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vom 25.06.2025, aktuelle Version,

Österreichischer Gewerbeverein

ÖGV Logo
Palais Eschenbach, Sitz des Gewerbevereins

Der Österreichische Gewerbeverein (ÖGV) wurde im Jahr 1839 als Niederösterreichischer Gewerbeverein gegründet und ist ein überparteilicher Verein für Unternehmer mit freiwilliger Mitgliedschaft. Der Österreichische Gewerbeverein hat seit den 1860er Jahren seinen Sitz im Palais Eschenbach (Wien).[1]

Geschichte

Der ÖGV wurde 1839 mit der Bezeichnung Niederösterreichischer Gewerbeverein gegründet, da unter Metternich Vereinigungen verboten waren, deren Tätigkeit sich auf das gesamte Staatsgebiet erstreckte.

Der Anfang und Hochblüte

Ehemaliger Sitz des Technologischen Gewerbemuseums in der Währinger Straße

Die Gründung erfolgte nach langjähriger Vorbereitung durch Persönlichkeiten wie Johann Joseph Prechtl und Christian Heinrich Coith. Die Initiative zielte darauf ab, die heimische Industrie durch Vernetzung von Wissenschaft, Technik und Unternehmertum zu fördern. Der Verein entwickelte sich rasch zu einem bedeutenden wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Forum.

Mit der Einrichtung eines Technologischen Gewerbemuseums (1879)[2] und der Gründung der Fachzeitschrift (1849) setzte der Verein bildungspolitische Maßstäbe. Wilhelm Exner, eine der prägendsten Persönlichkeiten, trieb ab 1862 die Professionalisierung technischer Bildung voran und initiierte die Exner-Medaille, die ab 1921 herausragende Leistungen in Wissenschaft und Technik würdigt.

Im 19. Jahrhundert war der Verein maßgeblich an der Errichtung der Wiener Handelskammer (deren erster Präsident, Theodor von Hornbostel war Funktionär des ÖGV), der Gründung der Urania, der Etablierung technischer Ausbildungsstätten und der Organisation der Weltausstellung 1873 im Wiener Prater beteiligt.[3]

1938–45

Mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im Jahr 1938 wurde der Österreichische Gewerbeverein aufgelöst und mehrere Mitarbeiter und Funktionäre mit dem Prominentenzug deportiert. Eine offizielle Auflösung blieb zwar aus, jedoch wurde das Vereinshaus in der Eschenbachgasse durch das NS-Regime beschlagnahmt und in das sogenannte „Haus der Mode“ umgewandelt. Teile der Vereinsbibliothek wurden ausgelagert, unter anderem an die Hochschule für Welthandel.

Persönliche Zusammenkünfte einiger Funktionäre fanden zunächst in Ausweichquartieren wie dem Café Museum statt, ehe diese ebenfalls unterbunden wurden. Die ideologische Gleichschaltung und Eingliederung in nationalsozialistische Wirtschaftsstrukturen führten zur systematischen Marginalisierung des Vereins.

In dieser Zeit verlor der Gewerbeverein nicht nur seine institutionelle Eigenständigkeit, sondern auch viele seiner ideellen und personellen Grundlagen. Erst nach Kriegsende konnte mit dem Wiederaufbau begonnen werden.[4]

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes und dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Österreichische Gewerbeverein auf Grundlage des Vereinsreorganisationsgesetzes am 19. Februar 1946 offiziell wiedererrichtet. 1949 wurde der Vereinsname offiziell in „Österreichischer Gewerbeverein“ geändert. Trotz der Nachkriegsschwierigkeiten entwickelte sich der Verein rasch wieder zu einem aktiven Zentrum wirtschaftlicher Interessensvertretung, technischer Weiterbildung und gesellschaftlicher Vernetzung.[5]

Gegenwart

Heute ist der Österreichische Gewerbeverein in Branchen- und Fachverbände gegliedert und versteht sich als unabhängige, überparteiliche Plattform zur Förderung von Innovation, Unternehmertum und wissenschaftlich-technischem Fortschritt. Aufbauend auf der erfolgreichen Reorganisation nach 1945 etablierte sich der Verein erneut als zentrale Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Die 1921 ins Leben gerufene Wilhelm-Exner-Medaille, die jährlich an international führende Wissenschaftler und Erfinder verliehen wird, ist ein zentrales Aushängeschild des Vereins und gilt als bedeutende Auszeichnung für anwendungsnahe Forschung.[6]

Seit 2023 betreibt der Verein ein „Mentorship-Programm“, das junge Unternehmerinnen und Unternehmer mit erfahrenen Mitgliedern des Vereins zusammenführt.[7] Zur Stärkung der Sichtbarkeit traditioneller Unternehmenswerte wurde 2024 der „Club der Traditionsbetriebe“ ins Leben gerufen.[8]

Zweck

Der Österreichische Gewerbeverein ist ein gemeinnütziger Verein mit dem Ziel, die Interessen von Industrie, Gewerbe, Handel und dem Dienstleistungssektor in Österreich zu fördern.

Im Mittelpunkt der Aufgaben des Österreichischen Gewerbevereins steht die Vertretung von Anliegen der Mitglieder in der öffentlichen Meinungsbildung. Dies wird durch Interessenvertretung, Lobbying- und Pressearbeit für die Unternehmer erreicht. Mitglieder des Gewerbevereins kommen aus Industrie, Gewerbe, Handel und den Freien Berufen.[9]

Struktur

Der Österreichische Gewerbeverein verfügt über eine Vereinsstruktur mit mehreren Organen und Mitgliedschaftsformen.[10]

Organe

Alle Organfunktionen können ausschließlich von Vereinsmitgliedern ausgeübt werden. Zu den Organen des Österreichischen Gewerbevereines zählen:

  • Generalversammlung (höchstes, beschlussfassendes Gremium)
  • Verwaltungsrat
  • Präsidium (fungiert als Leitungsorgan und vertritt den Verein nach außen)
  • Wahlkommission
  • Rechnungsprüfer
  • Generalsekretär
  • Schiedsgericht

Fachliche und wirtschaftspolitische Themen werden in ständigen Senaten behandelt. Ergänzt wird die Struktur durch Zweckverbände mit eigener Rechtspersönlichkeit und eine Jugend- und Studentengruppe. Die Vereinsarbeit wird durch Arbeitskreise, Veranstaltungen, Serviceleistungen und Publikationen unterstützt.

Mitglieder

Die Mitgliedschaft im Österreichischen Gewerbeverein erfolgt ordentlich, außerordentlich, fördernd oder korrespondierend. Die Mitglieder des Vereins gliedern sich in persönliche, fördernde, außerordentliche (u. a. Firmen-, korrespondierende und Jugendmitglieder) sowie Ehrenmitglieder.[11]

Zu den Fachverbänden gehören unter anderem: Verband Österreichischer Software Industrie (VÖSI)[12], Inkassoverband Österreich (IVÖ)[13] und Vereinigung Österreichischer Kunststoffverarbeiter (VÖK).[14] Auf internationaler Ebene ist der Österreichische Gewerbeverein über die „European Entrepreneurs“[15] vernetzt und Mitveranstalter des EU-African SME Summit[16], der europäische und afrikanische Unternehmer zusammenführt und grenzüberschreitende Kooperationen fördert.

Präsidenten (Auswahl)

Finanzierung

Der österreichische Gewerbeverein finanziert sich durch die Beiträge der Mitglieder, die Vereinszeitung und die Vermietung des Palais Eschenbach.

Wilhelm-Exner-Medaille

Literatur

  • ÖGV Eigenproduktion: 175 Jahre Österreichischer Gewerbeverein – Die Chronologie des Österreichischen Gewerbevereins, 2014.
  • P. Müller: 110 Jahre Österreichischer Gewerbeverein, 1949.
  • J. Bittner: Festschrift 150 Jahre Gewerbeverein, 1989.
  • E. Engelmann: Der Österreichische Gewerbeverein, Diplomarbeit, Wien 1989.
  • H. Kainz, Bedeutender Protagonist, in: Austria innovativ 4, 1994.

