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172 I. Moor et al.
der Einfluss der Freunde auf den BMI allerdings nur für Mädchen signifikant.
Ein systematisches Review konnte hinsichtlich Selektions- und Isolationseffekten
aufzeigen, dass sich befreundete Schulfreunde bezüglich ihres Körpergewichts
und BMI ähneln (Fletcher et al. 2011). Außerdem weisen die Ergebnisse dar-
auf hin, dass übergewichtige Jugendliche unbeliebter sind und weniger Freunde
haben als Normalgewichtige in ihrer Altersklasse (Fletcher et al. 2011). Mädchen
und insbesondere übergewichtige Jugendliche werden in Bezug auf ihr Körperge-
wicht stärker durch ihre Freunde beeinflusst (Trogdon et al. 2008). Der Einfluss
der Freunde zeigt sich z. B. darin, dass das Risiko, in einem bestimmten Zeitraum
übergewichtig zu werden, um 57 % ansteigt, wenn einer der Freunde im selben
Zeitraum auch übergewichtig wird (Nam et al. 2015). Wenig Evidenz gibt es
jedoch zu der Art und Weise dieser Beeinflussung. Einerseits kann es sich hierbei
um direkte Kommunikation der Freunde handeln, während der sich Jugendliche
über unterschiedliche Ansichten und Meinungen austauschen und somit gemein-
same Normen ausbilden, andererseits können verschiedene Verhaltensweisen der
Freunde, z. B. Ernährungsweisen oder körperliche (In-)Aktivitäten, Auswirkun-
gen auf das Körpergewicht der Jugendlichen haben (Cunningham et al. 2012).
Neben sozialem Einfluss, der die Ähnlichkeit von Freunden bzgl. des Körper-
gewichts erklären kann, spielen hier auch Selektionsprozesse eine Rolle (Nam
et al. 2015; Shoham et al. 2012). Das heißt, Jugendliche suchen sich tendenziell
Freunde mit ähnlichem Gewicht wie sie selbst (Nam et al. 2015). Insbesondere
Jugendliche, die nicht übergewichtig sind, schließen eher Freundschaften mit
Individuen mit ähnlichem Gewichtsstatus (Nam et al. 2015). Analoge Selektions-
effekte zeigen sich auch in einer Längsschnittstudie für die körperliche Aktivität
von ca. 1900 Jugendlichen (Simpkins et al. 2013). Insgesamt konnten verschie-
dene Studien nachweisen, dass sich Jugendliche, die miteinander befreundet
bzw. in einer gemeinsamen Peergroup sind, bzgl. ihrer körperlichen Aktivität
ähneln (Macdonald-Wallis et al. 2012; Simpkins et al. 2013). Ein Review konnte
jedoch aufzeigen, dass zum Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und
der Auswahl der Freunde inkonsistente Ergebnisse existieren (Macdonald-Wal-
lis et al. 2012). Einerseits existieren Ergebnisse, welche zeigen, dass körperlich
aktive Jugendliche tendenziell mehr Freunde haben als weniger aktive Jugendli-
che, wohingegen andere Analysen keinen Zusammenhang nachweisen konnten
(Macdonald-Wallis et al. 2012). Außerdem konnten geschlechtsspezifische Unter-
schiede festgestellt werden, denn befreundete Jungen ähneln sich bzgl. ihrer kör-
perlichen Aktivität stärker als Mädchen (Macdonald-Wallis et al. 2012). La Haye
et al. (2010) fanden heraus, dass sich weibliche Freunde ähnlicher in ihren Bild-
schirm-basierten Aktivitäten, wie zum Beispiel Fernsehen oder Computer spielen,
sind, wohingegen Jungen sich stärker bzgl. ihres Konsums von hochkalorischer
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Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369