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unbekannter Gast

Nikola Tesla#

Von Helmut Hutten


Technik-Student, Jahrhundert-Erfinder#


Ein junger Mann von 25 Jahren ging an einem Februartag des Jahres 1882 mit einem Freund im Budapester Stadtpark spazieren und rezitierte angesichts der untergehenden Sonne die folgende Passage aus Goethes Faust:

Sie rückt und weicht, der Tag ist überlebt.
Dort eilt sie hin und fördert neues Leben.
Oh, daß kein Flügel mich vom Boden hebt,
Ihr nach und immer nach zu streben.
Ein schöner Traum indessen sie entweicht.
Ach, zu des Geistes Flügeln wird so leicht
kein körperlicher Flügel sich gesellen.

Noch während der Vortragende die letzten Worte sprach, durchfuhr ihn wie ein Blitz jener Gedanke, nach welchem Konstruktionsprinzip ein Wechselstrom-Elektromotor gebaut werden mußte. So beschreibt dieser Mann selbst 37 Jahre später in einer autobiographischen Betrachtung jenes denkwürdige Ereignis. Mit diesem Einfall hatte er - nach Jahren des Suchens und des Grübelns - die Tür zum Zeitalter der Wechselstromtechnik geöffnet. Zugleich hatte er mit diesem Einfall auch sein weiteres Leben vorbestimmt - als Ingenieur mit Visionen und Erfinder des Jahrhunderts, dessen Genie als Quelle neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und technischer Entwicklungen auch heute noch fast unerschöpflich erscheint und trotzdem immer wieder in Vergessenheit gerät, bevor es nach solchen Perioden schlaglichtartig wieder in hellem Schein erglänzt. Selbst jenen heutigen Fachkollegen, die auf den von ihm aufgezeigten Pfaden wandeln, ist er weitgehend unbekannt. Dieser Mann war Nikola Tesla, von 1875 - 1878 Student der Technik in Graz.


Kindheit und Jugendjahre#

Nikola Tesla wurde am 10. Juli 1856 in Smiljan in der Provinz Lika im heutigen Kroatien geboren. Zur Zeit seiner Geburt gehörte dieses Gebiet zur österreichisch-ungarischen Monarchie. Seine Eltern waren serbischer Herkunft. Sein Vater war orthodoxer Priester. Nikola hatte drei Schwestern und einen älteren Bruder, der schon in jungen Jahren durch einen Unfall ums Leben kam. Nikola hatte als Kind immer den Eindruck, im Schatten dieses verstorbenen älteren Bruders zu stehen und seine Eltern durch besondere Leistungen beeindrucken und für den Verlust des Bruders entschädigen zu müssen. Nachdem er bereits im Alter von acht Jahren die väterliche Bibliothek entdeckt hatte, entwickelte er eine große Leidenschaft für das Lesen, die ihn über lange Zeit beherrschte. Der junge Tesla wird als Träumer mit einer Neigung zu Poesie beschrieben, wozu später Selbstdisziplin und der Drang nach Genauigkeit gekommen seien. Es war nach der ersten Begegnung mit Edison, den er wegen seiner Erfolge sehr bewunderte, daß Tesla zunächst der Überzeugung war, er habe mit dem vielen Lesen und dem Besuch von Bibliotheken viel Zeit verschwendet („I had studied a dozen languages, delved in literature and art, and had spent my best years in libraries reading all sorts of stuff that fell into my hands, ...“). Bald folgte jedoch die Erkenntnis, daß dieses das Beste war, was er getan hatte.


Schon früh konnte er ganze Gedichtbände auswendig wiedergeben. Zugleich regten die Bücher seine Phantasie und sein Vorstellungsvermögen so an, daß er in der Lage war, sich ganze Phantasiewelten und komplizierte Zusammenhänge direkt visuell vorzustellen. Diese Fähigkeit kam ihm später sehr zugute, denn nach seiner eigenen Aussage konnte er sich den Weg elektrischer Ströme in Maschinen veranschaulichen, ohne dafür Zeichnungen anfertigen zu müssen („The images I saw were to me perfectly real and tangible“).


Sein Vater wird als gebildeter Mensch geschildert, seine Mutter besaß eine ausgesprochen praktische Veranlagung, die sie offensichtlich den Kindern zu vermitteln vermochte. Die Eltern ermöglichten Nikola eine für die damaligen Verhältnisse in ländlichen Gegenden gute Schulbildung. Von 1862-1866 besuchte er die Volksschule in Smiljan und Gospic, anschließend bis 1870 die Realschule in Gospic. Die weiterführende schulische Ausbildung erhielt er 1871-1874 auf der höheren Realschule in Karlovac.


Der mütterlichen Familientradition und dem Beruf des Vaters folgend erwarteten seine Eltern von Nikola, daß er Priester werden würde. Dies entsprach jedoch nicht seinen eigenen Neigungen und Interessen, die mehr auf die Physik ausgerichtet waren. Erst im Zusammenhang mit einer Erkrankung an Cholera gelang es ihm, gewissermaßen als Gegenleistung für das Versprechen der Gesundung, die Zustimmung seiner Eltern zum Physikstudium zu erhalten.


