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Der Anfang der Wandlung Israels 291
»Go to hell !«, tobte der Engländer beleidigt, während die andern lachten. Einer, der
sich mehr im Hintergrund gehalten hatte, wurde von ihnen vorgeschoben und sprach
mit dem Barmann in reinem Hebräisch. Hanna horchte auf, die Stimme kannte sie
– sie
drehte sich um und sah den Sprecher, dessen Blick zugleich dem ihren begegnete. Es
war Doktor Gutkowski, der ein paar englischen Bekannten Purim in Tel Aviv zeigte.
»Miss Ariel, you here ?«, rief er mit solch echtem Klang des Glücks in der Stimme,
dass Hanna davon gerührt wurde. Hier war wenigstens ein Mann, der sich über sie
freute und nicht mit seinen Kameraden plaudern würde statt mit ihr.
Gutkowski hatte wirklich nicht diese Absicht. Kaum dass er mit ein paar Worten den
durstigen Kollegen klar machte, es gäbe keinen Whisky, sie müssten mit Wein vorlieb
nehmen, eilte er schon auf Hanna zu, drückte ihre Hand und sah sie bewundernd an :
»Wie schön Sie sind ! Wie wunderschön. Eine Königin Esther. – meine Königin !« Er
sah ungewiss hinüber zu Eldad : »Wollen Sie mit mir tanzen, Miss Asriel ?«
Auch Hanna sah zu Eldad hinüber. Der war aufgestanden und suchte einen Stuhl,
um dem Fremden Platz zu machen. Hanna zögerte : »Hast du etwas dagegen, dass ich
mit Doktor Gutkowski tanzen gehe ? Du bist ja hier mit deinen Freunden beschäftigt«,
sagte sie etwas bitter und hoffte, dass er antworten würde : »Nein, wir wollen zusammen
tanzen.«
Aber Eldad grüßte freundlich den Arzt, der ihn unsicher ansah, schüttelte ihm die
Hand und sagte : »Bitte, lass dich nicht stören. Ich werde hier auf dich warten.«
Hanna biss sich auf die Unterlippe ; mit rascher Bewegung reichte sie Gutkowski
ihren Arm und verließ schnell den Raum. Eldad sah ihr nach. Dann setzte er sich, zog
seinen Stuhl ganz nahe an den Tisch heran und flüsterte, um sicher weder von Hella
noch von der trägen Frau Danons verstanden zu werden : »Danon, du musst morgen
früh mit uns zusammenkommen. Es gibt Sturm in der Luft wie damals vor einem Jahr
–
wir brauchen dich !«
Elieser Danon schüttete sein Glas Wein die Kehle hinunter, lachte und schlug mit
der Hand klatschend auf den Rücken Harzwis, der ihm zunächst saß : »Oh, nein ! Dies-
mal mache ich nicht mit ! Wie sagt die Bibel ? Wer ein Weib heimgeführt hat, ist frei
vom Heeresdienst für ein Jahr ! Ich bin noch fünf Monate frei, ich will erst einen Buben
haben.«
Die Sephardin wurde aufmerksam. Sie verstand nicht ganz, was gesprochen wurde,
erriet es aber, wurde rot und schämte sich. Eldad sah Danon böse an : »Schweige, schrei
nicht. Morgen um zehn Uhr treffen wir uns beim Advokaten Steinberg.« Etwas ernüch-
tert hob Danon den Kopf. Er sah die ernsten Mienen der drei Männer, die plötzlich
meilenweit von Tanz und Trank und Purimfreude entfernt schienen. Eldads Stimme
hat wieder etwas von dem metallischen Klang bekommen, den sie damals hatte – und
Danon gehorchte. »Morgen um zehn Uhr ? Ich werde dort sein«, sagte er ernst und ge-
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Titel
- Wolfgang von Weisl
- Untertitel
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Herausgeber
- Dietmar Goltschnigg
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 362
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Abkürzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- Einbürgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355