Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Medien
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung
Seite - 231 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 231 - in Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung

Bild der Seite - 231 -

Bild der Seite - 231 - in Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung

Text der Seite - 231 -

231Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten … erlebt, dass durch den Rückzug die soziale Kontrolle, etwa durch Kollegen und Vorgesetzte, reduziert werde, was eine Befreiung von Alltagsnormen mit sich bringe. Nur in jenen Fällen, in denen keine alternativen sozialen Rollen wie z. B. in Form des Ehrenamtes zur Verfügung ständen, würde die Reduktion der Zahl oder der Unterschiedlichkeit sozialer Kontakte als Krise erlebt werden. Die empi- rische Evidenz dieser Theorie ist gering. Zwar entfallen mit dem Ende der Berufs- tätigkeit und durch Witwenschaft in der Tat wichtige soziale Rollen, dafür werden jedoch bestehende soziale Kontakte, etwa zu Kindern, Enkelkindern und Nachbarn nicht etwa gelockert, sondern im Gegenteil, häufig intensiviert. Ein freiwillig ini- tiierter Rückzug aus sozialen Bindungen bei guter Gesundheit im Alter ist nicht typisch (Maddox und Eisdorfer 1972; Neugarten et al. 1969; Shanas et al. 1968). Als Gegenentwurf zur Disengagement-Theorie kann die Aktivitätstheorie betrachtet werden. Sie besagt, dass eine gute Lebenszufriedenheit im Alter nur durch fortgesetzte soziale Aktivität, das Beibehalten von Interaktionen bzw. eines aktiven Lebensstils erreicht werden könne. Dem altersbedingten Wegfall sozialer Rollen (z. B. Berufstätigkeit) und sozialer Aktivitäten sei mit der Aufnahme neuer Aktivitäten (z. B. Ehrenamt) zu begegnen (Tartler 1961). Dieser Zusammenhang zwischen Aktivität und Zufriedenheit im Alter ist empirisch gut gesichert (Adams et al. 2011; Katz 1996; Lemon et al. 1972). Nach der zur Rational Choice Theory gehörigen Theorie des sozialen Aus- tauschs kommen Interaktionen durch den über Normen geregelten Austausch von sozialen Gütern (instrumentelle, emotionale und materielle) zustande. Als zentral wird die Reziprozitätsnorm betrachtet. Mit Bezug auf das Alter geht die Theorie davon aus, dass ältere Menschen zunehmend weniger Ressourcen wie soziale Position, Geld und Gesundheit aufwiesen und dadurch für potenzielle Tauschpartner an Attraktivität verlören (Bengtson und Dowd 1981). Auswege aus dem drohenden Ungleichgewicht zwischen Nehmen und Geben werden in der Konzentration auf jene Interaktionspartner gesehen, mit denen Reziprozi- tät möglich ist, sei es durch gezielte Selektion bestehender oder Aufnahme neuer Beziehungen, was letztlich als positiv für das Wohlbefinden erachtet wird. Die Kritik gegenüber dieser Theorie richtet sich v. a. auf die Schwierigkeit, die Annahmen empirisch zu überprüfen, da „soziale Güter“ individuell sehr Unter- schiedliches bedeuten können. Zudem hängt die Interpretation von Reziprozität auch von der Qualität und Bedeutung sozialer Beziehungen ab. Diese aber bleiben in der Theorie des sozialen Austauschs unberücksichtigt (Tesch-Römer 2010). Spezifisch auf die Beziehungen zwischen Eltern im höheren bzw. hohen Alter und ihren erwachsenen Kindern sind das Modell der intergenerationalen Solidarität (Bengtson und Roberts 1991) und das Modell der intergenerationalen Ambivalenz (Lüscher 2000) ausgerichtet. Ersteres fokussiert die wechselseitige
zurück zum  Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten Eine neue Perspektive für die Forschung
Titel
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Untertitel
Eine neue Perspektive für die Forschung
Autoren
Andreas Klärner
Markus Gamper
Sylvia Keim-Klärner
Irene Moor
Holger von der Lippe
Herausgeber
Nico Vonneilich
Verlag
Springer VS
Ort
Wiesbaden
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-658-21659-7
Abmessungen
14.5 x 21.0 cm
Seiten
436
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
  2. Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
  3. Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
  4. Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
  5. Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
  6. Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
  7. Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
  8. Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
  9. Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
  10. Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
  11. Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
  12. Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
  13. Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
  14. Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
  15. Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
  16. Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten