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Gute Sitten! Alles ist bei uns falsch und faul. Niemand weiß mehr zu
verehren: dem gerade laufen wir davon. Es sind süßliche zudringliche Hunde,
sie vergolden Palmenblätter.
Dieser Ekel würgt mich, daß wir Könige selber falsch wurden, überhängt
und verkleidet durch alten vergilbten Großväter-Prunk, Schaumünzen für die
Dümmsten und die Schlauesten und wer heute alles mit der Macht Schacher
treibt!
Wir sind nicht die Ersten – und müssen es doch bedeuten: dieser Betrügerei
sind wir endlich satt und ekel geworden.
Dem Gesindel gingen wir aus dem Wege, allen diesen Schreihälsen und
Schreib-Schmeißfliegen, dem Krämer-Gestank, dem Ehrgeiz-Gezappel, dem
üblen Atem –: pfui, unter dem Gesindel leben,
– pfui, unter dem Gesindel die Ersten zu bedeuten! Ach, Ekel! Ekel! Ekel!
Was liegt noch an uns Königen!« –
»Deine alte Krankheit fällt dich an«, sagte hier der König zur Linken, »der
Ekel fällt dich an, mein armer Bruder. Aber du weißt es doch, es hört uns
einer zu.«
Sofort erhob sich Zarathustra, der zu diesen Reden Ohren und Augen
aufgesperrt hatte, aus seinem Schlupfwinkel, trat auf die Könige zu und
begann:
»Der Euch zuhört, der Euch gerne zuhört, ihr Könige, der heißt Zarathustra.
Ich bin Zarathustra, der einst sprach: ›Was liegt noch an Königen!‹ Vergebt
mir, ich freute mich, als Ihr zueinander sagtet: ›Was liegt an uns Königen!‹
Hier aber ist mein Reich und meine Herrschaft: was mögt Ihr wohl in
meinem Reiche suchen? Vielleicht aber fandet Ihr unterwegs, was ich suche:
nämlich den höheren Menschen.«
Als dies die Könige hörten, schlugen sie sich an die Brust und sprachen mit
einem Munde: »Wir sind erkannt!
Mit dem Schwerte dieses Wortes zerhaust du unsres Herzens dickste
Finsternis. Du entdecktest unsre Not, denn siehe! wir sind unterwegs, daß wir
den höheren Menschen fänden –
– den Menschen, der höher ist als wir: ob wir gleich Könige sind. Ihm
führen wir diesen Esel zu. Der höchste Mensch nämlich soll auf Erden auch
der höchste Herr sein.
Es gibt kein härteres Unglück in allem Menschen-Schicksale, als wenn die
Mächtigen der Erde nicht auch die ersten Menschen sind. Da wird alles falsch
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Buch Also sprach Zarathustra"
Also sprach Zarathustra
- Titel
- Also sprach Zarathustra
- Autor
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.0 cm
- Seiten
- 354
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Zarathustras Vorrede 2
- Teil 1 - Die Reden Zarathustras 19
- Von den drei Verwandlungen 20
- Von den Lehrstühlen der Tugend 22
- Von den Hinterweltlern 25
- Von den Verächtern des Leibes 28
- Von den Freuden- und Leidenschaften 30
- Vom bleichen Verbrecher 32
- Vom Lesen und Schreiben 34
- Vom Baum am Berge 36
- Von den Predigern des Todes 39
- Vom Krieg und Kriegsvolke 41
- Vom neuen Götzen 43
- Von den Fliegen des Marktes 46
- Von der Keuschheit 49
- Vom Freunde 51
- Von tausend und Einem Ziele 53
- Von der Nächstenliebe 55
- Vom Wege des Schaffenden 57
- Von alten und jungen Weiblein 60
- Vom Biss der Natter 63
- Von Kind und Ehe 65
- Vom freien Tode 67
- Von der schenkenden Tugend 70
- Teil 2 - Also sprach Zarathustra 75
- Das Kind mit dem Spiegel 77
- Auf den glückseligen Inseln 80
- Von den Mitleidigen 83
- Von den Priestern 86
- Von den Tugendhaften 89
- Vom Gesindel 92
- Von den Taranteln 95
- Von den berühmten Weisen 98
- Das Nachtlied 101
- Das Tanzlied 103
- Das Grablied 106
- Von der Selbst-Ueberwindung 109
- Von den Erhabenen 112
- Vom Lande der Bildung 115
- Von der unbefleckten Erkenntniss 118
- Von den Gelehrten 121
- Von den Dichtern 123
- Von grossen Ereignissen 126
- Der Wahrsager 130
- Von der Erlösung 134
- Von der Menschen-Klugheit 139
- Die stillste Stunde 142
- Teil 3 - Also sprach Zarathustra 145
- Der Wanderer 147
- Vom Gesicht und Räthsel 150
- Von der Seligkeit wider Willen 155
- Vor Sonnen-Aufgang 158
- Von der verkleinernden Tugend 161
- Auf dem Oelberge 167
- Vom Vorübergehen 170
- Von den Abtrünnigen 173
- Die Heimkehr 178
- Von den drei Bösen 182
- Vom Geist der Schwere 187
- Von alten und neuen Tafeln 191
- Der Genesende 222
- Von der großen Sehnsucht 228
- Das andere Tanzlied 231
- Die sieben Siegel 236
- Teil 4 - Also sprach Zarathustra 243
- Das Honig-Opfer 245
- Der Notschrei 248
- Gespräch mit den Königen 251
- Der Blutegel 256
- Der Zauberer 259
- Außer Dienst 267
- Der häßlichste Mensch 271
- Der freiwillige Bettler 276
- Der Schatten 280
- Mittags 283
- Die Begrüßung 286
- Das Abendmahl 291
- Vom höheren Menschen 293
- Das Lied der Schwermut 313
- Von der Wissenschaft 319
- Unter Töchtern der Wüste 322
- Die Erweckung 330
- Das Eselsfest 334
- Das trunkne Lied 339
- Das Zeichen 352