Konzentrationslager Gusen#
Zwangsarbeit#
Das Lager Gusen wurde im Hinblick auf die in der Nähe befindlichen Granitsteinbrüche errichtet, die unter
Ausbeutung der Arbeitskraft der KZ-Häftlinge von der
SS-eigenen Firma Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH
betrieben wurden. Trotz der wirtschaftlichen Zielsetzungen der SS blieb zunächst die Funktion der Verfolgung
politischer Gegner und „rassisch Minderwertiger" vorrangig.
Bereits am 25.Mai 1938, wenige Monate vor der Gründung des KZ
Mauthausen, kauft die SS in Gusen die ersten Liegenschaften. Ab 1939
investieren die Deutschen Erd- und Steinwerke bereits in die Steinbrüche
von Gusen. Häftlinge aus Mauthausen marschierten seit Herbst 1938
täglich von Mauthausen nach Gusen, um auch hier in den Steinbrüchen zu
arbeiten.
Schon 1940 wird aufgrund der hohen Sterberate ein eigenes Krematorium gebaut. Ab 1943 beginnen Häftlinge aus Gusen mit dem Bau einer Bäckerei in Lungitz. Ab Ende 1944 nimmt diese Bäckerei mit angeschlossenem Häftlingslager (Gusen III) seinen Betrieb auf.
Das Konzentrationslager Gusen II wird im Frühling 1944 wenige hundert Meter westlich des Konzentrationslagers Gusen I provisorisch errichtet, um bis zu 16.000 Häftlinge unterzubringen, Die Lebens- und Arbeitsbedingungen in den Kommandos dieses Lagers zählen zu den schrecklichsten innerhalb des nationalsozialistischen KZ-Systems. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Häftlinge beträgt etwa vier Monate.
Mehrere tausend Häftlinge des KZ Gusen II werden im Frühling 1945 in das sogenannte Sanitätslager beim KZ Mauthausen- gebracht, um dort getötet zu werden. In Gusen werden insgesamt ca. 37.000 Menschen ermordet.
Das Doppellager Mauthausen/Gusen wurde 1940 der „Lagerstufe 111" zugeteilt, welche für „kaum noch erziehbare Schutzhäftlinge" vorgesehen war. Ab 1943 mussten die Gusener Häftlinge vor allem für die Rüstungsproduktion der Steyr-Daimler-Puch AG. und der Messerschmitt GmbH. Regensburg Zwangsarbeit leisten.
Ab 1944 dominierte der Bau von Stollenanlagen zur unterirdischen Verlagerung der Jagdflugzeugproduk- tion der Firma Messerschmitt den Arbeitseinsatz der Häftlinge. Zu diesem Zweck wurde im März 1944 das Lager Gusen II eröffnet, in dem katastrophale Arbeits und Lebensbedingungen zu einer immens hohen Sterblichkeit der Häftlinge führten.
In den Gusener Lagern waren zwischen 1939 und 1945 mindestens 71.000 Personen inhaftiert. Häftlinge mindestens 27 unterschiedlicher Nationalitäten waren in diesem Lager registriert. Zumindest 35.800 Häftlinge kamen in Gusen zu Tode. Am 5.Mai 1945 werden die Konzentrationslager von Gusen durch amerikanische Truppen befreit. Etwa 23.000 Häftlinge befinden sich zu dieser Zeit in den Lagern.
Vergessen und Erinnern #
Schon kurz nach der Befreiung im Mai 1945 verschwanden die baulichen Spuren des Konzentrationslagers
Gusen. Die wenigen erhaltenen Bauten des Lagers
werden heute privat genützt. Ab Ende der Fünfziger
Jahre wurde auf dem ehemaligen Lagergelände eine
noch heute bestehende Wohnsiedlung errichtet.Um dem Prozess des Vergessens entgegen zu wirken,
initiierten internationale Häftlingsverbände in den
Sechziger Jahren den Bau des Memorials Gusen rund um
den noch erhaltenen Krematoriumsofen. Das von der ita-
lienischen Architektengruppe B.B.P.R. geplante Memorial
wurde im Mai 1965 eröffnet. Seit 1997 liegt die
Verantwortung für die Erhaltung und Betreuung des
Memorials beim Österreichischen Bundesministerium für
Inneres. 2004 wurde das Besucherzentrum eröffnet.
Details zur Ausstellung
Das Stollensystem "Bergkristall" in St. Georgen/Gusen#
Die Stollenanlage „Bergkristall" in St. Georgen/Gusen gehört zu den größten Bauwerken aus der NS-Zeit in Österreich. Knapp 45.000 m2 bombensichere Produktionsfläche wurde von Häftlingen des Konzentrationslagers Gusen II in den Jahren 1944 und 1945 in nur 13 Monaten Bauzeit unter grausamen Bedingungen um den Preis von tausenden toten KZ-Häftlingen errichtet.
