Seite - 230 - in Wolfgang von Weisl - Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
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230 C. Wolfgang von Weisl
Er war feierlicher, ruhiger geworden. Hanna benutzte diese Stimmung, um die letzte
Warnung anzubringen, die ihr aufgetragen war : »Colonel Antimon lässt sagen, Herr
Doktor, dass die Regierung unter allen Umständen eine Tollwut-Station haben muss.
Wenn Sie Ihr Institut nicht übergeben wollen, dann muss er ein neues Institut einrich-
ten, auch wenn dies Ihnen geschäftlichen Schaden zufügen sollte. Der Colonel würde
das sehr bedauern.«
»Hörst du das, Herr Schu’al ?«, fragte grimmig der Arzt. »Hörst du ? So kämpfen
die Engländer gegen uns in Palästina ! Fünfzehn Jahre habe ich hier gearbeitet
– meine
Statistik ist wunderbar, ich habe weniger Todesfälle als selbst in London und Rom, und
mein Verfahren hat um 37 % weniger Versager als jenes, das Oberst Antimon seiner-
zeit in Bombay angewendet hat und auf das er so stolz ist. … Du verstehst das übrigens
nicht, ich werde es dir einmal erklären, aber er ist ein Dummkopf, er versteht nichts von
der richtigen Tollwut-Behandlung, er ist geradezu leichtsinnig ! Mein Institut will er,
um seine verrückten indischen Systeme hier in Palästina durchsetzen zu können. Er ist
ein Ignorant, verstehst du ? Gibt um drei Serum-Injektionen weniger als ich und bildet
sich ein, dass das genügt ! Ich aber richte mich nach der französischen Schule ! Ich gebe
nicht nach ! Ich kann ja das Institut gar nicht hergeben ! Es gehört nicht mir ; es wurde
doch vom Verband jüdischer Naturforscher gegründet, als Teil der künftigen Univer-
sität ! Auch die zionistische Hadassah hat es haben wollen, aber ich habe ihnen geant-
wortet : ›Heute gibt es eine Hadassah-Organisation, morgen kann sie verschwinden ;
das Pasteur-Institut aber muss bestehen bleiben.‹ Seither sind die Ärzte der Hadassah
meine Feinde ! Aber ich gebe mein Institut nur der Hebräischen Universität ! Sollen sie
gegen mich kämpfen ! Soll die Regierung versuchen, mich niederzukonkurrieren, mich
zugrunde zu richten ! Das Pasteur-Institut in Jerusalem bleibt jüdisch.«
Er begann zu schreiben. Erinnerte sich, dass die Besucher standen, dass er ihnen
nicht einmal einen Sessel angeboten hatte, sprang auf und entschuldigte sich : »Auf
Wiedersehen ! Ich danke für den Besuch. Es war mir eine große Ehre und eine große
Freude, dass der berühmte Schu’al bei mir war. Du musst wiederkehren, ich werde dir
meine Kaninchen zeigen und zeigen, wie ich das Virus gewinne. Es ist sehr interessant,
es ist wunderbar. Alles haben wir Juden hier gemacht – wir allein ! Und die Engländer
wollen es uns wegnehmen. Schalom !«
Er saß hinter dem Brief, schlug Statistiken nach und arbeitete schon grimmig drauf-
los, als Hanna und Eldad noch nicht die Türe erreicht hatten.
* * *
liche Universität in einem orientalischen Land mit einer orientalischen Unterrichtssprache« (LWV
283).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Titel
- Wolfgang von Weisl
- Untertitel
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Herausgeber
- Dietmar Goltschnigg
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 362
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Abkürzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- Einbürgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355