Datierung#
Ziegelgitter an Wirtschaftsgebäuden in unserem Raum entstanden wahrscheinlich seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts, seit man begann, die bis dahin hauptsächlich aus Holz bestehenden Gehöfte nach und nach durch das Errichten von Mauerwerksbauten zu erneuern. Das geschah vor allem unter dem Aspekt der höheren Sicherheit, die diese Bauweise gegen Brandgefahr bot — denn neue Gegebenheiten in sozialer, politischer und auch wirtschaftlicher Hinsicht begannen auf das ländliche Siedlungswesen Einfluß zu nehmen —. So wurde beispielsweise 1832 die erste Brandschadensversicherung für Innerösterreich gegründet, ,,....., die durch ihr Prämiensystem nachhaltig auf die Bauerhaltung und Baugestaltung ... zurückwirkte" (Moser 1974, 138). Außerdem setzten sich im Laufe des vorigen Jahrhunderts professionelle Maurermeister langsam auch im ländlichen Raum durch.
Besonders in Kärnten und in der Obersteiermark waren es vorwiegend solche italienischer Herkunft, von denen uns einige namentlich durch Inschriften in den von ihnen erbauten Stallscheunen überliefert sind. Es finden sich jedoch auch Wirtschaftsgebäude in Massivbauweise nachweislich älteren Jahrganges (z.B. einige zum Schloss Freiberg gehörige Bauten), die mit Ziegelgittern ausgestaltet sind. Wann diese jedoch in das Gebäude eingefügt wurden, oder ob sie vielleicht zum ursprünglichen Bestand gehörten, ist kaum eruierbar. Lüftungsgitter wurden wohl des öfteren nachträglich eingebaut oder auch erneuert, denn ihre Lebensdauer ist begrenzt und hängt sehr stark von der Qualität des verwendeten Materials und der anfallenden Feuchtigkeit ab.
So kann die Datierung eines Gitters meist nur als gesichert gelten, wenn das Gitter selbst die Jahreszahl der Errichtung enthält; bei nachträglich angebrachten Daten handelt es sich gewöhnlich um das Renovierungsdatum.Auch die unterschiedlichen Formate der verwendeten Ziegel helfen uns nicht weiter. Vor dem Reichsformat bzw. dem heutigen Ö-Norm-Format mit 25 x 12 x 6,5 cm wurde zwar meist das ungefähre Format 29 x 14 x 6,5 cm verwendet; neben diesem gab es jedoch eine große Zahl von oft stark abweichenden Formaten, die zeitlich nicht gereiht werden können, da die Ziegel, besonders auf dem Lande, meist an Ort und Stelle oder in der näheren Umgebung und vielfach in eigenen Formen handgeschlagen, getrocknet und gebrannt wurden.
Aufzeichnungen, Wirtschaftsgebäude betreffend, sind in Archiven kaum vorhanden. Auch die mündliche Überlieferung ist spärlich; besonders beeinträchtigt durch Besitzerwechsel verschiedenster Ursache. Wo direkte Vorbilder der Ziegelgitter unseres Raumes in ihrer vielfältigen Ausformung zu finden sind und wo die Anfänge dieser Technik bei uns liegen, bleibt also vorläufig noch weitgehend im Dunkeln.
Herr Prof. Dr. L. Kretzenbacher (Universität München) wies bei einer brieflichen Erörterung dieses Problems darauf hin, daß ,,große Scheunen der Stifte und Klöster, der Gutshöfe und Adelssitze als Vorbilder gedient haben könnten", so etwa vor allem im Bereich von Stainz (Weststeiermark) von St. Lambrecht oder im oberen Murtal. Im Wirtschaftsbereich des vorzüglich gelenkten Erzbistums Salzburg seien, anscheinend bewußt gesteuert, die steinernen Speicherbauten anstelle hölzerner „Troadkästen" errichtet worden, die etwa den Lungau noch heute kennzeichnen. Der Einfluß der Wirtschaftsgebäude von Stiften auf die nachgeordneten Landwirtschaftsbetriebe sei nicht zu verkennen. — Dies sind überaus interessante Anregungen, die seitens der Architekturgeschichte höchste Beachtung verdienen und den vieldiskutierten Begriff des „gesunkenen Kulturgutes" anklingen lassen. Hier jedoch sollen zunächst nur die Phänomene selbst dokumentiert und systematisch erfaßt werden, ehe darangegangen werden kann, aus ihnen weiterreichende Folgerungen zu ziehen.
© Bild und Texte Hasso Hohmann