Seite - 168 - in Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung
Bild der Seite - 168 -
Text der Seite - 168 -
168 I. Moor et al.
hoch die Rauchprävalenz in ihrem Freundeskreis ist, zurückgegriffen werden.
Informationen bzw. Charakteristika von Freunden und deren Rauchverhalten
blieben dabei unberücksichtigt (Hall und Valente 2007) – dies ist bei der SNA
möglich. Denn problematisch ist, dass Jugendliche dazu tendieren, die Prävalen-
zen des Tabakkonsums im Freundeskreis zu überschätzen. Nachgewiesen wurde
dies insbesondere für Mädchen und für ehemalige Raucherinnen und Raucher,
die rauchende Freunde haben, als auch für Schülerinnen und Schüler1 mit nied-
rigerer Schulleistung (Kuipers et al. 2016). Bei der Anwendung der SNA muss
daher nicht auf diese (oft) verzerrten Angaben zurückgegriffen werden, da das
soziale Netzwerk erhoben wird und damit oftmals Angaben zu allen Netzwerk-
mitgliedern zur Verfügung stehen. Bei dem Einfluss der Peergroup wird zwischen
„endogenem Effekt“, „exogenem oder kontextuellem Effekt“ und „korrelieren-
dem Effekt“ unterschieden (Ali und Dwyer 2009).
Endogener Effekt: Es wird angenommen, dass individuelles Verhalten das
Verhalten der Peergroup widerspiegelt. Eine Person wird eher rauchen, wenn in
ihrer Peergroup viele Raucher sind. Ändert sich das Verhalten einer Person in der
Gruppe, kann dies als Multiplikatoren-Effekt fungieren, der dann auch das Ver-
halten der gesamten Peergroup verändern kann, deren Mitglieder sich wiederum
auch in anderen Netzwerken befinden und damit die Änderung weitertragen kön-
nen (Ali und Dwyer 2009).
Exogener oder kontextueller Effekt: Bei diesem Effekt wird davon ausge-
gangen, dass individuelles Verhalten von Merkmalen außerhalb der Peergroup
abhängt. Wenn beispielsweise in einer kollektiven Gruppe viele Erwachsene
rauchen, kann sich diese Exposition auch auf Jugendliche auswirken. So hat
das Rauchen der Eltern mit erhöhter Wahrscheinlichkeit einen Einfluss auf das
Rauchverhalten ihrer Kinder (Ali und Dwyer 2009).
Korrelierender Effekt: Dieser Effekt tritt auf, wenn sich Personen in einer
Gruppe aufgrund ähnlicher – nicht im Fokus stehender bzw. unbeobachteter –
Merkmale ähnlich verhalten. Demnach werden Heranwachsende mit ähnlichem
SES sich eher zu einer Gruppe zusammenfinden, die sich durch eine ähnliche
Soziallage auszeichnet. Aus der Forschung ist zudem bekannt, dass sozial depri-
vierte Jugendliche häufiger rauchen als sozial besser gestellte Gleichaltrige. Selbst
wenn aus dieser Gruppe jemand zum Beispiel mit dem Rauchen aufhören würde,
würde das einen geringeren Effekt haben, da diese unbeobachteten Merkmale
1Zur sprachlichen Vereinfachung wird im Folgenden die maskuline Form verwendet, was
jedoch nicht auf die Geschlechtsidentität der bezeichneten Personen schließen lässt.
zurück zum
Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369