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112 M. Gamper
2.1 Gesamtnetzwerke und egozentrierte Netzwerke
Bei der Gesamtnetzwerkanalyse werden die jeweiligen Knoten und deren Kanten
innerhalb vordefinierter Grenzen betrachtet. Der Fokus liegt auf der internen Ver-
netzung der Akteure in diesem vorbestimmten Bereich (z. B. Sexpartner*innen
in einer Schule, Weitergabe von Krankheiten in einem Dorf, Einfluss von Rauch-
verhalten in einem Verein). Im idealtypischen Fall werden die Relationen außer-
halb dieser definierten Grenzen nicht in die Analyse miteinbezogen. Somit liegt
der Forschungsschwerpunkt auf einer bestimmten Anzahl von Akteuren und
deren ganz spezifischen Beziehungen (Jansen 2006). Die Grenzziehung sollte gut
begründet und beschrieben werden, da jede Grenzziehung Auswirkung auf die
Daten und Ergebnisse hat. Grenzen können z. B. aufgrund bestimmter Theorien
oder auch empirischer Vorkenntnisse bestimmt werden. In der Forschung gibt es
jedoch auch pragmatische Grenzziehungen, die dem Forschungsfeld geschuldet
sind (vertiefend: Laumann et al. 1983). Meist werden Akteure (z. B. Schüler*in-
nen) zu ihren Verbindungen zu anderen Personen (z. B. Mitschüler*innen) in
einem vordefinierten Bereich (z. B. Schulklasse) befragt. Neben vorgefertigten
Namenslisten, mit deren Hilfe die betreffenden Kontaktpersonen nur ausgewählt
werden müssen, können die Befragten z. T. Namen der Kontaktpartner auch
selbst bestimmen. Hierbei müssen diese Kontaktpersonen jedoch Teil der vor-
definierten Menge (z. B. Schulklasse) sein. Neben den Beziehungsparametern
(z. B. Freundschaftsbeziehungen, Liebesbeziehungen) werden den Interviewten
weitere Fragen zur eigenen Person gestellt (z. B. Alter, Gesundheitsstand, Body-
Mass-Index). Alle erhobenen Beziehungen und Attribute werden dann in ein
Gesamtnetzwerk überführt. In anderen Fällen, z. B. im Internet, liegen Daten
über die Beziehungen (z. B. Twitter, Facebook) bereits digital vor. Ein eher sel-
ten angewendetes Verfahren zur Datenerhebung ist zudem die teilnehmende/
nicht-teilnehmende Beobachtung. Hier werden Beziehungen zwischen Akteuren
auf Basis von Beobachtungen registriert und festgehalten wie etwa die Weiter-
gabe von Zigaretten auf den Schulhof. In vielen Studien werden diese Ergebnisse
visuell dargeboten bzw. abgebildet.
Ein prominentes Beispiel für eine Gesamtnetzwerkanalyse aus dem Bereich
der Gesundheitsforschung ist die Untersuchung von Romantik- und Sexualnetz-
werken in der „Jefferson High School“ in den USA (Bearman et al. 2004). Die
Studie von 2004 nimmt das Ansteckungsrisiko von Geschlechtskrankheiten bei
Jugendlichen und die Möglichkeit der Prävention in den Fokus. Hierbei wurde das
Gesamtnetzwerk aus ca. 800 Schüler*innen der „Jefferson High School“ in einer
Kleinstadt in den USA erhoben. Die Knoten sind in diesem Fall die Schüler*innen
der Schule. Die Kanten bilden die Romantik- und Sexualbeziehungen während
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Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369