Hans von Hoffensthal
Hans von Hoffensthal (geboren 16. August 1877 in Oberbozen, Österreich-Ungarn; gestorben 7. Dezember 1914 in Bozen, eigentlich Johann Nepomuk Anton Josef Maria von Hepperger zu Tirschtenberg und Hoffensthal) war das Pseudonym eines österreichischen Schriftstellers und Arztes aus dem Bozener Bürgertum. Hoffensthal hat ein Werk von sieben Romanen, Novellen und einer Vielzahl von Feuilletons verfasst und galt dem Österreichischen kleinen Literaturlexikon noch im Jahre 1948 als ein Autor „wertvoller Landschaftsromane voll sinnlicher Leidenschaft und glühender Liebe zur Südtiroler Heimat“.[1]
Leben
Hoffensthal wurde einen Tag nach Mariä Himmelfahrt im Oberbozener Ortsteil Maria Himmelfahrt im Magdalena-Haus seiner Großeltern Zallinger geboren. Die Tradition verpflichtete seine Eltern aus dem Bozener Bürgertum zum Aufenthalt in der Frisch auf dem Ritten, wo man mit seinesgleichen verkehrte und unter sich heiratete. Der Vater Anton von Hepperger war Richter in verschiedenen Städten Tirols. Johann von Hepperger studierte in Innsbruck Medizin und wurde dort im Jahr 1902 promoviert. Bei seinen militärischen Dienstverpflichtungen zeigte er sich nicht motiviert und war „zur Charge wegen seiner Gleichgültigkeit im Dienst nicht geeignet“,[2] eine ähnliche Orientierungslosigkeit im Studium und in der Berufswahl schreibt er auch (autobiographisch) seinen Protagonisten zu, dazu noch „Standesdünkel, bohèmehafte Nachlässigkeit und Schlamperei“.[3] Nach drei Jahren ärztlicher Tätigkeit in Wien eröffnete er 1905 unter seinem bürgerlichen Namen Hanns von Hepperger eine Praxis als „Nervenspezialist“ in Bozen.
In seinen Romanen gab es wenig verhüllte, stark autobiographische Züge und Bezüge zu seinem gesellschaftlichen Umfeld in Bozen (der Stadt) und Oberbozen (der Natur).[4]
Hoffensthal war ein Chronist der gesellschaftlichen Veränderungen, den tatsächlichen politischen Zusammenbruch der k.u.k. Monarchie und die dramatischen Änderungen in Tirol nach 1919 hat er allerdings nicht mehr erlebt. So war seine Zeit für ihn auch eine Zeit des „Abschieds von Oberbozen“, als die aristokratischen „Botzner“ Händler ihre splendid isolation auf dem Ritten gegen den touristischen Zug der Zeit aufgaben, den sie selbst mit Zahnradbahn-Aktiengesellschaften und Hotelbau-Aktiengesellschaften im Jahre 1907 nun auch mit der Rittner Bahn auf den Ritten leiteten. Der Naturzerstörung setzte er eine hymnisch überhöhte Schilderung der Naturlandschaft des Bozener Landes entgegen. Moderner in seiner Thematik schien Hoffensthal etwa dann, wenn er die männliche Doppelmoral thematisiert und am Beispiel der an der Geschlechtskrankheit Gonorrhoe erkrankten Lori Graff die Naturidylle bricht, wenn auch das tabuisierte Wort mit Rücksicht auf den Lesermarkt bei ihm nur umschrieben wird, der Arzt eröffnet dem Ehemann die Diagnose: „Eine Krankheit – ich erspare Ihnen den Namen, den Sie selbst wissen“,[5] schon diese Andeutung sorgte um die Jahrhundertwende dafür, das Buch von den lesehungrigen höheren Töchtern fernzuhalten. Das Buch erhielt eine Rezension von Alois Brandl im Literarischen Echo.[6] Die Nationalsozialisten stellten das Buch 1938 auf die Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums.[7]
Auf Grund der von ihm veröffentlichten Zeitschriftenartikel, zum Beispiel im Simplicissimus, in der Zeitschrift Jugend oder in der Vossischen Zeitung, und der mehrfach aufgelegten Romane, die bei Ullstein und Egon Fleischel und später bei der Deutschen Verlags-Anstalt verlegt wurden (und noch nach seinem Tod Auflagen hatten) und mit deren Erfolg zumindest die Verleger zufrieden sein konnten, wurde er von einigen wenigen literarischen Zeitgenossen beachtet und aus der Nähe wahrgenommen, so berichtet Friderike Winternitz an Stefan Zweig im Januar 1913 von ihrem Aufenthalt auf dem Ritten,[8] oder er geriet in Streit mit ihnen, so mit Ludwig von Ficker in der literarisch-expressionistischen Zeitschrift Der Brenner. Befreundet war er mit dem Bozener Albert von Trentini.
Im Jahr 1911 erkrankte er an Tuberkulose, er löste die Arztpraxis auf und ging auf eine mehrjährige Schiffsreise mit dem Ziel Japan, kehrte aber bereits nach einem Jahr aus Indien entkräftet zurück und starb 1914. - Die Mittelschule im Rittner Hauptort Klobenstein ist nach Hans von Hoffensthal benannt.