Im Jahre 1859, also drei Jahre nach Nikola Teslas Geburt, starb Erzherzog Johann. Sechs Jahre zuvor wurde in Graz der später so populäre Volksschauspieler und Operettensänger Alexander Girardi geboren, nach dem in Graz eine Gasse benannt ist. Wilhelm Kienzl, der Komponist des „Evangelimann“ kam 1857 zur Welt und zog später nach Graz, wo er etwa zur Zeit von Tesla ebenfalls studierte.


Der damalige Bürgermeister von Graz war Moritz Ritter von Franck, dem ab 1869 die Anlage des Stadtparkes zu verdanken war. Der Landeshauptmann der Steiermark war von 1871-1884 Moritz Edler von Blagatinschegg-Kaiserfeld, der ein Förderer der Wissenschaft war und die Übernahme der Technischen Hochschule durch den Staat unterstützte. Während seiner Amtszeit wurde an der Karl-Franzens-Universität die Medizinische Fakultät eingerichtet.

Peter Rosegger veröffentlichte 1875 den Tagebuchroman "Die Schriften eines Waldschulmeisters", und ab 1876 gab er die Zeitschrift "Der Heimgarten" heraus.


Nikola Tesla an der Technik in Graz#

Nikola Tesla
Nikola Tesla als Technik-Student in Graz (Foto: Nikola-Tesla-Museum)

Von 1875 bis 1878 war Nikola Tesla als Student der Physik an der k.k. Technischen Hochschule in Graz eingeschrieben. Ein Zeugnis, bei dem nachträglich der Geburtstag auf 10. Juli geändert worden ist, weist ihn als eifrigen Studenten aus. Bereits in den Studienjahren 1875/76 und 1876/77 hat er zahlreiche Prüfung abgelegt, fast alle mit dem Prädikat vorzüglich. Unter Nationalität ist im Zeugnis "Serbe" eingetragen.


1874, also unmittelbar vor Teslas Studienbeginn, wurde die bis dahin ausschließlich durch das Land Steiermark finanzierte Hochschule als "Kaiserlich-königliche Technische Hochschule in Graz" vom Staat übernommen. Ab 1878 wurden auch Studienabschlüsse durch Staatsprüfungen möglich. Die Zuerkennung des Promotionsrechtes erfolgte erst 1901.


Im Studienjahr 1873/74 betrug die Zahl der Studenten 294. Die Rektoren zu Teslas Zeiten waren Johann Gottlieb (1874/75), Moritz Allé (1875/76), Heinrich Schwarz (1876/77) und Franz Stark (1877/78).


Nikola Tesla wird in erster Linie als Erfinder auf dem Gebiet der Elektrotechnik gesehen. Allerdings wurde der Begriff "Elektrotechnik" erstmals 1879 von Werner von Siemens nachweislich verwendet. Im selben Jahr kam es auf Anregung von Siemens in Deutschland zur Gründung des Elektrotechnischen Vereins (heute: Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik). Eine Vorlesung über Elektrotechnik wurde an der Technischen Hochschule in Graz erstmals 1896/97 von dem Physiker Albert von Ettinghausen gehalten. Erst 1940 wurde eine Abteilung für Elektrotechnik eingerichtet.


Zur Zeit Teslas wurden wesentliche Inhalte aus der heutigen Elektrotechnik von den Physikern vorgetragen. So hat Tesla bei Professor Pöschl laut Zeugnisprotokoll eine Vorlesung über "Technische Physik" gehört. Er berichtet über einen Vorfall im Rahmen einer Vorlesung bei diesem Professor, der für den weiteren Verlauf seines Lebens entscheidend sein sollte.

Nikola Tesla Studienakt
Studienakt von Nikola(us) Tesla an der Technik in Graz(Foto: Universitätsarchiv TU Graz)
Nikola Tesla Studienakt
Professor Pöschl hatte aus Paris einen von Gramme neuentwickelten Gleichstromdynamo erhalten, den er in der Vorlesung vorführte. Die besondere Eigenschaft der Gramme-Maschine bestand darin, daß sie unmittelbar ohne Kommutator einen Gleichstrom liefern konnte. Während dieser Vorführungen, bei der die Maschine als Motor betrieben wurde, wurden an den Bürsten Funkenüberschläge und dadurch laute Geräusche erzeugt. Tesla machte die Bemerkung, daß es möglich sein müsse, den Motor ohne die Bürsten zu betreiben. Professor Pöschl erläuterte in einer längeren Ausführung, daß dies nicht möglich sei und schloss mit jener Bemerkung, die in Teslas englischsprachiger autobiographischer Darstellung als Zitat wiedergegeben wird: "Herr Tesla mag große Dinge erreichen, aber dieses sicherlich niemals. Das wäre so, als wenn eine in gerader Richtung wirkende Kraft wie die Schwerkraft in eine auf einer Kreisbahn wirkende umgewandelt würde. Das wäre dem Perpetuum mobile vergleichbar, eine unmögliche Idee."

Obwohl Tesla zunächst durch die Autorität des Professors beeindruckt war, ließ ihn der Gedanke nicht mehr los, daß es für dieses Problem eine Lösung geben müsse. Übrigens hat Tesla auch die Vorlesung über Technische Physik mit der Note "vorzüglich" abgeschlossen.


