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279Geschlecht
und gesundheitliche Ungleichheiten …
Eine besondere Bedeutung in Bezug auf geschlechtsspezifische Differen-
zen hinsichtlich der Morbidität nehmen zudem die koronaren Herzerkrankungen
(KHK) ein, der nach Kuhlmann (2016) unter dem Geschlechtsaspekt beste
untersuchte Bereich. Laut Kuhlmann (2016) und Regitz-Zagrosek (2017, 2018)
existieren geschlechtsspezifische Unterschiede in fast jedem Studium einer KHK.
So führt Regitz-Zagrosek (2017) beispielsweise Differenzen bei den Risiko-
faktoren an.8 Weitere Beispiele bringt Kuhlmann (2016) ein und bezieht sich auf
deutsche und internationale Studien. Demnach werden „Frauen mit KHK seltener
evidenzbasiert behandelt […], [erhalten] seltener invasive Diagnostik, [werden]
seltener und anders über präventive Maßnahmen (z. B. Raucherentwöhnungs-
programme) aufgeklärt“ (Kuhlmann 2016, S. 189).
Auch in Bezug auf psychische Erkrankungen können Differenzen zwischen
den Geschlechtern verzeichnet werden. Laut den Daten des Robert Koch-Insti-
tuts (2015) liegt die Prävalenz für Angststörungen bei Frauen* mit 21,3 % höher
als bei Männern* mit 9,3 %. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den depressiven
Störungen und bei chronischem Stress (Hapke et al. 2013). Auch wenn es ins-
gesamt kaum Forschungen zu vollendetem Selbstmord sowie Suizidgefahren
unter Trans*-Personen gibt, kann das sehr ausführliche Review von Haas et al.
(2010) eine erhöhte Suizidgefahr wie auch eine erhöhte Anzahl an vollendeten
Selbstmorden für trans*-Personen nachweisen. Dies gilt wohl besonders für
junge Heranwachsende (Mustanski et al. 2010). Trans*-Menschen weisen
zudem im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung höhere Prävalenzraten u. a. für
Depressionen und Angsterkrankungen auf (Nieder et al. 2016).
Bezüglich Alkoholabhängigkeit scheinen Männer* stärker als Frauen*
betroffen zu sein. Pabst et al. (2013) konstatieren für das Jahr 2012 eine Alkohol-
abhängigkeit bei 2,0 % der Frauen* und 4,8 % der Männer* in Deutschland. Im
Jahr 2017 registrierte die Krankenhausdiagnosestatistik bei Frauen* 85.283 und
bei Männern* 228.928 stationäre Behandlungsfälle aufgrund psychischer und
Verhaltensstörungen durch Alkohol (Statistisches Bundesamt 2019a).
8Geschlechtsspezifische Unterschiede im Zusammenhang mit Risikofaktoren existieren bei
dem Einfluss von Diabetes mellitus, der bei Frauen* stärker ausgeprägt ist als bei Män-
nern*. Laut Regitz-Zagrosek (2017) erhöht Diabetes mellitus das Auftreten einer KHK
bei Frauen* um das 5- bis 7-fache und bei Männern* um das 3- 4-fache. Die klassischen
Risikofaktoren wie Hypertonie, Zigarettenrauchen, Hypercholesterinämie haben bei dem
weiblichen* Geschlecht hingegen eine ähnliche Auswirkung auf das KHK-Risiko wie bei
dem männlichen* Geschlecht.
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Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369