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vom 24.04.2020, aktuelle Version,

Maria Elisabetha Hügelin

Marienstatue aus Kaiserstein, von Elias Hügel, Modell Ehefrau Maria Elisabetha, 1718

Maria Elisabetha Hügelin (geborene Ferrethin; * 1662 in Kaisersteinbruch, Westungarn, heute Burgenland; † 5. September 1728 ebenda) war italienisch-deutsche Steinmetzmeisterin und Richterin, war Witwe von Steinmetzmeister Martin Trumler und nach dessen Tod Ehefrau des Hofsteinmetzmeisters Elias Hügel.

Maria Elisabetha Ferrethin

Hofburg, Leopoldinischer Trakt, kaiserlicher Auftrag des Vaters

Maria Elisabetha, Tochter von Meister Ambrosius Ferrethi und Maria N. Der Vater war in erster Ehe mit Agatha Bregnin aus der bedeutenden Steinmetzfamilie Bregno – Onkel Antonius war kaiserlicher Hofsteinmetz, Vater Hieronymus war auch Meister der Wiener Bauhütte – verheiratet. Sie erwarben den Besitz ihres 1653 verstorbenen, angeheirateten Onkels Pietro Maino Maderno, nobilitierter Hofbildhauer und Richter. Durch diese Verbindungen zum Hofbauamt erhielt Ambrosius als junger Meister den Großauftrag sämtlicher Steinmetzarbeiten beim „Neuen Trakt“, dem Leopoldinischen Trakt der Wiener Hofburg. Das bestimmte sein weiteres Leben. Seine Frau Agatha verstarb am 28. Januar 1662 mit 24 Jahren.

Kurz darauf heiratete er Maria N. Mit ihr hatte er fünf Kinder, von denen drei Töchter überlebten. Die Erstgeborene war Maria Elisabetha, ein Jahr danach wurde Anastasia geboren. Die Mutter starb mit 40 Jahren am 2. Februar 1674, der wohlhabende Hofsteinmetzmeister heiratete in dritter Ehe die Wienerin Catharina N. Mittlerweile war Maria Elisabetha zwölf Jahre geworden. Die dritte Ehefrau ihres Vaters, Catharina, war 1678 Mittelpunkt eines Gerüchtes, das am 25. August zu einem ernstlichen und scharfen Befehl des Abtes Clemens Schäffer führte, … als wann sich Frau Catharina Ferrethin alda mit einer fleischlichen Unzucht vergriffen hätte … soll die Person, die das Gerücht angefangen 20 Dukaten zu erlegen verbunden sein. Der Vater erhielt 1680 das Amt des Richters im kaiserlichen Steinbruch.

Maria Elisabetha Trumlerin

Martin Trumler aus ihrer italienischen Heimat wurde 1665 Lehrling beim Vater. 1670 erfolgte seine Freisprechung zum Gesellen. Spätestens nach dem Großen Türkenkrieg von 1683 suchte Richter Ferrethi für seine Töchter geeignete Ehemänner, hervorragende Steinmetzen, mit denen er gemeinsam große Aufträge erfüllen konnte. 1684 wurde Maria Elisabetha dem Martin Trumler verheiratet, 1686 Schwester Anastasia dem Giovanni Battista Passerini. Der Ferrethi-Clan arbeitete für den Palatin Paul I. Esterházy, danach viele Jahre für den Fürsten Liechtenstein in seinen Wiener Palästen, auch im Hauptsitz Schloss Eisgrub.

