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der seinen Gott beständig mit Singen und Brummen lobte.
Ihn selber fand ich nicht mehr, als ich seine Hütte fand – wohl aber zwei
Wölfe darin, welche um seinen Tod heulten – denn alle Tiere liebten ihn. Da
lief ich davon.
Kam ich also umsonst in diese Wälder und Berge? Da entschloß sich mein
Herz, daß ich einen anderen suchte, den Frömmsten aller derer, die nicht an
Gott glauben –, daß ich Zarathustra suchte!«
Also sprach der Greis und blickte scharfen Auges den an, welcher vor ihm
stand; Zarathustra aber ergriff die Hand des alten Papstes und betrachtete sie
lange mit Bewunderung.
»Siehe da, du Ehrwürdiger«, sagte er dann, »welche schöne und lange
Hand! Das ist die Hand eines solchen, der immer Segen ausgeteilt hat. Nun
aber hält sie den fest, welchen du suchst, mich, Zarathustra.
Ich bin’s, der gottlose Zarathustra, der da spricht: wer ist gottloser als ich,
daß ich mich seiner Unterweisung freue?« –
Also sprach Zarathustra und durchbohrte mit seinen Blicken die Gedanken
und Hintergedanken des alten Papstes. Endlich begann dieser:
»Wer ihn am meisten liebte und besaß, der hat ihn nun am meisten auch
verloren –:
– siehe, ich selber bin wohl von uns beiden jetzt der Gottlosere? Aber wer
könnte daran sich freuen!« –
– »Du dientest ihm bis zuletzt«, fragte Zarathustra nachdenklich, nach
einem tiefen Schweigen, »du weißt, wie er starb? Ist es wahr, was man
spricht, daß ihn das Mitleiden erwürgte, – daß er es sah, wie der Mensch am
Kreuze hing, und es nicht ertrug, daß die Liebe zum Menschen seine Hölle
und zuletzt sein Tod wurde?« –
Der alte Papst aber antwortete nicht, sondern blickte scheu und mit einem
schmerzlichen und düsteren Ausdrucke zur Seite.
»Laß ihn fahren«, sagte Zarathustra nach einem langen Nachdenken, indem
er immer noch dem alten Manne gerade ins Auge blickte.
»Laß ihn fahren, er ist dahin. Und ob es dich auch ehrt, daß du diesem
Toten nur Gutes nachredest, so weißt du so gut als ich, wer er war; und daß er
wunderliche Wege ging.«
»Unter drei Augen gesprochen«, sagte erheitert der alte Papst (denn er war
auf einem Auge blind), »in Dingen Gottes bin ich aufgeklärter als Zarathustra
selber – und darf es sein.
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Buch Also sprach Zarathustra"
Also sprach Zarathustra
- Titel
- Also sprach Zarathustra
- Autor
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Datum
- 1885
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.0 cm
- Seiten
- 354
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Zarathustras Vorrede 2
- Teil 1 - Die Reden Zarathustras 19
- Von den drei Verwandlungen 20
- Von den Lehrstühlen der Tugend 22
- Von den Hinterweltlern 25
- Von den Verächtern des Leibes 28
- Von den Freuden- und Leidenschaften 30
- Vom bleichen Verbrecher 32
- Vom Lesen und Schreiben 34
- Vom Baum am Berge 36
- Von den Predigern des Todes 39
- Vom Krieg und Kriegsvolke 41
- Vom neuen Götzen 43
- Von den Fliegen des Marktes 46
- Von der Keuschheit 49
- Vom Freunde 51
- Von tausend und Einem Ziele 53
- Von der Nächstenliebe 55
- Vom Wege des Schaffenden 57
- Von alten und jungen Weiblein 60
- Vom Biss der Natter 63
- Von Kind und Ehe 65
- Vom freien Tode 67
- Von der schenkenden Tugend 70
- Teil 2 - Also sprach Zarathustra 75
- Das Kind mit dem Spiegel 77
- Auf den glückseligen Inseln 80
- Von den Mitleidigen 83
- Von den Priestern 86
- Von den Tugendhaften 89
- Vom Gesindel 92
- Von den Taranteln 95
- Von den berühmten Weisen 98
- Das Nachtlied 101
- Das Tanzlied 103
- Das Grablied 106
- Von der Selbst-Ueberwindung 109
- Von den Erhabenen 112
- Vom Lande der Bildung 115
- Von der unbefleckten Erkenntniss 118
- Von den Gelehrten 121
- Von den Dichtern 123
- Von grossen Ereignissen 126
- Der Wahrsager 130
- Von der Erlösung 134
- Von der Menschen-Klugheit 139
- Die stillste Stunde 142
- Teil 3 - Also sprach Zarathustra 145
- Der Wanderer 147
- Vom Gesicht und Räthsel 150
- Von der Seligkeit wider Willen 155
- Vor Sonnen-Aufgang 158
- Von der verkleinernden Tugend 161
- Auf dem Oelberge 167
- Vom Vorübergehen 170
- Von den Abtrünnigen 173
- Die Heimkehr 178
- Von den drei Bösen 182
- Vom Geist der Schwere 187
- Von alten und neuen Tafeln 191
- Der Genesende 222
- Von der großen Sehnsucht 228
- Das andere Tanzlied 231
- Die sieben Siegel 236
- Teil 4 - Also sprach Zarathustra 243
- Das Honig-Opfer 245
- Der Notschrei 248
- Gespräch mit den Königen 251
- Der Blutegel 256
- Der Zauberer 259
- Außer Dienst 267
- Der häßlichste Mensch 271
- Der freiwillige Bettler 276
- Der Schatten 280
- Mittags 283
- Die Begrüßung 286
- Das Abendmahl 291
- Vom höheren Menschen 293
- Das Lied der Schwermut 313
- Von der Wissenschaft 319
- Unter Töchtern der Wüste 322
- Die Erweckung 330
- Das Eselsfest 334
- Das trunkne Lied 339
- Das Zeichen 352