Toplitzsee Neuhaus,Steiermark #
Still und tief - Wieviel Geheimnisse birgt er noch?
Fest steht, dass er mit einhundertzwei Metern der tiefste aller steirischen Salzkammergutseen ist
(der Traunsee im oberösterreichsichen Salzkammergut ist mit 191 deutlich tiefer; )
überraschend, weil er zu den kleinsten von ihnen zählt. Kein Wunder, begrenzen doch über hundert Meter hohe senkrechte Felswände den See an mehreren Seiten, und es ist nur logisch, dass sie sich auch unterhalb der Wasseroberfläche entsprechend fortsetzen.
Waren Sie schon einmal Anfang Mai dort, und haben Sie die unzähligen leuchtendgelben und betörend duftenden Aurikeln auf diesen Wänden in winzigen Nischen blühen sehen? Wenn nicht, sollten Sie dies unbedingt nachholen!
Still und romantisch liegt das Restaurant „Fischerhütte" - außer einigen Bootshütten - am Ufer, so gut getarnt, dass man den Holzblockbau nur vom Wasser aus fotografieren kann.
Vom Wasser aus?
Ja, denn da gibt es die beiden motorbetriebenen Plätten, die den Besucher nach hinten zum Kammersee bringen: Nach den „Aurikelwänden" ist das nächste Schaustück der Wasserfall, der von der Vordernbach-Alm herunterkommt. Vor allem zur Schneeschmelze sind die stürzenden Wasserschleier überaus imposant.
Noch interessanter muss dieses "Schauspiel" gewesen sein, als die Klause der Holztriftanlage auf der Hinteren Vordernbach-Alm geöffnet und die Holzstämme schließlich in freiem Fall in den See hinauskatapultiert wurden. Dieses Spektakel zog damals immer viele Schaulustige an. Dann wurden die Baumstämme auf dem Wasserweg bis zum Grundlsee weitertransportiert. Damit genügend Schwellwasser für die Trift zur Verfügung stand, war auch der Toplitzsee an seinem westlichen Ende durch eine Klause abgesperrt, die noch jetzt funktionsfähig ist. Auch der Grundlsee hatte eine solche Klause, von der aber nur mehr Teile bestehen.
Lässt man sich nun mit der Plätte von der "Fischerhütte" weg über das dunkle Wasser des Toplitzsees nach hinten zum Kammersee fahren, dann wird man der Schatzsucher gedenken, beginnend mit der Tauchboot-Expedition des deutschen Meeresbiologen Hans Fricke: Er entdeckte schon vor rund zwanzig Jahren eine neue Wurmspezies, kam im Jahre 2001 mit seinem Mini-U-Boot wieder und fand im "faszinierenden Unterwasserwald treibender Baumstämme" (wie er die geheimnisvollen Tiefen des Toplitzse bezeichnete) neue Bakterienarten.
Im Jahr zuvor weilten Amerikaner mit dem "Hi-Tech-Team" des US-Bergeunternehmens "Oceaneering" einige Wochen am See und wühlten mit einem Tauchroboter dessen Grund um. Es ging ihnen nicht um Gold, das die Nationalsozialisten dort 1945 angeblich versenkt hatten, sondern um verlötete Metallkapseln mit den geheimen Schweizer Kontonummern geraubten NS-Vermögens. Sie behaupteten, außer einer Kiste mit Bierflaschenverschlüssen nichts gefunden zu haben; allerdings brachen sie das Unternehmen in sehr fröhlicher Stimmung urplötzlich ab. - Haben sie vielleicht doch etwas entdeckt? Vorläufig bleibt dies ein Geheimnis...
So unglaublich es klingt, aber ab etwa sechzig Metern Tiefe ist das Wasser des Toplitzsees eine hochkonzentrierte Salzlake. Schließlich befinden wir uns im Salzkammergut, wo das "weiße Gold" scheinbar überall vorkommt: in den Felsklüften, im Wasser... Der Wassermann vom Grundlsee hatte es versprochen:
Vor langer, langer Zeit lebten an den Ufern des Grundlsees nur Fischer und Jäger. Eines Tages zogen sie mit ihren Einbäumen wieder einmal hinaus, um ihre Netze auszuwerfen. Statt der flinken Saiblinge zappelte aber ein riesiger Fisch im Netz, den sie unter großen Anstrengungen ins Boot zogen: Ein häßlicher Kopf mit grünen Haaren, darauf ein Kranz aus Seerosen und Schilf, große Glotzaugen, ein breiter Mund mit grünen Zähnen, endlich ein langer Bart. Statt der Füße aber hatte er einen Schwanz. Zornig fauchte er sie an, ihn sofort wieder ins Wasser zu lassen. Als ihn die verblüfften Fischer zuerst einmal damit begossen, wurde er aber freundlich und sagte zu ihnen: "In euren Bergen lagert Kern; salzhantig rinnt 's her, und bei den zwei See-Traunen raucht's." Dann machte der Wassermann einen Satz und verschwand wieder in seinem Element. Von dort hörten sie noch lange: "salzhantig, salzhantig". Was konnte das nur bedeuten? Auf einmal rief einer der Fischer: "Sandling meint er, Sandling!"
