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Vertragsrecht in der Coronakrise
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auf nicht grob unverhältnismäßig. Dass der Leistungsaufwand erheblich mehr als den vereinbarten Kaufpreis von 100 € beträgt, ist für die Anwen- dung des §275 Abs.2 BGB unerheblich. Es kann allenfalls ein Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. §313 Abs.1 BGB vorliegen (Fallgruppe der Äqui- valenzstörung), der zu einem Anspruch auf Vertragsanpassung und ggfs. zu einem Rücktrittsrecht der belasteten Partei (hier: des Verkäufers) füh- ren kann.28 Fälle des §275 Abs.2 BGB werden daher allenfalls vorliegen, wenn Um- stände spezifisch beim Verkäufer eintreten und dessen Kosten erhöhen, ohne dass zugleich der Marktpreis steigt. Das mag für einen Produzenten gelten, der durch höhere Hygieneanforderungen oder wegen Personal- mangels seine Produktion drosseln muss, sodass seine Stückkosten steigen, während der Marktpreis für das Produkt konstant bleibt, weil Wettbewer- ber die gleiche Ware weiterhin zum bisherigen Preis anbieten. Andere denkbare Fälle sind solche, bei denen das Leistungsinteresse des Gläubi- gers infolge der Covid-19-Pandemie sogar sinkt, weil er selbst für die be- stellte Ware keine Verwendung mehr hat.29 Hier ist eine Leistungsbefrei- ung aufgrund der Einrede aus §275 Abs.2 BGB denkbar, wenn der Auf- wand des Produzenten in Relation zum Leistungsinteresse des Abnehmers – also faktisch zum Marktpreis oder einem ggfs. gesunkenen Interesse – unverhältnismäßig groß wird. Wo diese Schwelle genau liegt, ist einzelfall- abhängig und schwer allgemein zu bestimmen.30 Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere, ob der Käufer die Ware anderweitig am Markt erhal- ten kann, also nicht auf die Erfüllung durch diesen konkreten Verkäufer angewiesen ist. Für nicht zu vertretende Leistungserschwerungen, wie sie im Rahmen der Covid-19-Pandemie regelmäßig vorliegen dürften, wird man annehmen können, dass der Verkäufer – wenn die Ware anderweitig verfügbar ist – nur wenig mehr als den Marktpreis, den der Käufer bei Dritten bezahlen müsste, aufwenden muss (etwa 5-10%). Ist der Käufer da- gegen auf die Lieferung des Verkäufers angewiesen, wird man die Schwelle höher ansetzen müssen, z.B. bei einer Überschreitung des Leistungsinteres- ses um 10-20%.31 28 S. Weller/Lieberknecht/Habrich, Virulente Leistungsstörungen (Fn.1), S.1021f. m.w.N. sowie Prütting, in diesem Band. 29 Weller/Lieberknecht/Habrich, Virulente Leistungsstörungen (Fn.1), S.1020. 30 Für Anhaltspunkte s. Riehm (Fn.20), §275 Rn.213ff.; für konkrete Zahlen I. Bach, Leistungshindernisse, 2017, S.428ff. 31 Ähnlich Ernst (Fn.26), §275 Rn.107ff. (ohne konkrete Zahlen); abweichende Zahlenverhältnisse (allein in Abhängigkeit vom Verschuldensgrad) bei F. Faust, in: P. Huber/F. Faust (Hrsg.), Schuldrechtsmodernisierung, 2002, Kap. 2 Rn.68. Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 23 https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58 Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Vertragsrecht in der Coronakrise
Titel
Vertragsrecht in der Coronakrise
Autor
Daniel Effer-Uhe
Herausgeber
Alica Mohnert
Ort
Baden-Baden
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-7489-0927-9
Abmessungen
15.3 x 22.7 cm
Seiten
258
Kategorien
Coronavirus
Recht und Politik

Inhaltsverzeichnis

  1. Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
  2. Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
  3. Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
  4. Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
  5. Niemand zahlt mehr Miete!? ‑ Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen auf die Pflicht zur Mietzahlung 147
  6. Aktuelle Probleme im Reiserecht durch die Corona-Krise 175
  7. Transportrecht in der Corona-Krise 205
  8. Das Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise 223
  9. Vertragsrecht in der Corona-KriseCOVInsAG: Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht und die Haftung der Organe 245
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