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untersagt ist. Infolgedessen gibt es hier keinen Anwendungsbereich für das
Moratorium.
Bezüglich der demnach verbleibenden Dauerschuldverhältnisse, etwa
Stromlieferung und Miete der Fitnessgeräte, kann G die Leistung nur ver-
weigern, wenn er sie nicht erbringen kann oder durch die Leistungserbrin-
gung die wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs gefährden
würde. Ob das der Fall ist, hängt von der wirtschaftlichen Lage des Be-
triebs ab. Einen Maßstab nennt das Gesetz nicht. Wenn G Soforthilfe be-
antragt und erhält, entfällt das Leistungshindernis jedenfalls mit Auszah-
lung der Soforthilfe.
Die Verweigerung der Leistung darf für den Gläubiger nicht unzumut-
bar sein, Art.240 §1 Abs.3 S.2 EGBGB. Es dürfen weder der angemessene
Lebensunterhalt des Gläubigers noch die wirtschaftlichen Grundlagen sei-
nes Erwerbsbetriebs gefährdet sein. Die Gläubiger sind wie im ersten Fall
mutmaßlich Stadtwerke und große Unternehmen. Auch der Hersteller der
Fitnessgeräte dürfte in der Lage sein, das vorübergehende Ausbleiben der
Mietzahlungen zu verkraften.
Wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung die eigene Dienst-
leistung des G einbezöge, wäre auch die Verweigerung dieser Leistung für
die Gläubiger nicht unzumutbar. Gläubiger der Dienstleistung sind die
Kunden des Gesundheitszentrums. Der angemessene Lebensunterhalt ei-
nes Kunden kann aber nicht dadurch gefährdet werden, dass er nicht mehr
trainieren darf. Wenn überhaupt, könnte eine Unterhaltsgefährdung nur
aus der eigenen Zahlungspflicht des Kunden resultieren. Die entfällt aber
wie gesagt ohnehin nach §326 Abs.1 BGB.
Zwischenfazit
Art.240 §1 Abs.2 EGBGB erweitert den in Abs.1 gewährleisteten Schutz
auf Kleinstunternehmen und deren Verbindlichkeiten. Beide Vorschriften
sollen zusammen dem Schutz von Solo-Selbständigen und kleinen Betrie-
ben dienen. Im Rahmen von Abs.2 werden nicht nur Verträge der Da-
seinsvorsorge erfasst, sondern alle Dauerschuldverhältnisse, die für die an-
gemessene Fortführung des Betriebs notwendig sind. Damit dürften Miet-
und Leasingverträge über Geräte, Lizenzverträge und diverse weitere Ver-
träge erfasst sein. Unklar ist, inwiefern eigene Dienstleistungen des Unter-
nehmers erfasst sein können. Nach hier vertretener Auffassung dürfte in
praktisch allen Fällen die Unmöglichkeit vorrangig sein.
6.
Ann-Marie Kaulbach und Bernd Scholl
118
https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
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