Und dem war auch so. Sie suchten auf dem Sandlingberg nach Salz und fanden es...
Nun aber gelangen wir mittels der Plätte über den Toplilzsee zum Kammersee. Von der Anlegestelle sind es nur fünf Minuten über einen felsigen Pfad zum kleinen, fast kreisrunden, tiefgrünen Gewässer, das von steilen Felswänden umschlossen ist und als eigentlicher Ursprung der Traun gilt, wenngleich sein Abfluß heute unterirdisch in den Toplitzsee mündet. Die Ausdehnung des Kammersees ist im Sommer und Herbst unansehnlich, und die Ufer sind veralgt. Anders aber im Frühjahr, wenn die Wassermenge ein vielfaches gegenüber jener der Trockenzeit beträgt und sich der Seespiegel wesentlich höher präsentiert.
Nach Unwettern kann sich alles schlagartig ändern. So stieg zum Beispiel beim Hochwasser des Jahres 1977 der Spiegel des Kammersees um unglaubliche sechzehn Meter! - Die Einwohner von Wienern können am Südostende des Grundlsees den Teil einer Felswand oberhalb des Kammersees einsehen, aus der sich nach längeren Regenfällen plötzlich ein Wasserfall ergießt (ähnlich wie bei den "Magiern" am Allausseer See). Auch 1977 war dies der Fall.
Vom Mittelalter an bis vor etwa neunzig Jahren war jedoch die Situation am Kammersee eine andere. Der Wasserspiegel war auch in der trockenen Jahreszeit wesentlich höher, und der kleine Felsrücken, den der Verbindungspfad zwischen Anlegestelle und Kammersee überwindet, erwies sich als Hindernis beim Holztransport hinaus zum Toplitzsee. Den interessanten und geheimnisvollen Kammersee-Kanal, neben dem der Pfad heute zwischen den beiden Gewässern verläuft, gab es damals noch nicht. Dabei war der Holzbedarf der Sudpfannen schon im Mittelalter ein gewaltiger, und im Hinterland des Kammersees gab es prachtvolle, noch unangetastete Urwälder.
So warf im 16. Jahrhundert der besonders umtriebige und tüchtige Salzverweser Praunfalk, der auch für die Holzbeschaffung zuständig war, immer wieder begehrliche Blicke auf die dichten Wälder hinter dem Kammersee. Wie aber das Holz unter vertretbarem Aufwand zum Toplitzsee bringen?
Praunfalk war ein Freund radikaler Lösungen: er verlangte von Kaiser Ferdinand I. Geldmittel für den Bau eines Triftkanals. Tausend oder zweitausend Arbeiter konnten mit Hammer und Meißel ein derartiges Objekt innerhalb von vier Jahren fertigstellen, hingegen wurde es fünfzig Jahre dauern, das Holz am menschlichen Buckel vom Kammersee herauszuschleppen, schrieb er an den Monarchen. Dieser zögerte, und Praunfalk starb, aber bald nach seinem Tod wurde das beachtliche Unternehmen begonnen und nicht einmal drei Jahre später vollendet. - Angeblich mußten Strafgefangene diese "Sisyphusarbeit" erledigen, aber Genaueres kann darüber heute nicht mehr gesagt werden.
Die Triftanlage funktionierte bis in unser Jahrhundert, doch dann bildete sich unter dem Kammersee ein Abfluß, der Kanal trocknete aus und ist heute nur mehr ein beachtenswertes Denkmal großartiger Arbeitsleistung ohne modernes technisches Gerät.
Es gibt Fotos, auf denen alle drei Seen hintereinander aufgefädelt sind: Kammersee, Toplitzsee und Grundlsee. Aber nicht aus dem Flugzeug aufgenommen - das ginge gegen die Ehre eines Bergwanderers. Der Standort, von dem aus alle drei Gewässer zugleich in den Sucher des Fotoapparates kommen, befindet sich auf einer lohnenden Wanderung, die als Wandertip am Ende dieses Kapitels verraten wird ... und das Bild ist als erstes links oben zu sehen.