Tod des Vaters

Der Hofsteinmetzmeister Ambrosius Ferrethi, Richter im Steinbruch starb am 22. Februar 1696. Im August 1694 nahm er den Knaben Elias Hügel aus dem Frankenland als Lehrling auf. Er hatte die Kaisersteinbrucher Bruderschaft umsichtig geleitet, jetzt war eine schwierige Situation. Die logischen Nachfolger waren seine Schwiegersöhne, aber welcher von beiden. Die Bruderschaft durfte daran nicht scheitern. In diesen Jahren hatten bedeutende Änderungen stattgefunden, der Nachwuchs an italienischen Steinmetzen hatte stark abgenommen. Deutsche und Österreicher kamen als Lehrlinge und Gesellen. Hier muss auch in der Umgangssprache ein gleitender Wechsel vollzogen worden sein. Das Richteramt übergab man als Kompromiss dem Eggenburger Steinmetz Reichardt Fux, nach etwa 150 Jahren italienisch-schweizerischer Gemeindeverwaltung eigentlich undenkbar.

Witwen-Vertrag von 1682

Es war der Witwe anheimgestellt, das Gewerbe weiterzuführen, oder es aufzugeben. Mit dem Tag, an dem sie einen berufsfremden Mann heiratete, verlor sie das Recht zur Gewerbeausübung. Nach Jahr und Tag musste die Witwe im Falle, dass eine Verehelichung mit einem Steinmetzmeister, oder wenigstens mit einem tauglichen Gesellen ausblieb, die Ausübung des Gewerbes einstellen.

Heirat von Catharina Ferrethin

Die dritte Frau ihres Vaters, sozusagen ihre Stiefmutter, hätte als Witwe leben und durch den Verkauf des Handwerks reich werden können, es gab keine Kinder zu versorgen. Sie traf mit ihren 56 Jahren eine lebensfrohe und zukunftsweisende Entscheidung, der 25-jährige Eggenburger Geselle aus bester Steinmetzfamilie, Johann Georg Haresleben, wurde am 18. November 1696 ihr Ehemann. Das war für die Töchter Maria Elisabetha Trumlerin und Anastasia Passerinin und deren Ehemänner eine unerwartete Situation. Der junge Haresleben vereinigte in sich die hervorragenden Kontakte nach Eggenburg, nach Wien und die an Einfluss und Geldmittel reiche Ferrethin, jetzt stolze Hareslebin.

Martin Trumler, ihr Ehemann, Epitaph, Kartusche mit Freimaurer-Symbol, 1705

1699 starb Fux, das Richteramt war erneut zu besetzen. Immer noch waren Trumler und Passerini die logischen Kandidaten. Haresleben war am Großauftrag für Schloss Schönbrunn beteiligt und noch zu jung. Passerini wurde neuer Richter im kaiserlichen Steinbruch. Der Grund lag im privaten Umfeld. Die Trumlerin hatte in diesen Jahren drei Kinder geboren, mit zwei Söhnen war die Nachfolge gesichert und die Passerinin hatte keine Kinder, als Ausgleich die Würde des Amtes. Passerini kam von auswärts und hatte sein Kaisersteinbrucher Gut selbst erworben, er war frei und unabhängig.

Nachkommen

Am 20. März 1705 starb Martin Trumler mit 54 Jahren. Maria Elisabetha war 43 Jahre alt, der älteste Sohn Franz 18, Maria Regina 15, Ambrosius 13, Thomas 3 und Maximilian wurde am 6. Oktober 1705 geboren. Maria Elisabetha, jetzt die Steinmetzmeisterin, hatte sich nach der Zunftordnung wieder zu verheiraten. Einige Jahre später hätte sie das Handwerk ihrem Sohn übergeben können, aber er war noch Lehrling.

Heirat von Maria Elisabetha

Sie wählte den Gesellen Elias Hügel, der aus Gemünden am Main im Frankenland zugewandert war. Am 14. November 1706 heirateten beide. Der junge deutsche Handwerksgeselle heiratete in eine italienische Familie, aber Elias war darauf vorbereitet, denn seine Bezugspersonen waren Ferrethi, Trumler und Passerini. Sein erster uns bekannter Auftrag war 1713/1714 eine großangelegte Dreifaltigkeitssäule in Neusiedl am See. Sein weiterer beruflicher Weg war eng mit Haresleben verbunden.