Das bereits erwähnte Studienblatt von Nikola Tesla schließt mit der Eintragung "Wegen Nichtbezahlung des Unterrichtsgeldes für das I. Semester 1877/78 gestrichen".



Nikola Tesla Ehrendoktor-Urkunde
Urkunde über die Verleihung des Titels und der Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften ehrenhalber an Nikola Tesla
Nikola Tesla hat also sein Studium in Graz nicht erfolgreich zu Ende gebracht. Trotzdem hat ihn die Technische Hochschule am 23. Jänner 1937 durch die Verleihung des Ehrendoktorates geehrt. In der Verleihungsurkunde heißt es: "Kraft des den Technischen Hochschulen erteilten Rechtes verleiht über einstimmigen Beschluss des Professorenkollegiums und mit Ermächtigung der Bundesregierung die Technische und Montanistische Hochschule Graz-Leoben, zu Graz unter dem Rektorate von Dr. techn. Architekt Friedrich Zotter, o.ö.Professor für Baukunst, Herrn Ingenieur Nikola Tesla, Dr. techn. e.h. etz., in Anerkennung seiner überragenden Verdienste um die Entwicklung der Mehrphasenstrom-Maschinen- und der Hochfrequenz-Technik den Titel und die Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften ehrenhalber samt allen damit verbundenen Rechten. Gegeben zu Graz, am 23. Jänner 1937."


Wie sehr Tesla auch nach so vielen Jahren der Technischen Hochschule innerlich in Dankbarkeit verbunden geblieben ist, geht aus dem Telegramm hervor, das er aus Anlaß dieser Ehrung gesandt hat. Er schreibt dort u.a.: "... das Ehrendokument in Empfang zu nehmen, welches mir höchst schätzbar ist von Ihrer Hochschule, an der ich unter Leitung von ausserordentlich massgebenden und väterlich geneigten Lehrern meine ungeheure Unwissenheit durch klare Begriffe verminderte. Diesen hochgesinnten Männern schulde ich einen beträchtlichen Teil meines Lebenswerkes; ...". Der Dankesbrief schließt mit den Worten: „Der alte Geist wohnt beständig in Ihren Lehrhallen. Möge Ihre berühmte zeitbeehrte und unübertroffene Anstalt durch kommende Jahrhunderte in stetig erweiterndem Tätigkeitskreise für den Fortschritt und die Verbreitung der Wissenschaft und zum Wohle der Menschheit weiterwirken."




Nikola Teslas weiterer Lebensweg#

Nachdem Tesla seinen Aufenthalt in Graz beendet hatte, hat er offensichtlich eine vorübergehende Anstellung als Hilfsingenieur in Maribor gefunden. In seiner autobiographischen Darstellung erwähnt er lediglich, daß er im Jahr 1880 nach Prag gegangen ist, um dem Wunsch seines Vaters zu entsprechen und sein Studium an der dortigen Universität abzuschließen. Allerdings gibt er in seiner autobiographischen Darstellung keinen Hinweis, ob er das Studium in Prag tatsächlich erfolgreich abgeschlossen hat. Statt dessen betont er, daß ihm in dem Jahr, das auf den Wechsel nach Prag folgte, klar geworden ist, welche großen Opfer seine Eltern erbracht hätten, um ihm das Studium zu ermöglichen, und daß er deshalb beschlossen habe, sie von dieser Bürde zu befreien. Da das aus Amerika kommende Telefon inzwischen den europäischen Kontinent erreicht hatte, bot sich ihm durch die Vermittlung eines Freundes der Familie die Möglichkeit, eine Stelle (zunächst nur als Zeichner zu einer offensichtlich sehr geringen Entlohnung) bei der Telefongesellschaft in Budapest zu bekommen. Nach einer vorübergehenden schweren Erkrankung und bereits wieder auf dem Weg der Genesung beschäftigte ihn erneut das Problem, wie aus dem Gleichstrom-Motor ein Wechselstrom-Motor gemacht werden könne. Für ihn war, wie er selbst schreibt, die Lösung dieses Problems eine Frage von Leben und Tod. Die Lösung hat er dann bei jenem Spaziergang im Budapester Stadtpark im Februar 1882 mit der Entdeckung des Prinzips des Drehfeldes gefunden.


Noch im gleichen Jahr 1882 ging er nach Paris, wo ihm auf Vermittlung eines Bekannten eine Stelle bei der Firma Continental Edison angeboten worden war. Hier fand er Kontakt zu einigen Amerikanern, nach Teslas eigenen Angaben deshalb, weil diese seine Fähigkeiten im Billiardspielen schätzten. Seine Anstellung war mit häufigen Reisen in Frankreich und Deutschland verbunden, um die von dieser Firma installierten elektrischen Anlagen in Betrieb zu nehmen, was offensichtlich in vielen Fällen gleichbedeutend war mit einer Reparatur und technischen Weiterentwicklung. Nachdem er seine Vorschläge zur Verbesserung der Maschinen den Direktoren der Firma vorstellen und diese davon überzeugen konnte, wurde ihm die Möglichkeit gegeben, automatisch arbeitende Reglereinrichtungen zu entwickeln. Als es bei der feierlichen Inbetriebnahme der Beleuchtung für den neuen Bahnhof in Straßburg, in Anwesenheit des deutschen Kaisers Wilhelm I, durch einen Kurzschluß zu einer Explosion gekommen ist und die deutsche Regierung die Abnahme und Bezahlung der Anlage verweigerte, wurde Tesla als Nothelfer dorthin geschickt. Binnen eines Jahres gelang es ihm, die Anlage zu reparieren und in Betrieb zu nehmen.