In den Felswänden oberhalb des Kammersees bzw. unter seiner Oberfläche befindet sich der Traun-Ursprung, wird immer wieder behauptet. Das ist aber nicht richtig, denn, wie man sich selbst überzeugen kann, fließt aus dem Toplitzsee nur etwa die Hälfte jener Wassermenge ab, die in den Grundlsee einströmt.
Die andere kommt aus den etwa 500 Meter Luftlinie entfernten Stimitz-Quellen am Rand der Gößler Wiesen. Es ist ein Erlebnis, die gewaltigen Wässermengen hier direkt aus dem Waldboden hervorsprudeln zu sehen und ihren Lauf das kurze Stück bis zur Mündung in den Grundlsee zu verfolgen: Da gibt es wenige hundert Meter später den melancholisch-romantischen Platz der Ranftl-Mühle, bei der sich die Wassermassen durch einen engen Felsschluff zwängen - und zwar mit solcher Gewalt, daß ein ständiger Sprühregen sogar das Fotografieren erschwert.
Der Ort ist düster und feuchtkühl, und es mag verwundern, daß sich der Maler Johann M. Ranftl (1804-1854} die Mühle als Feriendomizil ausgebaut hat. Vielleicht hat aber zu seinen Zeiten kein Wald das Gestade der Stimitz-Traun bedeckt.
Nunmehr hat der Tourismusverein dankenswerterweise dem Mühlrad seine Funktion wiedergegeben, und so ist die Mühle mit ihrem unterschlächtigen Wasserrad nicht nur für Kinder wieder sehenswert geworden.
Ehe wir aber den Bereich des Toplitzsees endgültig verlassen, wandern wir noch einmal von Gößl zum See hinein: Hübsch ist die alte bauliche Substanz der ausschließlich aus Holz erbauten Gößler Bauernhäuser mit den kleinen verglasten Veranden, die hier "Brückl" genannt werden, und dem Spalierobst an der Sonnseite.
Die letzten Häuser ducken sich bereits unter die mächtige Gößlerwand, unter der wir nun entlanggehen und den Kopf weit zurückstrecken müssen, um den oberen Felsrand betrachten zu können.
Bei Sonnenschein ist sie hell ausgeleuchtet, an lauen Mittsommerabenden schwärmen Glühwürmchen um die Felsblöcke am Fuß der Wand und verzaubern diesen Wegabschnitt restlos. Das letzte Stück geht es durch Wald entlang der glasklaren Toplitz-Traun, und dann haben wir auch schon die Klause des Toplitzsees erreicht.
Die Wand wird heute als Kletterschule benutzt.
Gleich ein Stück oberhalb, vielleicht nach fünf Gehminuten, ist ein geologisches Phänomen zu bestaunen: eine Gletschermühle aus der Eiszeit. Hier hat der gewaltige Gletscher seine Spuren hinterlassen. Seine Schubkraft sowie sein Schmelzwasser haben Steine und Grus wirbelnd in das Kalkgestein gespült und so unglaublich exakte, einen Meter tiefe und drei Meter im Durchmesser große Gesteinswannen ausgeschürft. Sie sind für den Laien das Spektakulärste am "Geologischen Lehrwanderweg", der vom Westufer des Grundlsees bis zum Toplitzsee führt und in Schautafeln die extrem hoch reichende Vergletscherung während der Eiszeiten demonstriert. Wo heute Saiblinge und Forellen schwimmen, tummelten sich dereinst nur Gletscherflöhe... eine merkwürdige Vision.
Schlussendlich müssen wir noch dem Gedenkstein an Erzherzog Johanns "Liebe auf den ersten Blick", nur wenige Meter von der Seeklause entfernt, einen Besuch abstatten. Dass man berühmten, wichtigen und beliebten Zeitgenossen, so auch dem zu Recht verehrten Erzherzog Johann, Denkmäler setzt, ist nichts Besonderes. Dass man aber einen Gedenkstein nur der Stelle einer ersten zufälligen Begegnung widmet, ist doch bemerkenswert.
Am 19. Juli 1819 sah Erzherzog Johann dort zufällig - nur für wenige Augenblicke - seine spätere Gemahlin, die Postmeisterstochter Anna Plochl.
