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283Geschlecht
und gesundheitliche Ungleichheiten …
ärztlichem Fachpersonal je nach Geschlechtszugehörigkeit abweichend wahr-
genommen und auch behandelt werden. Studien weisen darauf hin, dass ärzt-
liches Fachpersonal männliche* Beschwerden ernster nehmen. Dagegen werden
bei dem weiblichen* Geschlecht anscheinend häufiger psychisch bedingte Leiden
vermutet und die Behandlung dementsprechend ausgerichtet (Kolip und Hurrel-
mann 2002; Sieverding 2005; Kuhlmann 2016). Eine qualitative Studie zeigt,
dass Klinikpersonal auf die gesundheitlichen Bedürfnisse von Trans*-Patien-
tinnen* oft mit Unsicherheit reagiert, welche sich dann in Stigmatisierung aus-
drücken kann. Dies führt bei Trans*-Personen wiederum zur Ansicht, dass sie
mit ihren Bedürfnissen nicht verstanden werden (Poteat et al. 2013). Ein Review
von 17 Artikeln über die Einstellung von Pflegekräften zu LGBT*I*Q-Patienten
bestätigte das Ergebnis der Benachteiligung (Dorsen 2012, zur Diskriminierung
siehe auch Grant et al. 2011).
Armut und soziale Ungleichheit
Armut und soziale Ungleichheit haben zentrale Auswirkungen auf die Gesund-
heit und Lebenserwartung der Geschlechter und führen zugleich zu geschlechts-
spezifischen Unterschieden. Immer noch bekommen Frauen* im Durchschnitt
21 % weniger Gehalt als Männer*, arbeiten mit 49 % fast doppelt so häufig in
Teilzeitbeschäftigung wie Männer* mit 11 % und sind weiterhin öfter von Armut
betroffen als Männer* (WSI 2017). Diese geschlechtsspezifischen Ungleichheiten
haben einen deutlichen Einfluss auf das Gesundheitsgeschehen.
Kuhlmann (2016) bezieht sich in diesem Zusammenhang beispielsweise auf
das deutsche Gesundheitssystem, welches sich durch hohe Qualitätsstandards und
eine hohe Versorgungsdichte sowie niedrige Zugangsbarrieren auszeichnet. Den-
noch existieren systembedingte Barrieren, die zu Unterschieden in den Zugangs-
chancen von Männern* und Frauen* führen. Als Beispiel nennt Kuhlmann (2016)
die steigenden finanziellen Belastungen der Nutzer*innen im Zusammenhang mit
dem zu erbringenden Eigenanteil bei den Krankenkassenbeiträgen. Der Eigen-
anteil beträgt aktuell in Deutschland 14,3 %, 2010 lag er noch bei 13 % (WHO
2010; Bundesversicherungsamt 2017). Es ist also eine leichte Steigung zu ver-
zeichnen. „Hier liegt es auf der Hand, dass Frauen als Gruppe aufgrund der
Einkommensdifferenzen häufiger und stärker als Männer von einem steigenden
Eigenanteil an den gesundheitsbezogenen Kosten betroffen sind“ (Kuhlmann
2016, S. 188). Dies gilt noch stärker für die Gruppe der älteren Frauen*, da
Frauen* mit durchschnittlich 643 EUR im Monat eine niedrigere Rente beziehen
als Männer* (1154 EUR) und somit öfter von Altersarmut betroffen sind (ebd.,
WSI-Gender Daten Portal 2018). Eine US-amerikanische Studie ergab, dass die
Arbeitslosenquote bei Trans*-Personen, im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung,
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Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369