Zugleich experimentierte er bei jeder Gelegenheit an seinem Drehstrom-Motor weiter und baute erste Modelle. Im Sommer 1883 gelang es ihm in Straßburg erstmals, einen Drehstrom-Motor ohne Schleifkontakte und Stromwender in Betrieb zu nehmen. Sein überragendes technisches Geschick wurde in der Firma bald erkannt, und nachdem er den Vorgesetzten sein Drehstromprinzip erklärt hatte, wurde ihm die Möglichkeit ge¬boten, zu Edison nach Amerika zu gehen. Mitentscheidend für Teslas Entschluß, nach Amerika zu gehen, um mit Edison direkt zusammenarbeiten zu können, war die Enttäuschung darüber, daß es ihm in Paris nicht gelungen war, das für die Weiterentwicklung des Drehstrom-Motors erforderliche Geld aufzutreiben: "Nachdem meine Anstrengungen, zu Kapital zu kommen, um so meine Erfindungen zu verwirklichen, auch in Paris mißlungen waren, und als Herr Batchelor (Direktor der Continental Edison Company in Paris und enger Freund Edisons) darauf bestand, daß ich nach Amerika reisen solle, um die Verbesserungen auch an Edisonmaschínen vorzunehmen, beschloss ich, das Glück im Lande der goldenen Versprechungen zu suchen."

Thomas Alva Edison wurde 1847 geboren. Er übersiedelte 1868 nach New York und gründete dort eine Fabrik. 1882 errichtete er das erste Elektrizitätswerk. Von Edison stammen zahlreiche Erfindungen, insbesondere auf dem Gebiet der Telegraphie. Zu seinen Erfindungen gehören der Quadruplextelegraph (der eine gleichzeitige Übertragung von vier Telegrammen ermöglichte), das Kohlenkörner-Mikrophon, die Sprechmaschine und die Kohlenfadenlampe. Besonders bekannt wurde Edison dadurch, daß er eine Dampfmaschine mit einer Dynamomaschine zur Erzeugung von elektrischem Strom koppelte. Edison war in erster Linie jedoch Geschäftsmann, für den seine Erfindungen (vergleichbar mit Werner von Siemens) eine Möglichkeit darstellten, verkaufbare Produkte herzustellen. Edison war über viele Jahre ein engagierter Vertreter des Gleichstromprinzips, auf dem seine Maschinen und Elektrizitätswerke basierten. Im Prinzip waren die von Edison hergestellten Maschinen mit jenem Gramme-Dynamo vergleichbar, den Tesla schon in Graz für verbesserungswürdig betrachtet hatte und für den er glaubte, mit seinem Vorschlag zur Nutzung des Drehfeldes eine bessere Lösung gefunden zu haben.


Als Tesla im Juni 1884 in New York ankam, war er angeblich nur noch im Besitz weniger Cents sowie einiger selbstverfaßter Gedichte. Er begann unverzüglich seine Arbeit in den Edison Machine Works. Von Edison und seiner Geschäftstüchtigkeit war Tesla zunächst sehr beeindruckt. In kurzer Zeit entwickelte er 24 verschiedene Standardausführungen einer verbesserten Edison-Maschine. Für die Erfüllung dieser Aufgabe waren ihm 50.000 Dollar zugesagt worden. Aber die Enttäuschung war groß, als er dann von Edison erfahren mußte, daß es sich bei dieser Zusage um einen Scherz gehandelt habe. Aus diesem Grund beendete er die Zusammenarbeit mit Edison. Beide Männer waren wohl auch im Charakter zu gegensätzlich. Edison war geschäftstüchtig, mitteilsam und suchte sowohl in der Arbeit als auch in der Freizeit die Gesellschaft anderer Menschen. Tesla wird hingegen als neurotischer Einzelgänger beschrieben, der niemand in seine Arbeit Einblick nehmen ließ. Zu seinen wenigen Freunden gehörten vornehmlich Schriftsteller, u.a. der amerikanische Humorist Mark Twain. Es zeigt sich im Verlauf seines Lebens immer wieder, daß Tesla kein Verhältnis zu Geld hatte und ihm offensichtlich jeder Sinn für Geschäfte fehlte. Außerdem war Edison ein Anhänger des Gleichstromsystems, Tesla hingegen des Wechselstromsystems. Später kam es aus diesem Grund zwischen den beiden Männern, die auf ihre Art beide herausragende Pioniere der Elektrotechnik waren, immer wieder zu erbitterten Auseinandersetzungen.


