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110 M. Gamper
1 Was ist ein Netzwerk?
„Netzwerke“ scheinen in modernen Gesellschaften omnipräsent zu sein (z. B.
soziale Online-Netzwerke wie Facebook und Twitter oder auch kriminelle und
terroristische Netzwerke), jedoch bleiben der Begriff und seine Bedeutung im
Alltag häufig amorph. Um mit dem Konzept wissenschaftlich adäquat arbeiten
zu können, werden in diesem Kapitel der Begriff, unterschiedliche Formen der
Netzwerkanalyse sowie Erhebungs- und Auswertungsstrategien vorgestellt. Im
Folgenden wird ein kurzer Überblick über verschiedene Verfahren und wichtige
Literaturhinweise gegeben, auf die bei Bedarf vertiefend zurückgegriffen werden
kann.
Das Axiom der Netzwerkforschung geht davon aus, dass Elemente –
sogenannte Knoten – mit anderen Elementen Beziehungen – sogenannte
Kanten – eingehen können. Die kleinste Einheit solcher sozialen Beziehungen
ist die Dyade, die Relation zwischen zwei Akteuren. Dyaden wiederum existie-
ren nicht solitär, sondern verbinden sich zu größeren Netzwerken, wo sie auch
bestimmte Strukturen ausbilden. Eine einheitliche Definition von (sozialen) Netz-
werken existiert jedoch nicht. Wie ein Netzwerk definiert wird hängt auch vom zu
untersuchenden Gegenstand ab.
In einer sehr allgemeinen Begriffsbestimmung kann ein Netzwerk als „[…]
abgegrenzte Menge von Knoten oder Elementen und der Menge der zwischen
ihnen verlaufenden sogenannten Kanten“ verstanden werden (Jansen 2006,
S. 58). Diese Definition kann sowohl auf soziale wie auch nicht-soziale, techni-
sche oder physisch-materielle Elemente wie z. B. Straßen- oder Stromnetzwerke
angewandt werden. Neben dieser formalen Bestimmung von Netzwerken existie-
ren Begriffsbestimmungen, die stärker soziales Handeln und den gegenseitigen
Einfluss von Netzwerken und Handeln in den Fokus stellen. Als Beispiel kann
hier Clyde Mitchell genannt werden, der Netzwerke definiert als „[…] as a spe-
cific set of linkages among a defined set of persons, with the additional property
that the characteristics of these linkages as a whole may be used to interpret the
social behaviour of the persons involved“ (Mitchell 1969, S. 2).
Netzwerke sind vom soziologischen Begriff der Gruppe zu unterscheiden, da
deren Existenz durch Grenzziehungen, nicht durch prinzipiell offene Relationen,
bestimmt wird: „(A) fundamental part of the concept of a group is the existence
of boundaries“ (Borgatti und Halgin 2011, S. 1169). Das Konzept unterscheidet
somit zwischen In- und Outgroup. In einigen Fällen werden Gruppen aber auch
als Netzwerke bezeichnet, obwohl soziale Beziehungen innerhalb der Gruppe
nicht explizit auf dyadischer Ebene untersucht, sondern eher vermutet wer-
den. Gruppen können damit auch als eine Unterkategorie von besonders dichten
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Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369