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311Arbeitslosigkeit,
soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
„food insecurity“ bezeichnet. In den USA wurden etwa in einer Studie zu den
Auswirkungen der Rezession von 2007–2009 gezeigt, dass Arbeitslosigkeit
und „food insecurity“ stark korrelieren (Huang et al. 2016). Auswertungen des
sozio-ökonomischen Panels (SOEP) zeigen, dass der Anteil der Ausgaben für
Lebensmittel am Haushaltsbudget mit 19,2 % bei Arbeitslosen deutlich höher, die
absolute Summe von 205 EUR aber im Vergleich zu Erwerbstätigenhaushalten
(13,7 % und 362 EUR) erheblich geringer ist (Pfeiffer et al. 2016).
Eine Reihe theoretischer Analysen geht davon aus, dass soziale Netzwerke
für die gesundheitlichen Auswirkungen der Arbeitslosigkeit eine wichtige Rolle
spielen. Dabei geht ein Teil der Literatur davon aus, dass Arbeitslosigkeit Aus-
wirkungen auf das Netzwerk hat und diese Veränderung im Netzwerk sich wiede-
rum auf die Gesundheit auswirkt (Mediatoreffekt, siehe z. B. Jahoda 1981; Warr
1987). Ein anderer Teil nimmt an, dass Netzwerke die negativen Folgen des durch
Arbeitslosigkeit entstehenden Stresses auf die Gesundheit verringern (Moderato-
reffekt, siehe z. B. Cassel 1976; Cobb 1976; Atkinson et al. 1986).
Der vorliegende Beitrag liefert einen Überblick über empirische Analysen
zum Thema Netzwerke und Arbeitslosigkeit. Im Allgemeinen wird sowohl in
der Alltagssprache als auch in der Wissenschaft mit dem Begriff Arbeitslosig-
keit das Fehlen von Erwerbsarbeit bezeichnet (vgl. zum Folgenden auch Lud-
wig-Mayerhofer 2018). Damit können auch Personen, die einer aus individueller
und gesellschaftlicher Sicht produktiven Arbeit nachgehen (z. B. im Haushalt
oder im Ehrenamt) in diesem Sinne arbeitslos sein. In Deutschland werden sogar
gemäß der sozialrechtlichen Definition der Bundesagentur für Arbeit Personen
als arbeitslos in der amtlichen Statistik geführt, die einer Erwerbstätigkeit nach-
gehen, dies aber im Umfang von weniger als 15 Wochenstunden tun.
Eine Alternative wäre der Begriff Erwerbslosigkeit, der einerseits genau auf das
Fehlen einer entlohnten Tätigkeit rekurriert. Andererseits wird der Begriff aber auch
vom Statistischen Bundesamt verwendet, um damit ein alternatives, international
vergleichbares Messkonzept zu bezeichnen. Dieses orientiert sich am Labour-Force-
Konzept der International Labour Organization (ILO) und bezeichnet Personen als
erwerbslos, die weniger als eine Stunde pro Woche einer Erwerbsarbeit nachgehen.
Im Folgenden wird – auch im Anschluss an die von uns referierte Literatur –
meist von Arbeitslosigkeit gesprochen, wobei der Begriff Erwerbslosigkeit damit
weitgehend synonym verwendet wird. Damit ist explizit keine bewertende Aus-
sage zu nicht entlohnten Arbeiten verbunden.
Zunächst wird in Abschn. 2 der Forschungsstand zum Thema Arbeitslosig-
keit und Gesundheit referiert. In Abschn. 3 wird dann die konkrete Bedeutung
sozialer Netzwerke in Bezug auf Arbeitslosigkeit und Gesundheit thematisiert. In
Abschn. 3.1 werden empirische Forschungsergebnisse zur Rolle der Netzwerke
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Buch Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Titel
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Untertitel
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Autoren
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Herausgeber
- Nico Vonneilich
- Verlag
- Springer VS
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Abmessungen
- 14.5 x 21.0 cm
- Seiten
- 436
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369