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Ausgleich zwischen Reiseveranstalter und Leistungserbringer
Sind Reiseveranstalter und Leistungserbringer nicht identisch, stellt sich
die Frage, wie die entstandenen Kosten zwischen beiden zu verteilen sind.
Relevanz entfaltet dies nur insoweit, als in den Verträgen zwischen Veran-
stalter und Leistungserbringer keine hierauf bezogenen Bestimmungen
aufgenommen sind. Existieren solche, gehen sie den gesetzlichen Vorga-
ben vor und verdrängen diese.39 Andernfalls kann es zu einem gesetzlichen
Regress nur kommen, soweit Reiseveranstalter und Beförderungsdienst-
leister Gesamtschuldner gem. §421 BGB sind.40 Dies ist der Fall, soweit
der Reiseveranstalter nach §651k Abs.4, Abs.5 BGB und der Leistungser-
bringer nach den für ihn einschlägigen Vorgaben gemäß der europäischen
Verordnungen verpflichtet sind. Sieht sich der Leistungserbringer einer
Verpflichtung aus der Verordnung und der Reiseveranstalter einer solchen
aus §651k Abs.4 BGB41 ausgesetzt, dürfte unabhängig davon, wer in An-
spruch genommen wird, an der grundsätzlichen Regel des §426 Abs.1
BGB festzuhalten sein, weshalb die Kosten nach Köpfen verteilt werden.
Dies ergibt sich daraus, dass beide Schuldner gegenüber dem Reisenden
einer eigenen, selbstständigen Verpflichtung unterliegen, so dass es ange-
messen ist, sie auch im Innenverhältnis gleich zu behandeln. Der in An-
spruch Genommene kann mithin die Hälfte der aufgewendeten Ausgaben
vom jeweils anderen erstattet verlangen. Reichen die Rechte gegen den
Reiseveranstalter weiter als die gegen den Leistungserbringer, wie dies vor
allem bei Bahn- und Busreisen der Fall ist,42 kommt für die überschießen-
de Verpflichtung des Reiseveranstalters eine Ausgleichsmöglichkeit ohne-
hin nicht in Betracht, weil es insoweit bereits an der Gesamtschuldner-
schaft fehlt.
Rechtlich schwieriger zu beurteilen ist dagegen die nur für die Luftbe-
förderung denkbare Situation, wonach auf Grund der Verpflichtung des
Beförderers auch die des Reiseveranstalters wegen §651k Abs.5 Nr.1 BGB
ausgedehnt wird. In einer solchen Konstellation dürfte die zumindest hälf-
III.
39 S. Heinemeyer, in: F. J. Säcker/R. Rixecker/H. Oetker/B. Limperg (Hrsg.), Münche-
ner Kommentar zum BGB, Bd. 3, 8.Aufl. München 2019, §426 Rn.16; D.
Looschelders, in: M. Löwisch (Red.), J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerli-
chen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Berlin 2017, §426
Rn.5.
40 Siehe zu den Voraussetzungen J. D. Harke, Allgemeines Schuldrecht, Berlin, Hei-
delberg 2010, Rn.450ff.
41 Also für die ersten drei Tage der Verzögerung, oben B. I. 2. a).
42 Oben B. I. 2. b).
Patrick Meier
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
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