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238 B. Müller und L. Ellwardt
4.3 Depression
In ihrem systematischen Review analysierten Schwarzbach et al. (2014) ins-
gesamt 37 Studien, die Zusammenhänge zwischen sozialen Netzwerken und
Depression bei älteren Menschen untersucht hatten. Während die Befunde zu
funktionalen Netzwerkaspekten insgesamt sehr konsistent sind (wenig soziale
Unterstützung und geringe Beziehungsqualität sind mit Depression assoziiert),
fielen die zu strukturellen Netzwerkaspekten (wie Familienstand, Netzwerkgröße
und Kontakthäufigkeit) mehrheitlich heterogen aus. Übereinstimmend zeigte sich
hingegen, dass Alleinlebende kein höheres Risiko für depressive Symptome auf-
wiesen. Teilweise werden die Zusammenhänge durch den kulturellen Kontext
moderiert. So war in östlichen Kulturen wie China und Japan eine hohe Kontakt-
frequenz mit einem geringeren Depressionsrisiko assoziiert. Für westliche Kul-
turen hingegen konnte dieser Zusammenhang nicht bestätigt werden. Antonucci
et al. (1997) fanden in ihrer Analyse Belege dafür, dass funktionale und struk-
turelle Netzwerkaspekte je eigenständige Wirkungen auf depressive Symptome
im Alter haben. Der Bedeutung sozialer Netzwerke für die Beziehung zwischen
funktionalen Beeinträchtigungen und depressiven Symptomen gingen Litwin
und Stoeckel (2016) in ihrer Arbeit nach. Es zeigte sich, dass funktional beein-
trächtigte Personen mehr depressive Symptome aufweisen, wenn sie über keiner-
lei soziales Netzwerk verfügten im Vergleich zu jenen mit Netzwerkpartnern.
5 Soziale Ungleichheit, soziale Netzwerke
und Gesundheit
Studien, die Beziehungen zwischen sozialer Ungleichheit, sozialen Netzwerken
und Gesundheit im Alter analysieren, sind vergleichsweise rar. Sie berück-
sichtigten sowohl funktionale (also v. a. Unterstützungsformen) als auch struk-
turelle (also v. a. Größe, Häufigkeit der Kontakte) Aspekte. Die Darstellung
vorliegender Befunde strukturiert sich entlang dreier Hypothesen:
1. Merkmale sozialer Netzwerke mediieren den Zusammenhang von sozioöko-
nomischem Status und Gesundheit, d. h. der sozioökonomische Status wirkt
sich über soziale Netzwerke auf den Gesundheitszustand aus.
2. Merkmale sozialer Netzwerke moderieren den Zusammenhang von sozio-
ökonomischem Status und Gesundheit, d. h. Netzwerkmerkmale beeinflussen
die Stärke des Zusammenhangs zwischen sozioökonomischem Status und
Gesundheitszustand.
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Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369