Barock in Österreich #
Ursprünglich kunsthistorische, heute allgemeine kulturhistorische Bezeichnung für die europäische Stilepoche im 17. und 18. Jahrhundert mit ausgeprägtem Repräsentationsanspruch.
Für die bildende Kunst ist die anfängliche Dominanz der Architektur bezeichnend, mit der Malerei und Bildhauerei später zu einem vielfach theatralischen Gesamtkunstwerk verschmelzen. Nach der Gegenreformation erreichte in Österreich unter den musikbegabten und kunstbegeisterten Kaisern Leopold I., Joseph I. und Karl VI. die Entfaltung der höfischen Kultur in allen künstlerischen Sparten einen Höhepunkt.
Die österreichische Barockarchitektur des 17. Jahrhunderts, die sich vor allem in kirchlichen Bauwerken manifestiert, ist von Künstlern italienischen Ursprungs geprägt. Hauptwerke dieses Abschnitts sind der Salzburger Dom von S. Solari, das Mausoleum Ferdinands II. in Graz von P. de Pomis, Bauten F. Luccheses (Fassade der Kirche Am Hof, Leopoldinischer Trakt der Hofburg), C. A. Carlones (St. Florian), V. D. Martinellis (Gartenpalais Liechtenstein).
Eine Sonderstellung nahm die Vorarlberger Schule des barocken Kirchenbaus mit den Baumeisterfamilien Beer, Kuen, Thumb und Moosbrugger ein, die in Vorderösterreich, der Schweiz und Süddeutschland bis ins 18. Jahrhundert hinein wirkten. Zur Ausstattung aller dieser Bauten wurden neben ausländischen Wanderkünstlern auch österreichische Künstler herangezogen, die aber noch nicht an die Leistungen ihrer italienischen und niederländischen Vorbilder heranreichten.
Für die österreichische Kunsttopographie und ganz besonders für die kaiserliche Residenzstadt Wien war die rege Bautätigkeit nach der 2. Wiener Türkenbelagerung 1683, mit dem Ende einer jahrhundertelangen Schicksalsfeindschaft und der Eroberung riesiger neuer Gebiete kennzeichnend. In den folgenden Jahrzehnten beherrschten J. B. Fischer von Erlach und L. von Hildebrandt die hochbarocke Baukunst. Vor dem Hintergrund der politischen Rivalität zu Frankreich und seinem Sonnenkönig Ludwig XIV. entstanden im gegenseitigen Wettbewerb europäische Höchstleistungen, wie Fischers Idealplanung für Schloss Schönbrunn oder Hildebrandts Bauten für den Prinzen Eugen. Durch ihre Schüler und Mitarbeiter prägten sie bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts nicht nur die Bautätigkeit des Adels, sondern auch von Kirche, Stadt und Bürgertum.
J. Prandtauer ragt als Architekt der großen österreichischen Klosterbauten (Stift Melk und andere) heraus, nach ihm dann J. Munggenast und J. M. Prunner. Die 2. Hälfte des Jahrhunderts war oft von einem klassizistischen Grundzug geprägt und zeigte in der baulichen Modifikation älterer Bauten bezeichnenderweise einen gewissen Stillstand der Bautätigkeit. Die Ära Maria Theresias gilt als Spätbarock, das zu Rokoko und Klassizismus bzw. Historismus überleitet (N. Jadot und N. Pacassi).
Das auffälligste Charakteristikum barocker Malerei ist die monumentale Wand- und Deckendekoration. Ausgehend von Andrea Pozzo entwickelte sich über J. M. Rottmayr, D. Gran zu B. Altomonte und zahllosen Nachfolgern in allen Teilen Österreichs eine spezifisch österreichische Freskantentradition. Sie fand ihre Aufgaben sowohl im kirchlichen Raum zur Propagierung und Verherrlichung gegenreformatorischer Anliegen als auch in der adeligen Schlossarchitektur, wo sie der Welt der Herrschenden allegorisch-mythologisch huldigt.
F. A. Maulbertsch führte als wichtigster Maler in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts diese Tradition fort, die mit der unmittelbar an der Natur orientierten Landschaftsmalerei eines J. C. Brand bereits ins 19. Jahrhundert vorausweist. Mit G. R. Donner erreichte die Barockplastik im 18. Jahrhundert ihren Höhepunkt. Sie teilte sich wiederholt in mehr höfische (M. Zürn der Jüngere) und mehr alpenländische (T. Schwanthaler) Strömungen. Bezeichnenderweise erfasste der barocke Gestaltungswille sämtliche Bereiche und Gebiete Österreichs, vom kaiserlichen Repräsentationsschloss bis zur ländlichen Nutzarchitektur, von der hochbarocken Festdekoration bis zum bäuerlichen Kunstgewerbe. Damit prägt das Barock die Kunst- und Kulturlandschaft Österreichs wie kein anderer Stil.
Weiterführendes#
- Siehe auch Kaiser Karl VI und seine Welt. Über 500 Seiten mit unzähligen Bildern! (Lanz E.)
- Liste von Barockbauwerken in Österreich (Austria-Wiki)
- Barock (Musik-Lexikon)
- Benediktinerstift Melk (AEIOU)
- Schloss Belvedere (AEIOU)
- Salzburger Barockmuseum (Austria-Wiki)
- Historische Bilder zu Barock (IMAGNO)
- Barockes Wien in kleinen Beispielen der Baukunst (Zentner E.)
- Welt des Barock - Bericht über eine Ausstellung (1986) (Lanz E.)
- Barockmöbel im Buch: Das 1x1 der Möbelantiquitäten
Literatur#
- O. Redlich, Kunst und Kultur des Barock in Österreich, Archiv für österreichische Geschichte 115, 1943
- K. Garzarolli-Thurnlack, Österreichische Barockmalerei, 1949
- B. Grimschitz, R. Feuchtmüller und W. Mrazek, Barock in Österreich, 1965
- Das barocke Wien, Ausstellungskatalog, Historisches Museum der Stadt Wien 1966
- E. Neubauer, Lustgärten des Barock, 1966
- Groteskes Barock, Ausstellungskatalog, Altenburg 1975
- F. Endler, Wien im Barock, 1979; G. Brucher, Barockarchitektur in Österreich, 1983
- K. Gutkas (Hg.), Prinz Eugen und das barocke Österreich 1985 (mit Bibliographie von H. Leitgeb)
- Welt des Barock, Ausstellungskatalog, St. Florian 1986;
- G. Brucher (Hg.), Die Kunst des Barock in Österreich, 1994
- H. Lorenz und S. Appuhn-Radtke, Geschichte der bildenden Kunst in Österreich, 6 Bde., Bd.4, Barock, 1999
- J. Sachslehner, Geschichte Österreichs / Barock und Aufklärung: Bd 4 2003
- U. Seeger, Stadtpalast und Belvedere des Prinz Eugen. Entstehung, Gestalt, Funktion und Bedeutung. Wien 2004
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