Seite - 132 - in Also sprach Zarathustra
Bild der Seite - 132 -
Text der Seite - 132 -
Grausen, wie nie ich schrie.
Aber der eigne Schrei weckte mich auf: – und ich kam zu mir. –
Also erzählte Zarathustra seinen Traum und schwieg dann: denn er wusste
noch nicht die Deutung seines Traumes. Aber der jünger, den er am meisten
lieb hatte, erhob sich schnell, fasste die Hand Zarathustra’s und sprach:
»Dein Leben selber deutet uns diesen Traum, oh Zarathustra!
Bist du nicht selber der Wind mit schrillem Pfeifen, der den Burgen des
Todes die Thore aufreisst?
Bist du nicht selber der Sarg voll bunter Bosheiten und Engelsfratzen des
Lebens?
Wahrlich, gleich tausendfältigem Kindsgelächter kommt Zarathustra in alle
Todtenkammern, lachend über diese Nacht- und Grabwächter, und wer sonst
mit düstern Schlüsseln rasselt.
Schrecken und umwerfen wirst du sie mit deinem Gelächter; Ohnmacht
und Wachwerden wird deine Macht über sie beweisen.
Und auch, wenn die lange Dämmerung kommt und die Todesmüdigkeit,
wirst du an unserm Himmel, nicht untergehn, du Fürsprecher des Lebens!
Neue Sterne liessest du uns sehen und neue Nachtherrlichkeiten; wahrlich,
das Lachen selber spanntest du wie ein buntes Gezelt über uns.
Nun wird immer Kindes-Lachen aus Särgen quellen; nun wird immer
siegreich ein starker Wind kommen aller Todesmüdigkeit: dessen bist du uns
selber Bürge und Wahrsager!
Wahrlich, sie selber träumtest du, deine Feinde: das war dein schwerster
Traum!
Aber wie du von ihnen aufwachtest und zu dir kamst, also sollen sie selber
von sich aufwachen – und zu dir kommen!« –
So sprach der jünger; und alle Anderen drängten sich nun um Zarathustra
und ergriffen ihn bei den Händen und wollten ihn bereden, dass er vom Bette
und von der Traurigkeit lasse und zu ihnen zurückkehre. Zarathustra aber sass
aufgerichtet auf seinem Lager, und mit fremdem Blicke. Gleichwie Einer, der
aus langer Fremde heimkehrt, sah er auf seine Jünger und prüfte ihre
Gesichter; und noch erkannte er sie nicht. Als sie aber ihn hoben und auf die
Füsse stellten, siehe, da verwandelte sich mit Einem Male sein Auge; er
begriff Alles, was geschehen war, strich sich den Bart und sagte mit starker
Stimme:
»Wohlan! Diess nun hat seine Zeit; sorgt mir aber dafür, meine jünger, dass
zurück zum
Buch Also sprach Zarathustra"
Also sprach Zarathustra
- Titel
- Also sprach Zarathustra
- Autor
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.0 cm
- Seiten
- 354
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Zarathustras Vorrede 2
- Teil 1 - Die Reden Zarathustras 19
- Von den drei Verwandlungen 20
- Von den Lehrstühlen der Tugend 22
- Von den Hinterweltlern 25
- Von den Verächtern des Leibes 28
- Von den Freuden- und Leidenschaften 30
- Vom bleichen Verbrecher 32
- Vom Lesen und Schreiben 34
- Vom Baum am Berge 36
- Von den Predigern des Todes 39
- Vom Krieg und Kriegsvolke 41
- Vom neuen Götzen 43
- Von den Fliegen des Marktes 46
- Von der Keuschheit 49
- Vom Freunde 51
- Von tausend und Einem Ziele 53
- Von der Nächstenliebe 55
- Vom Wege des Schaffenden 57
- Von alten und jungen Weiblein 60
- Vom Biss der Natter 63
- Von Kind und Ehe 65
- Vom freien Tode 67
- Von der schenkenden Tugend 70
- Teil 2 - Also sprach Zarathustra 75
- Das Kind mit dem Spiegel 77
- Auf den glückseligen Inseln 80
- Von den Mitleidigen 83
- Von den Priestern 86
- Von den Tugendhaften 89
- Vom Gesindel 92
- Von den Taranteln 95
- Von den berühmten Weisen 98
- Das Nachtlied 101
- Das Tanzlied 103
- Das Grablied 106
- Von der Selbst-Ueberwindung 109
- Von den Erhabenen 112
- Vom Lande der Bildung 115
- Von der unbefleckten Erkenntniss 118
- Von den Gelehrten 121
- Von den Dichtern 123
- Von grossen Ereignissen 126
- Der Wahrsager 130
- Von der Erlösung 134
- Von der Menschen-Klugheit 139
- Die stillste Stunde 142
- Teil 3 - Also sprach Zarathustra 145
- Der Wanderer 147
- Vom Gesicht und Räthsel 150
- Von der Seligkeit wider Willen 155
- Vor Sonnen-Aufgang 158
- Von der verkleinernden Tugend 161
- Auf dem Oelberge 167
- Vom Vorübergehen 170
- Von den Abtrünnigen 173
- Die Heimkehr 178
- Von den drei Bösen 182
- Vom Geist der Schwere 187
- Von alten und neuen Tafeln 191
- Der Genesende 222
- Von der großen Sehnsucht 228
- Das andere Tanzlied 231
- Die sieben Siegel 236
- Teil 4 - Also sprach Zarathustra 243
- Das Honig-Opfer 245
- Der Notschrei 248
- Gespräch mit den Königen 251
- Der Blutegel 256
- Der Zauberer 259
- Außer Dienst 267
- Der häßlichste Mensch 271
- Der freiwillige Bettler 276
- Der Schatten 280
- Mittags 283
- Die Begrüßung 286
- Das Abendmahl 291
- Vom höheren Menschen 293
- Das Lied der Schwermut 313
- Von der Wissenschaft 319
- Unter Töchtern der Wüste 322
- Die Erweckung 330
- Das Eselsfest 334
- Das trunkne Lied 339
- Das Zeichen 352