Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!

unbekannter Gast
vom 20.06.2022, aktuelle Version,

Joseph von Semlin

Freiherr Johann Joseph von Semlin (auch: von Semling; * um 1730[1] oder 1736[2] in Isfahan (Persien)[3] als Ali Mirza Khan; † 13. Februar 1824 in Wien) war der Sohn des persischen Herrschers Nadir Schah und ein Offizier in Diensten der Habsburgermonarchie.

Leben

Herkunft

Nadir Schah hatte im Jahr 1738 erfolgreich einen großen Kriegszug nach Indien unternommen. Indien wollte er seiner Dynastie als Sekundogenitur zuführen und seinen jüngsten Sohn Ali später als Herrscher einsetzen.[4]

Nadir Schah hatte in Delhi triumphal Einzug gehalten und dann die Stadt der Plünderung seines Heeres überlassen. Dann bekam er Nachricht von dem Heranrücken eines großen Entsatzheeres, was ihn zwang, die Stadt schleunigst zu räumen. Er kehrte nun wieder nach Persien zurück mit dem Entschluss, die Eroberung Indiens, welche dieses Mal nicht gelungen, in einer späteren Zeit wieder aufzunehmen. Nach seiner Rückkehr nach Persien wurde der Schah von eigenen Generälen 1747 ermordet und es kam zu Rivalitätskämpfen in der Afscharidendynastie.[5] Drei Söhne des Nadir Schah ließ sein Nachfolger blenden und daraufhin vergiften.[6] Der jüngste Sohn, Ali, soll von vier[7] treuen Anhängern seines getöteten Vaters zu seiner Sicherheit außer Landes und über Istanbul nach Semlin gebracht worden sein, um ihn dort großzuziehen.[5]

In österreichischen Diensten

Semlin war eine Stadt, die bis 1718 zum Osmanischen Reich gehört hatte, dann aber Grenzstadt der Habsburger Donaumonarchie geworden war, und so wurde der Vorgang, dass ein Flüchtling, als Sohn des vormaligen persischen Regenten ausgegeben, dorthin gebracht worden war, dem k. k. Hofkriegsrat vorgebracht.[7] Die Protokolle und Beweisstücke wurden an die Kaiserliche Kanzlei geschickt.[7] Nach deren Prüfung[7] nahm sich Kaiserin Maria Theresia des verwaisten Prinzen Ali an[8] und erteilte um 1755[1] die Bewilligung zum adligen Namen Johann Joseph von Semlin(g).[9] Die Kaiserin veranlasste, dass der Prinz am 10. März 1755 in Begleitung des Grafen Chotek nach Graz gebracht wurde,[7] wo der Prinz auch Deutschunterricht erhielt;[7] die römisch-katholische Taufe des als Muslim erzogenen jungen Manns erfolgte ebenfalls in Graz am 25. Januar 1756.[1] In der Wiener Militär-Akademie wurde er zum Kriegsdienst ausgebildet. Im Jahre 1757 wurde er als Fähnrich im Infanterieregiment Nr. 42 des kaiserlichen Feldmarschallleutnants Sigmund Friedrich von Gaisruck[10] angestellt. Im Siebenjährigen Krieg hatte er bis zum Jahr 1759 Gelegenheit, sich in bedeutenden Schlachten auszuzeichnen – bei Breslau[11] und Hochkirchen – wobei er zweimal verwundet wurde, dann avancierte er zum Hauptmann.[5]

Noch als Fähnrich war er im Siebenjährigen Krieg in preußische Gefangenschaft geraten, und da er bei seinem Regiment als persischer Prinz bekannt war, kam es auch dem preußischen König zu Ohren, dass ein persischer Prinz sein Gefangener sei. Friedrich II. lud ihn zu seiner Tafel ein, unterhielt sich lange mit ihm und sandte Semlin nach einigen Tagen zu dessen Patin Maria Theresia zurück.[12]

Die Kaiserin verlieh 1759 dem Hauptmann im k. k. Dragoner-Regiment Erzherzog Johann den erblichen österreichischen Freiherrnstand. Was die Abstammung vom persischen Herrscher Nadir Schah betrifft, heißt es in den Akten des Wiener Adelsarchivs, dass er sich selbst dafür ausgegeben, jedoch ohne den mindesten Beleg dafür zu liefern, und es scheine daher, wie es in dem an die Kaiserin aus diesem Anlass erstatteten Vortrag heißt, „nicht rathsam und anständig, ihn durch ein ordentliches Diplom für einen persischen Prinzen zu erklären“; infolgedessen wurde in den Text seines Freiherrnstandsdiploms vom 24. März 1759 bezüglich der Abstammung nur die folgenden Worte aufgenommen: „von einem der vornehmsten und heldenmüthigsten Geschlechter des persischen Reiches“.[5]

