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nomiebranche jedenfalls mittelbar betroffen, wenn sich infolge der Krise
das Wirtschaftsrisiko ihres Dienstherrn realisiert und dieser seinerseits zah-
lungsunfähig wird.61 Neben zu befürchtenden Umsatzeinbußen durch die
Beeinträchtigung des systemeigenen Goodwills besteht hier die Gefahr des
Verlusts der Berechtigung zur weiteren Marken- und Know-how-Nutzung.
Im Ergebnis tragen solche Systemdienstleister somit die wirtschaftlichen
Risiken sowohl ihres eigenen Betriebes als auch jene des Systembetreibers,
ohne dass dem eine besondere vertragliche Verantwortlichkeit des Letzte-
ren gegenübersteht. Dass der Staat dieses Schutzdefizit erkannt hat und
ihm mit finanziellen Hilfsmaßnahmen entgegenzusteuern versucht, mag
zwar aus wirtschaftspolitischer Sicht löblich sein. Die Erforderlichkeit sol-
cher Maßnahmen impliziert jedoch eine Unverhältnismäßigkeit der Ver-
teilung wirtschaftlicher Chancen und Risiken in Beschäftigungsverhältnis-
sen, in denen der Dienstleistende in Ermangelung eines hinreichenden
Weisungsniveaus zwar nicht persönlich, wohl aber wirtschaftlich von sei-
nem Dienstherrn abhängig ist. Vor diesem Hintergrund können Zweifel
daran aufkommen, ob es tatsächlich allein die persönliche Abhängigkeit
des Beschäftigten ist, die den besonderen Schutzbedarf vollumfänglich be-
gründet, welchen das Arbeitsvertragsrecht mit seinen Arbeitnehmerschutz-
vorschriften zu erfüllen bezweckt.
Die Pandemie als (verpasste) Chance für den Beschäftigungsmarkt
Zweifel an der Reichweite des geltenden Arbeitnehmerbegriffs können in-
folge der Coronakrise aber auch dadurch aufkommen, dass der Beschäfti-
gungsmarkt unter dem Einfluss der Pandemie erstmals dazu gezwungen
ist, in größerem Maße auf digitale Formen der Zusammenarbeit auszuwei-
chen. Während sich diese Arbeitsformen – trotz ihrer mitunter überstürz-
ten Einführung – in der Praxis als durchaus funktionstauglich erweisen,
gehen sie doch mit einer schwindenden Kontrolle des Arbeitgebers über
III.
61 Für die besonders gefährdeten Unternehmen des Gastronomiegewerbes erwägt
die Bundesregierung eine befristete Mehrwertsteuersenkung für ein Jahr ab dem
01.07.2020, um die finanziellen Einbußen der pandemiebedingten Schließzeiten
zu kompensieren, vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfs-
maßnahmen zur Bewältigung der Coronakrise (Corona-Steuerhilfegesetz), https:/
/www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesv
orhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnunge
n/2020-04-30-Corona-Steuerhilfegesetz/1-Formulierungshilfe.pdf?__blob=publicat
ionFile&v=4 (zuletzt abgerufen am 06.06.2020).
Stephan Klawitter
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
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