Einzelnachweise

  1. Geschichte des Palais Eschenbach abgerufen am 12. Juni 2020 in Palais-eschenbach.at
  2. Gewerbeverein: Wir gratulieren unserem TGM zum 125-jährigen Bestehen. Abgerufen am 9. April 2025 (englisch).
  3. 175 Jahre Österreichischer Gewerbeverein: Die Chronologie des Österreichischen Gewerbevereins Österreichischer Gewerbeverein, Januar 2019, Seiten 120–135 (PDF; 2,25 MB).
  4. 175 Jahre Österreichischer Gewerbeverein: Die Chronologie des Österreichischen Gewerbevereins Österreichischer Gewerbeverein, Januar 2019, Seiten 136–139 (PDF; 2,25 MB).
  5. 175 Jahre Österreichischer Gewerbeverein: Die Chronologie des Österreichischen Gewerbevereins Österreichischer Gewerbeverein, Januar 2019, Seiten 139–141 (PDF; 2,25 MB).
  6. 175 Jahre Österreichischer Gewerbeverein: Die Chronologie des Österreichischen Gewerbevereins Österreichischer Gewerbeverein, Januar 2019, Seiten 148–155 (PDF; 2,25 MB).
  7. Gegründet, um zu bleiben: Das Ziel ist eine nachhaltige Unternehmenszukunft. Abgerufen am 9. April 2025.
  8. Kreislaufwirtschaft | News. In: Reinhard Backhausen. Abgerufen am 9. April 2025 (deutsch).
  9. Statuten: Zweck Österreichischer Gewerbeverein, 13. Dezember 2022, Seiten 1–2 (PDF; 416 KB).
  10. Statuten: Struktur Österreichischer Gewerbeverein, 13. Dezember 2022, Seiten 2–15 (PDF; 416 KB).
  11. Statuten: Mitglieder Österreichischer Gewerbeverein, 13. Dezember 2022, Seiten 3–6 (PDF; 416 KB).
  12. VÖSI und ÖGV unter einem Dach. Abgerufen am 9. April 2025.
  13. ÖGV: PK Inkassounternehmen garantieren Unternehmen mehr Liquidität! Abgerufen am 9. April 2025 (englisch).
  14. Gewerbeverein hofft auf Regierungsverhandlungen außerhalb der Raunzerzone! Abgerufen am 9. April 2025 (englisch).
  15. CEA-PME: Austrian and Slovenian Entrepreneurs join CEA-PME. In: European Entrepreneurs CEA-PME. 1. Januar 2018, abgerufen am 9. April 2025 (amerikanisches Englisch).
  16. PACCI: The EU African SME Alliance enlarges! – African European Entrepreneurs. Abgerufen am 9. April 2025 (amerikanisches Englisch).

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Gebäude des Österr. Gewerbevereins, Palais Eschenbach Eigenes Werk Tokfo
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Das Gebäude an der Adresse Währinger Straße 69 im 9. Bezirk der österreichischen Bundeshauptstadt Wien . Dieses Gebäude ließ Georg Sigl 1866 von Carl Tietz als Wohn-, Büro- und Fabriksgebäude errichten. In der Folge des Börsenkrachs 1873 musste er Teile des Gebäudes untervermieten und daher zog Mitte der 1880er Jahre das Technologische Gewerbemuseum (TGM) ein. Dieses wurde im Jahre 1879 von Wilhelm Exner unter der Schirmherrschaft des damaligen Niederösterreichischen Gewerbevereins nach dem Vorbild des „Conservatoire des arts et métiers“ gegründet. Die Zielsetzung des Gründers war, eine Stätte der Weiterbildung für den Bereich der Technologie zur Verfügung zu stellen. Im Jahr 1905 übernahm der Bund das TGM, da der Gewerbeverein den Unterhalt der Ausbildungsstätte nicht mehr finanzieren konnte. 1933 wurde die umfangreiche technische Sammlung des TGM in das Technische Museum übersiedelt. Nach dem Neubau des TGM im 20. Wiener Gemeindebezirk Brigittenau zog dieses in den Jahren 1979/80 um. 1981 wurde das Gebäude vom "Verein zur Schaffung offener Kultur- und Werkstättenhäuser" in einer "sanften Besetzung" in Beschlag genommen. Heute ist es ein selbstverwaltetes Werkstätten- und Kulturhaus für weit über 100 Gruppen und wird unter WUK (Werkstätten- und Kulturhaus) geführt. Eigenes Werk C.Stadler/Bwag
CC BY-SA 4.0
Datei:Wien - WUK, ehemaliges TGM.JPG