Nach der Beendigung der Zusammenarbeit mit Edison wurde Tesla von einer Geldgebergruppe finanzielle Unterstützung angeboten, um unter seinem Namen eine Firma zur Herstellung von Bogenlampen zu gründen. Tesla sah darin die Chance, seinen Drehstrom-Motor weiterzuentwickeln. Deshalb sagte er zu, aber seine Geschäftspartner hatten kein Interesse am Drehstrom-Motor, sondern bestanden auf der Entwicklung von Bogenlampen. Er unterzog sich zwar der Aufgabe, das geforderte Beleuchtungssystem zu entwickeln, aber schied schon 1886 nach Abschluß der Entwicklungsarbeiten aus der Firma wieder aus, wobei er nach eigenen Angaben als Abfindung ein Aktienpaket von hypothetischem Wert erhalten habe. Die Firma nutzte auch weiterhin jene Patente, welche Tesla inzwischen für die Bogenlampe erhalten hatte, für die Errichtung von Strassenbeleuchtungen in Städten weiter aus.


Nach einer offensichtlich auch wirtschaftlich schwierigen Phase, auf die Tesla nicht näher eingeht (es gibt Hinweise darauf, daß er zur Fristung seines Lebensunterhaltes in einer Straßenbaukolonne mitarbeitete), fand er Geldgeber, und es kam 1887 zur Gründung der Tesla Electric Company. In dieser Firma konnte Tesla dann endlich jene Drehstrom-Motoren bauen, die er sich bildhaft immer genau so vorgestellt hatte und die keinerlei Weiterentwicklung erforderten. Die Leistung der Maschinen entsprach seinen Erwartungen, der erreichte Wirkungsgrad war jenem der Gleichstrom-Maschinen vergleichbar. Durch die Patente, die Tesla inzwischen angemeldet und erhalten hatte (1887: Drehstrom-Asynchronmotor, Drehstrom-Kraftübertragung, Drehstrom-Synchronmotor, Induktionsmotor mit Kurzschluß- und Schleifringanker; 1888: Drehstrom-Transformator, Anordnung zur Verteilung der elektrischen Energie, Drehstromübertragung über drei Leitungen, Sternschaltung, Einanker-Umformer, Asynchrongenerator, Drehtransformator mit Regelvorrichtung für Induktionsmotoren und Multipolarmaschinen) war er bereits sehr bekannt und zu einem Vortrag am 16. Mai 1888 über „Ein neues System von Wechselstrom-Motoren und Transformatoren“ vor dem "American Institute of Electrical Engineers" eingeladen worden.


Als Folge dieses Vortrages, mit dem Tesla großes Aufsehen erregt hatte, kam er in Kontakt mit George Westinghouse, der ähnlich wie Edison eine große Unternehmerpersönlichkeit war. Es gelang Tesla, Westinghouse davon zu überzeugen, daß die Zukunft nicht der Gleichstrom-, sondern der Wechselstromtechnik gehöre. 1888 schloss Teslas Firma deshalb eine Vereinbarung mit der Westinghouse Company, um die Motoren in größerem Maß zu bauen. Tesla soll dabei für die Abtretung der Nutzungsrechte an seinen Patente an Westinghouse nicht nur eine direkte Entschädigung erhalten haben, sondern zusätzlich in einem festgelegten Ausmaß an den von Westinghouse zukünftig installierten Wechselstrommaschinen beteiligt worden sein. Es wird berichtet, daß die Firma Westinghouse dieser Verpflichtung in einer späteren Phase wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht mehr nachkommen konnte und Tesla, um Westinghouse zu helfen, den er als Freund betrachtete, die getroffenen vertraglichen Vereinbarungen einfach vernichtet habe.


Schwierigkeiten gab es allerdings dadurch, daß Tesla seine Maschinen für niedrige Frequenzen entwickelte hatte, die Ingenieure von Westinghouse jedoch 133 Hz gewählt hatten, um die Übertragungsprobleme zu verringern. Zur Lösung dieser Anpassungsprobleme übersiedelte Tesla vorübergehend nach Pittsburgh. Ende 1889 war seine Aufgabe bei Westinghouse erfüllt, und er kehrte nach New York zurück, wo er in einem Laboratorium mit den Experimenten zur Entwicklung von Hochfrequenzmaschinen begann. Die von Westinghouse erhaltene finanzielle Entschädigung ermöglichte es Tesla, die Experimente zu finanzieren. Die Zusammenarbeit mit Westinghouse ging jedoch über diesen Zeitpunkt hinaus. Die Beleuchtung der Weltausstellung 1893 in Chicago wurde von Westinghouse nach den Vorstellungen von Tesla verwirklicht. Ebenso wurde die Nutzung der Wasserenergie der Niagara-Fälle zur Beleuchtung der Stadt Buffalo im Jahr 1896 durch ein Gutachten einer internationalen Kommission so entschieden, daß Westinghouse die Generatoren nach dem Wechselstromprinzip installierte, während Edison sich mit dem Bau der Verteilungsanlagen zufrieden geben mußte.

