Seite - 174 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
Bild der Seite - 174 -
Text der Seite - 174 -
Risikozuweisung ist indes nur mit Blick auf „normale“ wirtschaftliche Ver-
hältnisse gedacht.117 Die Corona-Krise allerdings betrifft die sog. „große
Geschäftsgrundlage“118 das Grundvertrauen in den Bestand der wirtschaft-
lichen und sozialen Rahmenbedingungen.119 Derart fundamentale Ände-
rungen dürften im Rahmen der Zuweisung des Verwendungs- und Ge-
winnrisikos zum Mieter nicht erfasst sein. Für eine Vertragsanpassung
nach §313 BGB spricht m.E. zweierlei: Zunächst der Umstand, dass die
coronabedingten Einschränkungen im Interesse der Allgemeinheit keiner
der Parteien zuzurechnen ist, sodass insofern durchaus von einer „Gefah-
rengemeinschaft“120 gesprochen werden kann. Zum anderen ist zu berück-
sichtigen, dass die überwiegende Anzahl anderer potentieller Mieter/Päch-
ter der fraglichen Gewerberäume insofern mit denselben Beschränkungen
konfrontiert wären, wie der konkrete Mieter. Insofern dürfte der wirt-
schaftliche Wert von Räumen zum Betrieb von Läden, Gaststätten, Disko-
theken etc. unter Berücksichtigung von Angebot und Nachfrage derzeit
sehr begrenzt sein.121 Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass ein
redlicher Vermieter/Verpächter sich, hätte man die gegenwärtige Situation
bei Vertragsschluss vorausgesehen, auf eine entsprechende Preisanpas-
sungsklausel eingelassen hätte.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass es wohl 2:0 für Frau Lam-
brecht steht. Weder das Corona-Rettungsgesetz noch die allgemeinen Rege-
lungen des BGB berechtigen Mieter dazu ihre Miete wegen der Corona-
Krise nicht zu zahlen. Insbesondere begründen die Corona-Erlasse der
Länder grds. keinen Mangel der Mietsache. Allenfalls ein Anspruch auf
Anpassung der Miete nach §313 BGB dürfte insofern in Betracht zu kom-
men.
D.
117 Vgl. P. Krebs/S. Jung, in: Nomos Kommentar BGB, 3.Aufl., Baden-Baden 2016,
§313 BGB Rn.70; E. Streyl, COVID 19 (Fn.49), §3 Rn.81.
118 T. Finkenauer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8.Aufl., München 2019,
§313 BGB Rn.17.
119 M.-P. Weller/M. Lieberknecht/V. Habrich, Virulente Leistungsstörungen (Fn.17),
S.1021.
120 T. Finkenauer (Fn.118), §313 Rn.306.
121 Wie hier E. Streyl, COVID 19 (Fn.49), §3 Rn.86.
Jonas David Brinkmann
174
https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
zurück zum
Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
- Niemand zahlt mehr Miete!? ‑ Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen auf die Pflicht zur Mietzahlung 147
- Aktuelle Probleme im Reiserecht durch die Corona-Krise 175
- Transportrecht in der Corona-Krise 205
- Das Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise 223
- Vertragsrecht in der Corona-KriseCOVInsAG: Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht und die Haftung der Organe 245