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275Geschlecht
und gesundheitliche Ungleichheiten …
1 Geschlecht als Ungleichheitskategorie
Geschlecht gehört mittlerweile zu einer der wichtigsten Kategorien im sozial-
wissenschaftlichen Diskurs. Die Geschlechtskategorie durchzieht und prägt alle
gesellschaftlichen Lebensbereiche und nimmt in der Funktion einer horizontalen
Ungleichheitsdimension eine bedeutungsvolle Rolle als soziale Ordnungs- und
gesellschaftliche Positionierungskategorie ein (Babitsch 2009; Rose 2015). Sowohl
für das weibliche* als auch für das männliche* Geschlecht „existieren geschlechts-
spezifische Normalitätsvorstellungen, Verhaltensstandards und Inszenierungs-
skripte, mit denen sie sich im Laufe ihres Lebens unentwegt arrangieren“ müssen
(Rose 2015, S. 63). In unserem Alltagswissen wird die Zweigeschlechtlichkeit des
Menschen sowie die von Geburt (und größtenteils Schwangerschaft) an festgelegte
Geschlechtszugehörigkeit und die dazu implizierte Heterosexualität meist als selbst-
verständlich und als naturgegeben akzeptiert sowie praktiziert (Wetterer 2004).
Jedoch handelt es sich bei der Geschlechtskategorie um ein sozialstrukturelles
und sozial konstruiertes sowie historisch und gesellschaftlich gewachsenes Phäno-
men, das in sozialen und alltäglichen Interaktionen sowie Handlungen (re)produ-
ziert wird (doing gender). Geschlecht ordnet Individuen in zwei unterschiedliche
Gruppen, die sowohl auf einer biologisch gebundenen Zuordnung, als auch auf
gesellschaftlichen Zuschreibungsprozessen beruhen (Winker und Degele 2010).
Als wichtiger Schritt in der Betrachtung und Analyse des Geschlechts gilt
die Trennung in die zwei Komponenten sex (das bei der Geburt aufgrund bio-
logischer Merkmale zugewiesene Geschlecht) und gender (als soziale, kulturelle
Dimension und Geschlechtsidentität) und die damit verbundene Möglichkeit „die
mit dem biologischen Geschlecht verbundene Vorstellung von naturgegebenen
Unterschieden zwischen Frauen und Männern in Frage zu stellen und im Kon-
text der gesellschaftlichen Herstellungsmodi zu reflektieren“ (Babitsch 2009,
S. 284). Die geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen unterliegen somit einer
sozialen Prägung und sind zudem abhängig von den jeweiligen kulturellen, his-
torischen und gesellschaftlichen Bedingungen. Des Weiteren können die exis-
tierenden gesellschaftlichen Geschlechterungleichheiten nicht alleine durch die
biologischen Geschlechterdifferenzen begründet werden (Babitsch 2009; Degele
2010).
1.1 Geschlecht und Gesundheit
Seit den 1970er Jahren hat das Thema Geschlecht und dessen Einfluss auf die
Gesundheit sowohl in der Forschung als auch in der medizinischen Praxis an
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Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369