Unter der Tarnbezeichnung „Bergkristall" wurden unter strengster Geheimhaltung Rümpfe und Flügel für das Düsenjagdflugzeug Me 262 auf einer Art Fließband gefertigt. Ebenso waren Schlüsseltechnologien für die Produktion von Spezialteilen in St. Georgen an der Gusen bombensicher untergebracht.
Das Projekt wurde bereits vor 1944 durch die Luftwaffe des Großdeutschen Reiches entwickelt und seit Jahresbeginn 1944 durch Ausbeutung von Häftlingen des Konzentrationslagers Gusen realisiert. Standortentscheidend dürfte eine bereits seit 1939 in St. Georgen durch die SS betriebene Sandgrube, das Vorhandensein kleinerer Brauereikeller, die in St. Georgen und Gusen bereits vorhandene SS-lnfrastruktur, die bereits seit 1943 erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Messerschmitt GmbH Regensburg und den Deutschen Erd- und Steinwerken (DEST) sowie die Nähe zu den Konzentrationslagern Mauthausen und Gusen gewesen sein. Die Realisierung des Projektes „Bergkristall“ führte zur zusätzlichen Deportation tausender KZ-Häftlinge nach Gusen, die dort in dem ab Mai 1944 verwendeten Häftlingslager Gusen II unter primitivsten und menschenunwürdigsten Umständen untergebracht wurden. Die stark verschmutzten Unterkunftsbaracken waren oft verseucht und überfüllt. Zeitweise wurden mehr Menschen übereinen direkten Bahnanschluss nach Gusen gebracht als im Lager für das Projekt „verbraucht" wurden. Tausende starben rasch infolge der harten Arbeit in den Stollen, der Unterernährung, des Mangels an Schlaf, der fehlenden Hygiene sowie der besonderen Brutalität der Wachmannschaften und der Funktionshäftlinge. Die Häftlinge arbeiteten im Schichtbetrieb rund um die Uhr und wurden nach einer acht- bis zwölfstündigen Arbeitsschicht in der Regel auf der SS-eigenen Eisenbahn, die seit 1943 zwischen dem KZ Gusen und dem Bahnhof in St. Georgen verkehrte, in offenen Waggons oft nur zum „Schlafen" in das etwa zwei Kilometer entfernte Lager Gusen II gebracht. Dabei wurden die Häftlinge stets von den Hunden der SS und den Schlägen der Kapos gehetzt.
Ein erstes Häftlingskommando wurde am 2. Jänner 1944 zusammengestellt und im Juni 1944 arbeiteten bereits mehr als 3.000 Häftlinge des Konzentrationslagers Gusen unter Tag. Die Errichtung dieser Stollen und der brutal geführte Häftlingseinsatz sind auch verant- wortlich dafür, dass die Opferzahl der Lager von Gusen letztlich auch jene des Lagers Mauthausen überstieg. Etwa 3.000 Häftlinge des Lagers Gusen II - unter ihnen der mittlerweile selig gesprochene junge Franzose Marcel Callo - wurden, nachdem sie in „Bergkristall" arbeitsunfähig wurden, zum Sterben in das Sanitätslager Mauthausen gebracht.
Überreste#
Die Reste der Konzentrationslager Mauthausen, Gusen und „Bergkristall" markieren bis heute die räumliche Ausdehnung des ehemaligen KZ-Systems in dieser Region und zeigen auch den Wandel während des Kriegsverlaufes von einem Zentrum der Granitsteinindustrie zu einem Zentrum der Rüstungsindustrie für den totalen Krieg, welche auch die massenhafte Vernichtung von von Menschen mit einschloss.Befreiung#
„Bergkristall" wurde gemeinsam mit den Konzentrationslagern Mauthausen und Gusen I, II & III am 5. Mai 1945 befreit. Die bereits vorbereitete Sprengung der unter- irdischen Fabrik und die dabei vorgesehene Ermordung von tausenden KZ-Häftlingen wurde jedoch nicht ausgeführt. Die Stollenanlage fiel in die Hände der amerikanischen Befreier und wurde sofort abgeriegelt, um eine Wiederaufnahme der Produktion im Falle einer Fortsetzung des Krieges jederzeit zu ermöglichen. Erst als sich im Frühsommer 1945 abzeichnete, dass die Amerikaner den Raum nördlich der Donau zu räumen hätten, wurden die wichtigsten Maschinen rasch auf die andere Seite der Donau nach Linz gebracht, um sie dem Zugriff der Sowjetunion zu entziehen.Web-Links#
- https://www.mauthausen-memorial.org/de
- https://www.gusen.org
- https://www.erinnern.at
- https://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Gusen
Fotos: Peter Diem
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