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116 M. Gamper
qualitativen egozentrierten Netzwerkforschung, auf die später noch eingegangen
wird (siehe Abschn. 2.2).
Gesamt- und egozentrierte Netzwerkanalyse unterscheiden sich somit. Zwar
ist es auch möglich, aus Gesamtnetzwerken einzelne egozentrierte Netzwerke zu
isolieren, diese sind jedoch immer nur Subnetzwerke aus einem vordefinierten
Bereich, der vom Forscher festgelegt wurde. Umgekehrt ist dieser Umwandlungs-
prozess nur schwer bis gar nicht möglich. Im Forschungsprozess sollte sich die
Forscher*innen daher für eines der beiden Verfahren entscheiden. Diese Ent-
scheidung ist essenziell, da beide Verfahren sich hinsichtlich ihrer jeweiligen
Datenerhebung und zum Teil auch in der Datenanalyse unterscheiden, wie später
nochmals detaillierter gezeigt wird (siehe Abschn. 2.2). Die Auswahl für eines der
beiden Verfahren sollte stark an der Forschungsfrage orientiert sein und auch den
Zugang zum Feld berücksichtigen.
Wenn die Forschungsfrage auf die interne Vernetzung von Akteuren abzielt,
wie beispielsweise die Weitergabe von Zigaretten von Schülern und Schülerinnen
einer Schule, ist die Gesamtnetzwerkanalyse das geeignetere Mittel. Bei Gesamt-
netzwerken liegt der Fokus auf einer gut zu isolierenden Gruppe und deren
interne Vernetzung. Setzt man den Schwerpunkt auf den Einfluss von Freunden
und Freundinnen auf den Drogenkonsum von Obdachlosen, wäre die egozen-
trierte Netzwerkanalyse besser geeignet, da in diesem Fall die Grenze schwer zu
ziehen ist und nicht nur die interne Verflechtung interessiert. Auch bezüglich der
Auswertungsverfahren ergeben sich Differenzen. Beispielsweise sind nicht alle
statistischen Messmethoden für die egozentrierte Netzwerkanalyse anwendbar
(siehe Abschn. 2.2).
Es kann gelten:
• Immer wenn das Forschungsinteresse auf die interne Struktur eines Netzwerks
gerichtet ist und die Verbindungen zwischen einer vorbestimmten Menge an
Akteuren bekannt sind oder von Interesse, ist die Gesamtnetzwerkanalyse
besonders gut geeignet (Schnegg und Lang 2002). Hier bestimmt der Forscher
oder die Forscherin, wer in das Sample gehört und wer nicht.
• Die egozentrierte Netzwerkforschung kommt zum Einsatz, wenn die
Beziehungen nicht nur zwischen Akteuren in einem bestimmten vordefinierten
Raum analysiert werden sollen, sondern wenn das Interesse darüber hinaus
reicht. Hier wird zwar das fokale Ego, durch ein Stichprobeverfahren aus-
gewählt, welche Personen (Alteri) von Ego genannt werden, ist jedoch offen
und wird nicht vorgegeben. Gut geeignet ist das Verfahren besonders, wenn man
eine bestimmte Gruppe in den Fokus stellt und deren allgemeine Einbettung in
das soziale Umfeld betrachten möchte, ohne dieses zuvor definiert zu haben.
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Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369