Nachdem Tesla 1889 die Weltausstellung in Paris sowie seine frühere Heimat in Jugoslawien besucht hatte, entwickelte er nach seiner Rückkehr die ersten Hochfrequenz-Generatoren mit einer Frequenz bis 20 kHz. Bereits 1890 entdeckte er die physiologische Wirkung hochfrequenter Ströme. Schon den alten Griechen zur Zeit von Plato und Aristoteles war bekannt, daß die von einem bestimmten Fisch, dem Torpedofisch, erzeugte Elektrizität zur Heilung bestimmter Erkrankungen genutzt werden konnte. Das wissenschaftliche Interesse an der sogenannten tierischen Elektrizität war seit den berühmten Untersuchungen von Luigi Galvani (1737 - 1798) an Froschschenkeln erheblich gestiegen. Aber es war wohl mehr eine Zufallsentdeckung von Werner von Siemens im Jahr 1844, die dann zu gezielten medizinischen Anwendungen des elektrischen Stromes führte. Siemens berichtet in seinen Lebenserinnerungen: „Ich hatte diese Modifikation bereits im Jahre 1844 hergestellt und ihr den Namen Voltainduktor gegeben. Es bot sich mir schon damals Gelegenheit, die medizinische Wirkung der in der zweiten Umwindung eines solchen Voltainduktors induzierten Wechsel¬ströme zu beobachten." Werners Bruder Friedrich hatte unerträgliche Zahnschmerzen, die nach der Behandlung mit dem Voltainduktor zumindest vorübergehend verschwunden waren ("... und hatte darauf den seit Wochen nicht gehabten Genuß vollständiger Schmerzlosigkeit"). Da der Schmerz jedoch nicht dauerhaft beseitigt werden konnte, stellte Siemens fest: „Dieser meines Wissens erste Versuch der medizinischen Verwendung elektrischer Ströme hat mir damals ein gewisses Mißtrauen gegen diese Anwendung derselben eingeflößt". Trotzdem entwickelte Siemens bereits 1846 zusammen mit dem Physiologen Du Bois-Reymond den sog. Schlitteninduktor, der jahrzehntelang das bevorzugte Reizstromgerät für Diagnostik und Therapie und zugleich wohl das erste medizin-technische Gerät nach dem heutigen Verständnis war. Allerdings erst mit der Entwicklung von Hochfrequenzgeneratoren durch Tesla wurde der Hochfrequenzbereich für die medizinische Anwendung nutzbar gemacht. Offensichtlich wußte Tesla bereits, daß selbst starke hochfrequente elektrische Ströme und Felder keine Gefahr für den Menschen darstellen.

Nikola Tesla Transormator
Tesla-Transformator für 500 KV Spannungshöhe bei 94,24 kHz Resonanzfrequenz (Institut für Hochspannungstechnik mit Versuchsanstalt, TU Graz)
Er hat diese Kenntnisse immer wieder benutzt, um durch Experimentalvorführungen im Rahmen seiner Vorträge und Laborbesichtigungen, bei denen er sich selbst solchen Strömen und Feldern ausgesetzt hat, die Besucher in Staunen und Schrecken zu versetzen. So berichtet er selbst: "Thus, for instance, I demonstrated that powerful electrical discharges of several hundred thousand volts which at that time were considered absolutely deadly, could be passed through the body without inconvenience or hurtful consequences. These oscillations produced other specific physiological effects, which, upon my announcement, were eagerly taken up by skilled physicians and further investigated. This new field has proved itself fruitful beyond expectation, and in the few years passed since, it has been developed to such an extent that it now forms a legitimate and important department of medical science."

Von Tesla jedoch sind von keine Patente oder Entwicklungen bekannt, die unmittelbar auf die medizinische Nutzung solcher Ströme und Felder hinweisen. Trotzdem beruht der Ruf seines Namens in der Nachwelt vor allem auf den "Tesla-Transformator", einer Vorrichtung zur Erzeugung von hochfrequenten Schwingungen. Die medizinische Nutzung seit 1892 geht in erster Linie auf den Franzosen D’Arsonval zurück, nach dem diese Behandlung D’Arsonvalisation benannt wurde. Die ersten kommerziellen Geräte für die therapeutische Anwendung hat die Firma Siemens bereits 1897 hergestellt.

In der Folge widmete sich Tesla vor allem Experimenten zur drahtlosen Nachrichtenübertragung, die wiederum zu zahlreichen Patenten führten (1891: Erzeugung von Hochfrequenzströmen mit Kondensatorentladungen sowie Hochfrequenz-Transformator). Ebenfalls 1891 erläuterte er in London in Vorträgen vor der "Institution of Electrical Engineers" sowie der "Royal Institution" und in Paris vor der "Société Francaise de Physique" seine Versuche mit Wechselströmen von sehr hoher Spannung und Frequenz, in denen er im wesentlichen die Möglichkeiten der Radiotechnik aufzeigte. In einem Vortrag am 24. Februar 1893 vor dem Franklin-Institut in Philadelphia und am 1. März desselben Jahres vor der „National Electric Light Association“ in St. Louis erklärte er ausführlich das Grundprinzip der Radiotechnik mit Antenne und Erdleitung sowie das Prinzip der Resonanzstromkreise. Es war insbesondere das Resonanzprinzip, das in den folgenden Jahren von Tesla experimentell untersucht und immer wieder ausgenutzt worden ist.


