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Der Anfang der Wandlung Israels 305
»Hebroni ! Fährst du heute früh nach Jerusalem zurück ? Steinberg, kannst du mir die
Freude machen und mitkommen ? Ich
–
– möchte mit dir reden.«
Hebroni kratzte sich unschlüssig den Kopf. Es war abgemacht gewesen, zwei Tage in
Tel Aviv zu bleiben
– die kleine Lia war ein tadelloses Mädel und würde morgen wieder
mit ihm tanzen oder, genauer gesagt, heute Abend. Das klügste wäre, sich den Tag über
richtig auszuschlafen. Er sagte das auch zu Eldad. Der zuckte die Achseln, er würde ein
anderes Auto finden. Steinberg legte sich ins Mittel, er fühlte, dass etwas geschehen
war. »Weißt du was, Hebroni fährt mich nach Jaffa hinüber, ich nehme dich mit, und du
schläfst dich bei mir aus. Um zehn Uhr kommt Danon zu uns, und Harzwi
– und dann
nachher, fährst du, wenn du willst, nach Jerusalem ! Rasch, Hebroni !«
Der Chauffeur lief und holte den Wagen. Neben ihm saß, als verstünde es sich von
selbst, Lia Antabi und begleitete durch den jungen, blassen Morgen vor Sonnenauf-
gang Eldad und Steinberg nach Jaffa. Ein paar Minuten später lag Eldad auf dem mit
Wachstuch bezogenen Diwan im Arbeitszimmer des Anwalts und schlief. Schlief wie
ohnmächtig geworden, traumlos. Nur aus den geschlossenen Lidern quollen langsam
und widerwillig zwei Tränen.
Lia aber und Hebroni fuhren in die Sanddünen hinaus, zum Meeresstrand ; dort wo
der Kies auf Muschelstaub stark genug war, das Gewicht des Wagens zu tragen, sauste
Hebroni durch die Flut, ließ den weißen Gischt unter den Rädern schäumen. Auf einer
kleinen Landzunge hielt er. Fräulein Antabi schien einverstanden, dort den Sonnenauf-
gang zu erwarten.
* * *
Als Danon und Harzwi pünktlich um zehn Uhr morgens sich bei Steinberg einfanden,
war Eldad wieder frisch und ruhig wie immer. Die Uniform hatte er mit einem An-
zug Steinbergs getauscht, der ihm ein friedlich-bürgerliches Äußeres verlieh, und fried-
lich-bürgerlich besprach er mit Danon die Schritte zur Erfassung der Spaniolen, die
organisationsscheu und eigenbrötlerisch waren, mehr noch als die europäischen Juden.
Und dann war er endlich allein mit Steinberg. Wanderte mit ihm durch die Straßen der
Araberstadt hinaus, über Land, zur lieblichen deutschen Templerkolonie Sarona. Im
schattigen Eukalyptuswäldchen der Deutschen warf er sich auf den Boden ; Steinberg
setzte sich neben ihn und wartete.
Durch das dünne Laub der australischen Bäume schimmerte der blaue Himmel.
Sonnenstrahlen sprangen von den abwärts hängenden Blättern ab, vergoldeten weißrin-
dene Stämmchen. Ein Windstoß rüttelte am Gezweig, beutelte eine dunkle Pyramiden-
zypresse und warf Nadeln auf die Erde. Von der nahen Landstraße her bimmelten die
Halsglocken träge schreitender Kamele : Eine endlose Karawane kam von Petah Tikwa
und brachte Orangenkisten zum Jaffaer Hafen.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Titel
- Wolfgang von Weisl
- Untertitel
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Herausgeber
- Dietmar Goltschnigg
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 362
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Abkürzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- Einbürgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355