Freilich waren die Einheimischen darüber begeistert, daß ein Sproß des Kaiserhauses eine Bürgerliche heiratete, und so setzten die Ausseer schon zu Lebzeiten des Erzherzogs den noch heute bestehenden Gedenkstein am Toplitzsee, der allerdings das falsche Datum der Begegnung (sie erfolgte am 22. August) trägt. An jenem Tag wurde dem "Brandhofer" nämlich die eben fertiggestellte Gößler Kirche gezeigt. Und in seinem Tagebuch berichtete er: "Von da ging man die paar Schritte zum Grundlsee, wo alle ein großes Schiff, das mehr einem schwimmenden Gartenhaus glich, bestiegen, um die kurze Fahrt zum Gasthaus Ladner anzutreten." Dieses Schiff war mit einer Galionsfigur geschmückt, die eigens zu diesem Anlaß vermutlich von Johanns Leibmaler Matthäus Loder geschnitzt wurde. Sie befindet sich noch heute im Besitz der Grafen Meran und zeigt ein Drachenhaupt mit dem aufgesetzten doppelköpfigen kaiserlichen Adler.
Im August 1935 wurde hier eine Gedenkfeier abgehalten, an der tausende Festgäste teilnahmen. Und am gleichen Tag wurde im Kurpark von Aussee unter festlichem Gepränge das Erzherzog Johann-Denkmal enthüllt.
Wandertip zum DREI SEEN-BLICK: #
Vorbei an der Ranftl-Mühle folgen wir dem Waldweg nach hinten, bis wir zu den Widerlagern einer kleinen Brücke gelangen, die seinerzeit den nunmehr trockenen Graben überbrückte. Hier beginnt ein alter Waldweg, der parallel zum Toplitzsee auf den sog. "Kammerboden" führt. In angenehmer Steigung geht es gut eine Dreiviertelstunde gemächlich bergauf, bis wir schließlich eine Forststraße erreichen. Wir begehen sie bis zu ihrem Ende am "Kammerboden" oberhalb des Kammersees. Knapp vorher sehen wir Steindauben, denen wir nun auf gutem Fußsteig in weitem Bogen aufwärts folgen. Es handelt sich um den alten Jagd-Reitweg hinauf zur "Lacken-Jagdhütte", den auch Kaiserin Elisabeth öfters gegangen ist (geritten ist sie nämlich nur in den Ortsbereichen!}. Wir aber wandern nicht so weit, sondern nur bis zum sog. "Kammertret", wo wir bereits den begehrten Drei Seen-Blick genießen können. Für den Aufstieg benötigen wir an die 2 Std. (Österreichische Karte Nr. 97, Bad Mitterndorf).
Ergänzungen#
Der See entwässert über den Toplitzbach zum Grundlsee im Westen; nächstgelegener Ort ist Gößl (720 m) am Grundlsee. Zwischen 1943 und 1945 unterhielt die deutsche Kriegsmarine eine waffentechnische Versuchsstation am Ufer des Toplitzsees und erprobte Minen und andere Waffensysteme. Zu Kriegsende wurden Kisten mit gefälschten englischen Pfund-Banknoten, mit denen die englische Wirtschaft hätte geschwächt werden sollen, im See versenkt. Seitdem gibt es immer wieder Gerüchte und Spekulationen, im See seien auch Goldreserven des Dritten Reichs und Kunstgegenstände versenkt worden. Zahlreiche Tauchgänge, auch mit Klein-U-Booten, fanden aber bisher nur Falschgeldkisten und Kriegsrelikte, sowei Kistem mit Dokumenten, die eignetümlicher Weise nie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Ob noch mehr im See ruht ist bis heute nicht endgültig geklärt, doch ist der See für Hobbytaucher noch immer gesperrt.
Der See wird von zwei Wasserfällen sowie einem unterirdischen Zufluss vom Kammersee gespeist und liegt zwischen dem Kammersee (Traunursprung) und dem Grundlsee.
Von Bad Aussee kommend kann man den Grundlsee entlang bis nach Gössl fahren und von dort aus führen zwei etwa 1600 m lange Wanderwege zum Toplitzsee: entweder die Straße vorbei an der kleinen Kirche durch das Dorf Gössl mit dem anschließenden Waldweg entlang der 180 m hohen Gössler Wand oder der Waldweg mit dem Abstecher zur romantischen "Ranftlmühle".
Zum Kammersee gelangt man nur per Schiff (Linienschifffahrt mit sog. Plätten), da das Umrunden des Sees aufgrund der Topografie zu Fuß unmöglich ist.
Weiterführendes#
- Kratzer, A.: Stilles Wasser mit goldiger Schatzkiste (Essay)
- Hinterbachfall am Toplitzer See (1897) (Die Eherne Mark)
Literatur#
- M. Köberl, Der Toplitzsee, 1990
Quellen#
- Hilde und Willi Senft: Geheimnisvolles Salzkammergut. Magisches, Besonderes, Kurioses und Unbekanntes. Leopold Stocker Verlag, Graz 2002; 2. Auflage 2003.
- Ergänzungen von Hermann Maurer auf der Basis von Informationen im Austria-Forum