Am 13. März 1895 wurde sein Laboratorium in New York mit den bis dahin entwickelten Radioapparaten durch einen Brand vernichtet. In einem Bericht in der Electrical Review beklagte Tesla seinen Verlust und stellte dabei fest: „I was engaged on four main lines of work and investigation. One of these was the oscillator. Another was improved methods of electric lighting. Another was the transmission of intelligence any distance without wires. A fourth, which is an ever present problem for every thinking electrician, touches the nature of electricity“. Aber bereits 1896 setzte er seine wissenschaftlichen Untersuchungen und Experimente auf dem Gebiet der Radiotechnik in einem neuen Laboratorium in New York fort. Schon im Frühjahr 1897 gelang ihm in New York eine drahtlose Telegraphieübertragung über eine Entfernung von über 20 Meilen. Die Empfangsstation war dabei auf einem Schiff untergebracht, das den Hudson River hinauffuhr. Ein Jahr später, im Frühjahr 1898, demonstrierte er in sehr spektakulärer Weise erstmals die Möglichkeiten der Funkfernsteuerung durch die drahtlose Steuerung eines Schiffes. Die Vorführung fand im September im Madison Square Garden statt, in dessen Mitte ein großer Wasserbehälter aufgestellt worden auf. Mit dieser Vorführung wurde zugleich erstmals die Möglichkeit der ferngesteuerten Robotik aufgezeigt. Für Tesla war es "... der erste Roboter aus dem Geschlecht der mechanischen Menschen, der schwere Arbeit für die Menschen leisten solle."


1899 wurde von ihm dann eine Radiostation mit 200 kW in Colorado gebaut, mit der er drahtlose Telegraphie über Entfernungen von mehr als 1000 km durchführte. Mit dieser Station fand er heraus, was er selbst als seine größte Entdeckung bezeichnete: daß die Erde als leitfähiges Medium zur Erzeugung von Resonanzerscheinungen genutzt und damit Energieübertragung über große Entfernungen erreicht werden konnte. So gelang es ihm, drahtlos 200 Glühbirnen in einer Entfernung von 40 km zum Leuchten zu bringen und Blitze mit einer Länge von 41 m zu erzeugen. Ebenfalls in seinem Laboratorium in Colorado konnte er Signale empfangen, die er als Signale von einem anderen Planeten interpretierte.


Mit dieser Idee der drahtlosen Übertragung von Energie und Information gelang es ihm, den Bankier J. Pierpont Morgan zu überzeugen und für die Finanzierung zu gewinnen. Das Projekt hatte den Namen Wardenclyffe und das Ziel, auf einem größeren Areal auf Long Island in der Nähe von New York sowie in England zwei Türme zur Einrichtung einer Transatlantik-Funkbrücke zu bauen. Die Gründe für das Scheitern dieses Projektes sind unklar, es scheint, daß Morgan seine Finanzierungszusage revidiert hat, nachdem Marconi 1901 erstmals eine drahtlose transatlantische Nachrichtenübertragung erreicht hat. Guglielmo Marconi (1874 - 1937) war ebenfalls wesentlich an der Entwicklung der drahtlosen Telegraphie beteiligt, wobei es immer wieder zu Patentauseinandersetzungen mit Tesla gekommen ist. Als Marconi 1909 zusammen mit Carl Ferdinand Braun (1850 - 1918) mit dem Nobelpreis für Physik "in recognition of their contributions to the development of wireless telegraphy" ausgezeichnet wurde, war Tesla enttäuscht, daß damit seine eigenen Leistungen übergangen worden sind.


Obwohl Tesla in den folgenden Jahren noch zahllose Patente erhielt, u.a. für Fernsteuerungssysteme, Detektoren, einen thermomagnetischen Motor, Elektrizitätszähler, Frequenzmesser, Turbinen, Pumpen, faszinierte ihn mehr und mehr der Gedanke, durch geeignete Radiosysteme nicht nur Informationen in alle Teile der Welt auszusenden, sondern auf dem gleichen Weg auch Energie bereitzustellen. Diese wissenschaftlich-technisch durchaus fruchtbare Phase hielt bis etwa 1922 an. Ab dann gibt es nur noch wenige Hinweise auf seine Arbeiten, die er jedoch bis zu seinem Tod im Jahr 1943 fortsetzte.


Seine Publikationen enthalten mehr und mehr philosophische Gedanken, die heute vielfach esoterisch interpretiert werden. So hat er bereits 1900 in einem Beitrag unter dem Titel "The Problem of Increasing Human Energy" im Magazin "Century" Gedanken geäußert, die heute durchaus noch aktuell sind. Die darin vorgetragenen Gedanken reichen von der Gewinnung von Dünger aus dem Stickstoff der Luft unter Ausnutzung von elektrischer Energie für eine bessere Nahrungsproduktion bis zur Verbesserung des Wirkungsgrades von energieverbrauchenden Anlagen. Er plädiert für eine gesunde, d.h. vegetarische Ernährung ("... I think, therefore, that vegetarianism is a commendable departure from the established barbarous habit."). Auch die ihn immer mehr beherrschende Idee einer weltweiten Informationsversorgung taucht darin wieder auf: "When I advanced this system of telegraphy, my mind was dominated by the idea of effecting communication to any distance through the earth or environing medium, the practical consummation of which I considered of transcendent importance, chiefly on account of the moral effect which it could not fail to produce universally."