Werke (Auswahl)
- Abschied von Oberbozen, Bolzano (1907): Privatdruck Amonn, 1930 OCLC 72547455
- Abschied von Oberbozen. Vorwort Josef Rampold. Fotos Oswald Kofler. Bozen : Athesia, 2002 ISBN 978-8-870-14538-0
- Hildegard Ruhs Haus, Novellen, Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart, 1907[Digitalisat 1] OCLC 897284544 I Hildegard Ruhs Haus II Das Orgelspiel Unserer Lieben Frau III Im Frühling IV Legende V Das Mädchen von Maria-Himmelfahrt VI Geschwister Santifaller VII „Tonele – – schlafst“ VIII Gottes Liebling IX Die Sommersänger X Der Herrgott, der Teufel und der Dritte XI Berta Engel XII Schwester Godelenas Erzählung XIII Das Kreuz XIV Crescendo
- Das Buch vom Jäger Mart, Roman, E. Fleischel & Co., Berlin 1908 OCLC 249828942
- Lori Graff, Roman, Fleischel, Berlin 1909 OCLC 917616048
- Das dritte Licht, Roman, Fleischel, Berlin 1911 OCLC 249829006
- Marion Flora, Roman, Fleischel, Berlin 1914 OCLC 249829799
- Moj, Roman, Ulstein, Berlin, Wien, 1915 OCLC 249829863
- Das Herz im Walde, Novellen, Fleischel, Berlin 1916 OCLC 72547458 I Das Herz im Walde II Die Kinder von Annegg
Literatur
- Franz Sylvester Weber: Hans von Hoffensthal, in: Der Schlern, 1924, S. 366–377 (online)
- Dora Steinegger: Hans v. Hoffensthal, Dissertation, Innsbruck 1936
- Hans Giebisch, Ludwig Pichler, Kurt Vancsa (Hrsg.): Kleines österreichisches Literaturlexikon. Hollinek, Wien 1948.
- Hepperger zu Tirschtenberg und Hoffensthal Hans von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 2, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1959, S. 276 f. (Direktlinks auf S. 276, S. 277).
- Lemma Hepperger von Tirschtenberg und Hoffensthal, Hans, in: Hans Giebisch ; Gustav Gugitz: Bio-bibliographisches Literaturlexikon Österreichs : von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien : Hollinek 1964, S. 150
- Literatur über den Oberbozener Schießstand siehe Carl von Braitenberg
- Heinrich Tratter: Das Bild der Südtiroler Gesellschaft im Werk von Hans von Hoffensthal, Dissertation, Innsbruck 1980
- Beatrix Unterhofer: Hans von Hoffensthal – ein Leben in der Sommerfrische. Bozen 1996, ISBN 88-7283-087-7 (S. 116–119 eine Bibliographie der Werke, Zeitschriftenbeiträge und der auffindbaren Korrespondenzen).
- Oliver Bentz: Hoffensthal, Hans: Der Alpen-Dandy. Zum 125. Geburtstag des Literaten Hans von Hoffensthal. (Memento vom 8. März 2010 im Internet Archive) In: Wiener Zeitung, 9. August 2002
- Beatrix Unterhofer: Hans von Hoffensthal. Patriziersohn, Poet & Medicus. In: Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv 38-39/2019/20, S. 207–211.
Weblinks
- Literatur von und über Hans von Hoffensthal im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Hans von Hoffensthal im Literaturlexikon LiteraturTirol des Forschungsinstitutes Brenner-Archiv der Universität Innsbruck
Digitalisate
- ↑ Hildegard Ruhs Haus, Novellen. 2. Auflage, Fleischel, Berlin, 1910 als Digitalisat bei Tessmann digital
Einzelnachweise
- ↑ zitiert nach: Der Alpen-Dandy
- ↑ nach Unterhofer, 1996, S. 13
- ↑ Unterhofer, 1996, S. 15
- ↑ Unterhofer, 1996, S. 21
- ↑ Lori Graff, nach Unterhofer, 1996, S. 87
- ↑ Alois Brandl: Lori Graff. In: Das Literarische Echo. Jg./Nr. 21–22, 1. August 1909, S. 1573–1575
- ↑ Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums, Stand vom 31. Dezember 1938. Seite 60. Leipzig, 1938.
- ↑ Unterhofer, 1996, S. 23
Personendaten | |
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NAME | Hoffensthal, Hans von |
ALTERNATIVNAMEN | Hepperger, Hans von |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 16. August 1877 |
GEBURTSORT | Oberbozen |
STERBEDATUM | 7. Dezember 1914 |
STERBEORT | Bozen |
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Grabmal Hepperger-Hoffensthal Oberbozen Maria Himmelfahrt | Eigenes Werk | Bartleby08 | Datei:Grabmal Hepperger-Hoffensthal Oberbozen Maria Himmelfahrt.jpg | |
Hans von Hoffensthal, Maria-Himmelfahrt, Berlin 1905 | Hans von Hoffensthal, Maria-Himmelfahrt, Berlin : Egon Fleischel 1905 | Hans von Hoffensthal | Datei:Hans von Hoffensthal 1905.JPG | |
Max von Esterle Hans von Hoffensthal Der Brenner 1911 | Der Brenner | Max von Esterle | Datei:Max von Esterle Hans von Hoffensthal 1911.jpg | |
Diese Datei zeigt das Baudenkmal mit der Nummer 16744 in Südtirol. | Eigenes Werk | Goesseln | Datei:Oberbozen-Hoffensthal.JPG |