Seine Kriegsverletzungen nötigten Semlin eine längere Zeit zur Kur in Baden bei Wien ab.[7] 1763 wurde er zum Platzhauptmann in Graz berufen, in welcher Stellung er fünf Jahre verblieb.[7] Es folgte der Dienst im Tiroler Festungsort Kufstein,[7] wo der Freiherr von Semlin als Platzhauptmann zur Kommandantschaft gehörte.[13] Am 28. Juni 1791 wurde Semlin zum Major befördert.[7]

Wappen

Das von der Kaiserin verliehene Wappen zeigt einen mit einem schwarzen Kreuz belegten und viergeteilten Schild und in jedem dieser goldenen Felder ein geflügelter, schwebender roter Drache. Auf der Mitte des schwarzen Kreuzes ruht ein silberner Herzschild, darin ein goldgekrönter, schwarzer Adler mit ausgebreiteten Flügeln und Waffen. Auf dem Hauptschild ruht ein mit der Freiherrnkrone gezierter Turnierhelm. Über der Helmkrone erscheint ebenfalls ein geflügelter roter Drache mit aufgesperrtem feuerspeienden Rachen. Hinter dem ganzen Wappenschild sind zwei kreuzweise gesetzte Fahnen, von denen die rote, rechts hervorragende die Namenschiffre des Kaisers, die schwarze zur Linken die Chiffre der Kaiserin mit goldenen Buchstaben enthält. Die Helmdecken sind rechts rot-golden, links schwarz-silbern.[5]

Die Drachen wurden als Anspielung auf Semlins Herkunft aus Indien, das Kreuz als Zeichen des Übertrittes zum Christentum, Adler und kaiserliche Namenschiffre zur Erinnerung an den allerhöchsten Schutz verliehen.[5]

Letzte Jahre

Als der k. k. Major Baron Semlin sich 1792[7] wegen seiner im Siebenjährigen Krieg erhaltenen Wunden pensionieren ließ, erhielt er 810 Gulden jährliche Pension[7] und siedelte sich im Markt Mödling bei Wien an, wo er öfter laut erklärte: „Wie glücklich fühle ich mich, im ruhigen Bürgerleben niedrig zu stehen und den gigantischen Schicksalen entronnen zu sein, welche einige Zeit die Aufmerksamkeit der Welt auf meine Familie gelenkt haben“.[5]

Doch noch in fortgeschrittenen Jahren erweckte Semlin Aufmerksamkeit der Herrschenden: die kaiserlich französische Gesandtschaft hatte ihn ausgekundschaftet und trug ihm schließlich an, er möge doch seine Ansprüche und Rechte auf den persischen Thron dem französischen Kaiser Napoleon I. abtreten. Semlin winkte ab: lächelnd gab der gutmütige Greis zur Antwort, dass weder er noch seine Söhne vom Pfauenthron träumen würden. Aber sollte er tatsächlich noch irgendwelche wirklichen Ansprüche haben, so werde er sie je niemand anderem als seinem Kaiser (Franz) abtreten, der ihn auch in seinem hohen Alter mit väterlicher Huld unterstütze.[12]

Alt geworden, war Joseph von Semlin nach Wien gezogen. Er lebte 1821 in der Jägerzeile im Hüttner’schen Haus, gepflegt von der Inhaberin, und starb schließlich in der Vorstadt Leopoldstadt in der Praterstraße, im Haus „zum grünen Thor“, am 13. Februar 1824, angeblich 100 Jahre alt, an Altersschwäche.[14] Er wurde laut dem Sterberegister der Pfarre Sankt Nepomuk am 15.2. auf dem Sankt Marxer Friedhof in Wien beigesetzt. Semlin, der zuletzt noch an die kaiserliche Pensionskasse mit seinem persischen Prinzentitel Ali Mirza Khan quittierte,[7] hatte verfügt, den zu seinem Begräbnis anwesenden Armen fünf Gulden zu geben. Eine weitere Summe hatte er einem Invalidenhaus vermacht.[7]

Familie

Seine Witwe, Rosa Freifrau von Semlin, starb in der Leopoldstadt in der Großen Pfarrgasse, neben dem Pfarrhof am 6. Oktober 1837, 62 Jahre alt, angeblich ebenfalls an Altersschwäche.[5] Semlins Gemahlin soll eine gebürtige Türkin gewesen sein.[12][15] Beide Söhne, Jahaya und Jusof,[7] standen in kaiserlich österreichischen Diensten. Der jüngere lebte 1821 als pensionierter Fähnrich im Invalidenhaus Tyrnau.[12]

