Haustechnische Funktionen#
1) Belüftung#
Neben allen anderen Aufgaben, welche den besprochenen Ziegelgittern zukommen, ist die der Belüftung des Gebäudeinneren und damit verbunden auch des eingelagerten Materials die wichtigste. Sicherlich wurde auch bei der Anlage der gesamten Scheune darauf Bedacht genommen, indem man die Hauptwindrichtungen berücksichtigte. - Fäulnisprozesse, die durch Feuchtigkeit im Heu hervorgerufen werden, können zu einer solchen Wärmeentwicklung führen, daß sich das Material selbst entzündet. Eine konstante, direkte und konzentrierte Sauerstoffzufuhr durch eine große Öffnung z. B. kann diesen Selbstentzündungseffekt noch begünstigen. Das Heu sollte also prinzipiell schon möglichst trocken eingebracht, außerdem jedoch ständig und gleichmäßig belüftet werden, da mitunter selbst trocken eingebrachtes Heu durch witterungsbedingtes Abkühlen durchfeuchtet werden kann. Die Fähigkeit der Luft, eine gewisse Menge Wasser aufzunehmen, wird bekanntlich durch Abkühlung reduziert. Die Luft gibt dann den überschüssigen Wassergehalt als Kondenswasser an das Heu ab. Um diese unbedingt notwendige luftige Lagerung der Ernte zu gewährleisten, hat man je nach Bauweise und Klima verschiedene Arten der Außenwandgestaltung von Bergeräumen entwickelt. Bei Scheunen in Holzbauweise besteht die Durchlüftung der Wand meist aus einer vertikalen Verbreiterung, die senkrechte, schmale Schlitze zwischen den einzelnen Brettern aufweist. Diese Wandausbildung kommt auch noch zur Anwendung, wenn die tragenden Teile der Scheune in Mauerwerk ausgeführt sind. Bei Scheunen aber, die in Massivbau weise errichtet sind, werden die großen Maueröffnungen oft durch horizontal angeordnete und nach außen geneigte Holzlamellen ausgefacht. Bei solchen gemauerten Scheunen trifft man in manchen Gegenden auch auf nebeneinander gestaffelte lange schmale vertikale Mauerschlitze, die allerdings bei ungünstigem Wind kaum Schutz vor Regen bieten. Außerdem finden sich hier aus neuerer Zeit auch quer im Mauerwerk versetzte Hochlochziegel oder entsprechend eingefügte Drainagerohre anstelle von Ziegellüftungsgittern. Der Vorteil des Ziegelgitters gegenüber anderen Arten der luftigen Außenwandgestaltung von Scheunen Hegt nun darin, daß es tragend ausgebildet fast das gesamte Mauerwerk ersetzen kann und dabei eine nahezu ideal gleichmäßige Belüftung des ganzen Bergeraumes ermöglicht. Außerdem birgt der Ziegel in sich vom Material her dank seiner klimaregulierenden Eigenschaften erhebliche Vorzüge. Auf Grund seiner porösen Struktur kann er Feuchtigkeitsschwankungen ausgleichen. Im Extremfall kann sogar ein gewisser Prozentsatz der in der Luft schwebenden Wasserteilchen bei kurzfristigem Nebeleinfall durch die besonders große Kontaktoberfläche eines Ziegelgitters von der Wand aufgenommen werden. Die Eigenschaft, ein guter Wärmespeicher zu sein, wirkt sich im Abschwächen der Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht aus. Dieser Ausgleicheffekt ist umso stärker,je weniger Wind auftritt und umgekehrt. Da bei großen Temperaturdifferenzen auch die Feuchtigkeitsschwankungen, speziell in den Randzonen des Heus, groß sein können, ergänzen sich der Durchlüftungseffekt und der Temperaturausgleichseffekt günstig.2) Regeschutz#
Bei allen Methoden, das Heu zu durchlüften, ist der gleichzeitige Schutz gegen Regen sehr wichtig. So sind jedenfalls schmale, horizontale Schlitze günstiger als vertikale. Statisch gesehen verhält es sich allerdings umgekehrt. Es können nun eine Fülle von Gitterkonstruktionen beobachtet werden, die aus dem Kompromiß zwischen statischer Notwendigkeit und der Forderung nach Schutz vor Regen entstanden sind, und es fällt auf, daß sich vor allem die Ziegelgitter durchgesetzt haben, die neben anderen Vorzügen auch gegen Regen guten Schutz bieten. Ja, sicher nicht zuletzt aus diesem Grund - weil sie nicht allen Anforderungen entsprachen - sind oft ausgefallene und mitunter sogar sehr schöne Gitterformen selten oder nur einmal anzutreffen. In vielen dieser Fälle ist dann im Innern nachträglich eine Verbreiterung, eine flache Hintermauerung oder ein versetztes, zweites Gitter hinzugefügt worden. Gerade die Technik, zwei irn Muster gegeneinander versetzte Ziegelgitter hintereinanderzustellen, hat vor allem bei den nichttragenden Typen zu einer großen Zahl sehr reizvoller, zweischichtiger, meist von vornherein so geplanter Gitter geführt.Manchmal auch sind die hintereinanderüegenden Gitterschalen geschickt durch einzelne Binderziegeln ineinander verzahnt.
3) Belichtung#
Durch die meist recht gleichmäßig über das gesamte Mauerwerk verteilten Lüftungs-96 gitterflächen ist bei Tag eine gut verteilte diffuse Belichtung des Innenraumes gewährleistet, die es ermöglicht, ohne künstliche Beleuchtung Heu einzulagern und auch wieder zu entnehmen.
4) Zusammenfassung#
Ziegellüftungsgitter bieten bei relativ geringem Zusatzaufwand, wenn man von besonders komplizierten Gittern absieht, dadurch Vorteile, daß sie bei gleichmäßiger Belüftung und Belichtung des Innenraumes und damit verbundenem Schutz vor Regen auch günstige klimaregulierende Eigenschaften zeigen und daß einige Gitter, nämlich die tragenden, zusätzlich noch je nach Typ, verschiedene statische Funktionen übernehmen können. Die Untersuchung und Darstellung ihrer statischen und haustechnischen Eigenschaften zeigt, daß einer Verwendung auch in der modernen Landwirtschaft nichts entgegensteht.Wenn man bedenkt, mit welchem Energieaufwand Landwirtschaft und hier besonders die Heuwirtschaft betrieben wird, so stellt diese Art der Trockenlagerung von Heu ein bewährtes und sinnvolles Angebot dar, klimatische Gegebenheiten, die Windverhältnisse und die physikalischen Eigenschaften von Baustoffen auszunutzen. Künstliche Heutrocknungsanlagen werden mit erheblichem Energieaufwand betrieben, wobei diese Energie noch zusätzlich über weite Strecken herantransportiert werden muß.
© Bild und Texte Hasso Hohmann