Seite - 103 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
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entscheiden, wessen Forderungen er weiter bedient und welchem Gläubi-
ger gegenüber er sich auf sein Leistungsverweigerungsrecht beruft.
Bedingt durch die Pandemie
Das Leistungshindernis auf Seiten des Verbrauchers muss auf Umständen
beruhen, die auf die Ausbreitung der Infektionen mit dem SARS-CoV-2-
Virus (COVID-19-Pandemie) zurückzuführen sind. Aus der Gesetzesbe-
gründung lässt sich entnehmen, welche Umstände der Gesetzgeber im
Blick hatte. Es geht um Einnahmeausfälle infolge der weitreichenden Be-
triebsverbote. Auch Betriebseinstellungen oder ‑ausfälle infolge Quarantä-
ne von Mitarbeitern sind demnach pandemiebedingte Umstände.30 Die
Regelung ist also in direktem Zusammenhang mit den staatlichen Verbo-
ten und Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu sehen.
Eine behördlich angeordnete Quarantäne des Verbrauchers selbst be-
gründet dagegen keine Gefährdung des Lebensunterhalts des Betroffenen.
Bei Quarantäne besteht nämlich ein Anspruch auf Entschädigung für den
Verdienstausfall in Geld nach §56 Abs.1 IfSG. Die Entschädigung bemisst
sich nach dem Verdienstausfall und wird für die ersten sechs Wochen in
Höhe des vollen Verdienstausfalls gewährt, §56 Abs.2 IfSG. Eine zweiwö-
chige Quarantänemaßnahme führt also nicht zu einer Unterhaltsgefähr-
dung und ist damit kein Anwendungsfall des Art.240 §1 Abs.1 EGBGB.
Für viele andere denkbare Fälle bleibt aber zu klären, ob ein hinreichen-
der Ursachenzusammenhang zwischen Pandemie und Unterhaltsgefähr-
dung besteht. Es spricht viel dafür, dass ein mittelbarer Zusammenhang
mit der Pandemie genügt.31 Das Risiko trägt wiederum der Verbraucher,
der den Zusammenhang im Streitfall beweisen muss.
Auswirkungen der „Soforthilfe“
Das Leistungsverweigerungsrecht steht dem Schuldner nur so lange zu,
wie er wegen der Pandemie an der Erbringung seiner Leistung gehindert
b)
c)
30 BT-Drucks. 19/18110, S.1.
31 So auch Schmidt-Kessel/Möllnitz, Coronavertragsrecht (Fn. 29), S.1104; Berg (Fn.
16), Art.240 §1 EGBGB Rn.18.
Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art. 240 EGBGB
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
- Niemand zahlt mehr Miete!? ‑ Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen auf die Pflicht zur Mietzahlung 147
- Aktuelle Probleme im Reiserecht durch die Corona-Krise 175
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- Das Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise 223
- Vertragsrecht in der Corona-KriseCOVInsAG: Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht und die Haftung der Organe 245