Literatur

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band XIII, Band 128 der Gesamtreihe, Limburg an der Lahn 2002, S. 293
  2. http://www.royalark.net/Persia/afshar3.htm
  3. „Ispahan Persien“ ist im Sterberegister der zuständigen Wiener Pfarre zu lesen. Vgl. Ahmad Saberi, Ein persischer Prinz in Wien, in: TAWAN, Magazin des Vereins Iranischer Ingenieure/innen in Österreich, Wintersemester 2002/2003, S. 8 (Digitalisat); hingegen gibt Constantin von Wurzbach: Semlin, Johann Joseph Freiherr von. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 34. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1877, S. 82 (Digitalisat). als Geburtsort (resp. -region) Indien an.
  4. „der damals kaum noch zwei Jahre alt war [also wäre er im Jahre 1736 geboren]“Constantin von Wurzbach: Semlin, Johann Joseph Freiherr von. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 34. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1877, S. 82 (Digitalisat). Hingegen bezeichnete Franz Gräffer ihn im Conversationsblatt. Zeitschrift für wissenschaftliche Unterhaltung, Band 1, Wien 1821, S. 186 f., als „pensionierter Major in einem Alter von drey und neunzig Jahren“ [dies im Jahre 1821: mithin wäre er ca. 1728 geboren worden]. Das Genealogische Handbuch des Adels, Adelslexikon Band XIII, Band 128 der Gesamtreihe, Limburg an der Lahn 2002, S. 293, gibt als Geburtszeit „um 1730“ an.
  5. 1 2 3 4 5 6 7 8 Constantin von Wurzbach: Semlin, Johann Joseph Freiherr von. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 34. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1877, S. 82 (Digitalisat).
  6. Münchner-Zeitungen, von denen Kriegs-, Friedens- und Staatsbegebenheiten, 1747, S. 792
  7. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Ahmad Saberi, Ein persischer Prinz in Wien, in: TAWAN, Magazin des Vereins Iranischer Ingenieure/innen in Österreich, Wintersemester 2002/2003, S. 8 (Digitalisat)
  8. Geschichts- und Erinnerungs-Kalender, 1825, S. 20 (13. Februar), folgend Joseph Franz Xaver von Kaler, Was ist als Heute geschehen? oder, Wann war das?, Band 1, Innsbruck 1834, S. 31
  9. Nach seinem Zufluchtsort Semlin; vgl. Karl Michaeler, Historisch-kritischer Versuch über die ältesten Völkerstämme, Band 1, Wien 1801, S. 86
  10. Militär-Schematismus des österreichischen Kaiserthumes, Wien 1839, S. 533. Vgl. Alfons Dragoni von Rabenhorst, Geschichte des k. u. k. Infanterie-Regiments Prinz Friedrich August Herzog zu Sachsen Nr. 45. Von der Errichtung bis zur Gegenwart, Brünn 1897, S. 136 f. (Memento des Originals vom 19. Mai 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.forgottenbooks.com
  11. Nach Saberi, der das Geburtsjahr Semlins auf 1735 datiert, machte er die Schlacht von Kolin (am 18. Juni 1757) und die Schlacht von Breslau (am 22. November 1757) als 23-Jähriger im Gaisruckischen Regiment zu Fuß Nr. 42, unter Feldmarschall Leopold Joseph von Daun, mit. Vgl. Ahmad Saberi, Ein persischer Prinz in Wien, in: TAWAN, Magazin des Vereins Iranischer Ingenieure/innen in Österreich, Wintersemester 2002/2003, S. 8 (Digitalisat).
  12. 1 2 3 4 Franz Gräffer, Conversationsblatt. Zeitschrift für wissenschaftliche Unterhaltung, Band 1, Wien 1821, S. 186 f.
  13. Kaiserl. Königl. Ober-Oesterreichischer Hof- und Landesstellen-Schematismus, Innsbruck 1774, S. 107
  14. Constantin von Wurzbach: Semlin, Johann Joseph Freiherr von. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 34. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1877, S. 82 (Digitalisat). Danach wäre er im Jahre 1724 geboren, was mit früheren Angaben einen Unterschied von etwa zehn Jahren ergibt.
  15. Dabei ist nicht gesagt, dass Rosa von Semlin diese Gemahlin war, da Rosa doch erheblich jünger als Joseph von Semlin war. Sie starb 62 Jahre alt am 6. Oktober 1837. Somit wäre Rosa erst 1775 geboren, also zu einer Zeit, als Joseph von Semlin Platzhauptmann zu Kufstein in Tirol war. Eine Heirat mit Rosa vor 1792 ist -wegen ihres postulierten Geburtsjahres- unwahrscheinlich. Und Josephs jüngster Sohn war 1821 bereits pensioniert. Das lässt wahrscheinlich sein, dass die Söhne aus einer früheren Ehe stammten.

License Information of Images on page#

Image DescriptionCreditArtistLicense NameFile
Piktogramm zum Kennzeichnen von Informationen bei einer Wahl/Abstimmung. Own illustration, 2007 Arne Nordmann ( norro )
Public domain
Datei:Pictogram voting info.svg