Heirat des Meisters Haresleben

Die alte Hareslebin starb im August 1707, Meister Haresleben arbeitete für den Hof und den Adel in Wien. Der Witwer, 37 Jahre alt und auf dem besten Wege, der Erste im Kaisersteinbruch zu werden, erwählte Maria Regina, ihre 19-jährige Tochter, zu seiner neuen Ehefrau. Am 1. Mai 1708 heirateten sie in der Kaisersteinbrucher Kirche.

Heirat von Anastasia Passerinin

Der Richter Giovanni Battista Passerini, ihr Schwager, starb am 9. Juni 1710. Sein Ansuchen, das Richteramt vorzeitig zurückzugeben, wurde 1708 vom Abt genehmigt. Nachfolger wurde Sebastian Regondi, ein Italiener der zweiten Generation im Steinbruch.

Witwe Anastasia Passerinin, frühere Richterin, hatte sich wieder zu verheiraten. Mit Simon Sasslaber blieb die Kontinuität gewahrt, auch er war ein Lehrling ihres Vaters und nur zehn Jahre jünger als sie. Diese Heirat fand 1712 statt.[1] Durch diese Heiratspolitik ergab sich die künftige Arbeitsgemeinschaft, zu der noch Maria Elisabethas Sohn Franz Trumler hinzukam. Ein wichtiges Ereignis im kaiserlichen Steinbruch war der Großauftrag der Karlskirche sowie zusätzliche Arbeiten für das Untere Schloss Belvedere. Sie alle bildeten eine Steinmetz-Gesellschaft unter der Leitung von Hans Georg Haresleben, mit ihm Elias Hügel.

Karlskirche, Auftrag ihres Ehemannes

Mit 45 Jahren starb Haresleben am 24. Juli 1716. Elias Hügel war mit 35 Jahren ein junger Steinmetzmeister und hatte diese Organisationsaufgaben zu übernehmen. Damit begann die Karriere eines Kaisersteinbrucher Handwerker-Künstlers.

Richterin Maria Elisabetha

Seine Frau Maria Elisabetha wusste aus ihrer Kindheit von der Haushaltsführung eines kaiserlichen Hofsteinmetzmeisters und Richters, war längst eine vollwertige Meisterin und unterstützte den aufstrebenden Meister und werdenden Künstler. Eine seiner Bildhauerarbeiten ist die Marienstatue (obiges Bild), nach Maria Elisabetha modelliert. Als Nachfolger von Johann Paul Schilck übte er ab 1722 das Richteramt aus.

Taufpaten

Maria Elisabetha Hügelin war im Steinbruch eine oft erbetene Taufpatin, hier ein auswärtiges Beispiel im Taufbuch der Pfarre Purbach:

Am 19. August 1722 ist Elias, des Michael Reichardt und Ursula, seiner Ehewirtin Söhnlein getauft worden. Gefattersleith Elias Hügel, Steinmetz aus dem Steinbruch und Maria Elisabeth, seine Haufrau.
Dazu Hans Kietaibl: Michael Reichardt war ein Halblehensbauer. Wieso er den Steinmetzmeister Hügel gekannt hat? Vielleicht hat er Wein bei ihm gekauft.

Tod

Am 5. September 1728 starb Maria Elisabetha Hügelin, ihr Epitaph ist in der Seitenkapelle der Kaisersteinbrucher Kirche neben dem des Meisters befestigt. In der Inschrift steht:

… LIG DA BEGRABEN TUGENDSAM, FRAU MARIA ELISABETHA HÜGELIN WAR MEIN NAM, GEWESTE RICHTERIN UND STEINMETZMEISTERIN ALHIER …

Archivalien

  • Stift Heiligenkreuzer Archiv, Rubrik 51: Kirchenbücher, Register, Steinmetz.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Archiv Stift Heiligenkreuz 51/II/5: Stiftung der Anastasia Sasslaberin vom 18. Oktober 1719. In Mitteilungen Nr. 11, September 1991, S. 13–15.