anfälligkeit für
Krankheiten erhöht (Dawans und Heinrichs 2018; Siegrist 2018). Auch die Wund-
heilung (Cytokine-Produktion, IL-6, TNFα, IL-1β) bzw. die damit verbundene
Nachproduktion und Erneuerung von absterbenden Zellen wird von sozialem
Stress gehemmt (Kiecolt-Glaser et al. 2005; Wright und Loving 2011). Als wei-
tere körperliche Folge negativer Aspekte sozialer Beziehungen können körperliche
Verletzungen aufgrund von physischer Gewalt angeführt werden. Wie in Abschn. 1
dargelegt, kann Gewalt eine Copingstrategie (Extremform konflikthaften Copings)
für interpersonelle Spannungen sein. Laut einer Studie von Eggert et al. (2018,
S. 8) erfahren beispielsweise elf Prozent der pflegenden Angehörigen körperliche
Gewalt durch die Gepflegten in den letzten sechs Monaten. Wobei zwölf Prozent
angaben, körperliche Gewalt gegen die pflegebedürftige Person ausgeübt zu haben
(ebd.). Dabei wurde nur Gewalt erfasst, die beabsichtigt, also personengebunden
ist sowie als schädigend erlebt wird und somit den Kriterien negativer Beziehungs-
aspekte entspricht (vgl. Eggert et al. 2018, S. 6).
2.2 Negative Aspekte sozialer Beziehungen und
mentale Gesundheit
Psychische Gewalt ist im Vergleich zur körperlichen Gewalt in der häuslichen
Pflege häufiger anzutreffen. 45 % der pflegenden Angehörigen berichten laut
Eggert et al. von psychischer Gewalt durch die Gepflegten in den letzten sechs
Monaten (2018, S. 8). Wobei 32 % angeben, selber psychische Gewalt gegen die
pflegebedürftige Person ausgeübt zu haben (ebd.). An dieser Stelle sei auch auf
die Gewalt zwischen Eltern und Kindern, zwischen Geschwistern sowie in der
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Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369