Seite - 37 - in Wolfgang von Weisl - Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
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Der Anfang der Wandlung Israels 37
erste waffenlose Eroberung der Weltgeschichte sein, die erste, beispiellose« (AWI 237,
kursiv : D.G.). Eine realiter wohl unerfüllbare Utopie, hatte Eldad es doch schon bei den
Zusammenstößen in Obergaliläa als »höchst begreiflich« empfunden, dass »die Araber
Palästina nicht gutwillig hergeben« wollen : »Also musste man ihnen zeigen, dass man
sich vor ihnen nicht fürchtet, und deshalb war man in Metulla, musste hier bleiben und
hier kämpfen« (AWI 155).
Schu’als bürokratischer, sozialistischer Gegenspieler trägt den Namen Kazprin, eine
anagrammatische Verschlüsselung von Sprinzak (1885–1959), einem ebenfalls aus
Russland (Moskau) stammenden Mitbegründer und führenden Funktionär des »Ha-
Poel HaZair« und der »Histadrut«. Außerdem hatte Yosef Sprinzak die »Zionistische
Kommission« Palästinas geleitet, den Militarismus der von Trumpeldor und Wladi-
mir Zeev Jabotinsky gegründeten Jüdischen Legion kategorisch abgelehnt und – wie
Weisl in seinem Buch Der Kampf um das Heilige Land verächtlich ausführte
– »einen im
Geiste Tolstois geborenen«, »radikalen Pazifismus« propagiert, »den in Europa Martin
Buber und gewisse Wiener und Berliner Publizisten unterstützen«.48 Im Roman ist El-
dad kurze Zeit – mangels anderer beruflicher Alternativen – als Sekretär Kazprins an-
gestellt. Die extrem parteiische, gegensätzliche Sympathievergabe des Erzählers bei der
Charakterisierung der beiden Kontrahenten verrät sich allein in der Beschreibung ihres
äußeren Habitus : auf der einen Seite der junge, schlanke, großgewachsene, athletische
Eldad, auf der andern der ältliche, »zwerghafte, magere«, »schwächliche, fast krüppel-
hafte« Arbeiterfunktionär mit »gelbgerauchten Zähnen« (AWI 179, 194).
In einem kapitellangen Streitgespräch prallen Kazprins und Eldads unvereinbare
Konzepte der jüdischen Einwanderungspolitik in Palästina schroff aufeinander. Kaz-
prin vertritt eine begrenzte, geordnete und sozial differenzierte Besiedlung des Landes
nach den ökonomischen Prinzipien und den friedfertigen sozialistischen Idealen der
Zionistischen Kommission bzw. der Arbeitergewerkschaft Histadrut auf der materiellen
Basis des vom Jüdischen Nationalfonds angekauften und den Einwanderern gezielt zur
Verfügung gestellten Grund und Bodens. Eldad hingegen fordert eine nationaljüdische,
militärische Einheitsbewegung und eine ebensolche Einheitsgewerkschaft zur Errich-
tung eines freien, unabhängigen Judenstaats auf dem ungeteilten, britischen Mandats-
territorium beiderseits des Jordans. Er plädiert für eine unbegrenzte Massenimmigra-
tion jüdischer Proletarier und Landarbeiter aus ganz Europa ohne Rücksicht auf de-
ren (Aus-)Bildungsgrad und auf vorhandene Landressourcen – mit dem vorrangigen
Ziel, möglichst rasch das extrem auseinanderklaffende arabisch-jüdische Zahlen- und
48 WvW : Der Kampf um das Heilige Land (Anm. 13), S. 29. Gemeint ist vor allem der Friedensbund
»Brit Schalom« (vgl. S. 46), den 1925 Martin Buber mit Hugo Bergmann, Gershom Scholem, Ar-
thur Ruppin, Hans Kohn und den beiden Cousins Felix und Robert Weltsch gegründet hatte.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Titel
- Wolfgang von Weisl
- Untertitel
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Herausgeber
- Dietmar Goltschnigg
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 362
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Abkürzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- Einbürgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355