In den letzten Jahren seines Lebens stellte sich Tesla oft in Widerspruch zu akzeptierten wissenschaftlichen Theorien (so griff er Einsteins Relativitätstheorie an und setzte an ihre Stelle eine nie näher erläuterte dynamische Gravitationstheorie) und verkündete Ideen, die ihrerseits auf Widerspruch stießen und zu denen er nie nachprüfbare Ausagen machte. So sprach er von Todesstrahlen, mit denen es möglich wäre, Flugzeuge in 400 km Entfernung zu zerstören, und daß er unter Ausnutzung von Resonanzerscheinungen die Erde in zwei Hälften spalten könne.


Das genaue Todesdatum ist nicht bekannt, vermutlich ist es der 7. Januar 1943. Tesla hatte sich wegen eines Unwohlseins in sein New Yorker Hotelzimmer zurückgezogen und das Schild „Bitte nicht stören“ an der Tür angebracht. So wurde er erst am 8. Januar tot im Bett liegend aufgefunden.


Nikola Tesla und die neue Zeit#

Nikola Tesla gilt zu Recht als einer der Pioniere der Elektrotechnik. Aber jeder Wissenschaftler und Techniker baut letztlich auf jenen Ideen und Entwicklungen auf, die eine lange Reihe von geistigen Vorfahren hinterlassen hat. Zugleich ist er in einer mehr oder weniger festgefügten Gemeinschaft von Fachkollegen, so daß eine Bewertung von Leistungen immer in dieser Hinsicht relativiert werden muß.


Das Geburtsdatum der Elektrotechnik nach heutigem Verständnis fällt vermutlich mit dem Übergang vom 18. in das 19. Jahrhundert zusammen. Graf Allessandro Volta (1745-1827) führte grundlegende Untersuchungen zu elektrischen Erscheinung durch. Er konstruierte hierfür geeignete elektrische Meßgeräte, Plattenkondensatoren und die nach ihm benannte Voltasche Säule. 1801 stellte er die elektrische Spannungsreihe der Metalle auf. Etwa zur selben Zeit wirkte André Marie Ampère (1775-1836). Er entwickelte eine Theorie des Magnetismus, welche die magnetischen Erscheinung auf elektrische zurückführt. Außerdem entdeckte er die elektrodynamischen Erscheinungen, insbesondere die Wechselwirkungen zwischen elektrischen Strömen.


Bereits als Vorläufer zu diesen beiden Forschern muß James Watt (1736-1819) gesehen werden, nach dem die Maßeinheit der Leistung benannt ist. Watt erhielt bereits 1769 ein Patent auf die von ihm verbesserte Dampfmaschine und konstruierte ab 1782 betriebsfähige Dampfmaschinen.


Weitere Pioniere aus der Zeit vor Tesla waren Georg Simon Ohm (1789-1854), der grundlegende Untersuchungen zu physikalischen Erscheinungen, insbesondere zur elektrischen Leitfähigkeiten von Metallen durchführte, ferner Michael Faraday (1791-1867), der die elektromagnetische Induktion entdeckte (1831) und das allgemeine Induktionsgesetz formulierte. Faraday führte den Begriff der elektrischen und magnetischen Feldlinien ein und nahm grundlegende Untersuchungen zur chemischen Wirkung des elektrischen Stromes vor. Auch Wilhelm Eduard Weber (1804 - 1891) muß in diese Reihe geistiger Vorfahren eingereiht werden. Er legte durch Präzisionsmessungen die Einheiten von Strom, Spannung und Widerstand fest und gilt als Begründer der exakten elektrischen Meßtechnik. Weber baute bereits 1833 gemeinsam mit Carl Friedrich Gauß den ersten elektromagnetischen Telegraphen. Die ursprünglich nach Gauß benannte Einheit für die magnetische Induktion ist inzwischen durch die Einheit Tesla abgelöst worden.


Eine besondere Stellung in dieser Reihe der geistigen Vorfahren nimmt Werner von Siemens (1816-1892) ein. Siemens verbesserte 1846 die Wheatstoneschen Telegraphen und gründete 1847 gemeinsam mit Joahnn Georg Halske die „Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske“ in Berlin. Nachdem es Siemens gelungen war, ein Verfahren zur Guttapercha-Umhüllung von Telegraphenleitungen zu entwickeln, verlegte er zahlreiche Überland- und Unterwasser-Telegraphenkabel. Er entdeckte 1866 das elektrodynamische Prinzip und baute Dynamomaschinen. Damit war die Grundlagen für eine allgemeine Elektrifizierung geschaffen: die erste elektrische Eisenbahn 1879, der erste elektrische Aufzug sowie die erste elektrische Strassenbahn 1881. Auch der Begriff "Elektrotechnik" wurde von Siemens erstmals 1879 in einem Brief an den damaligen Generalpostmeister verwendet.


Auf Thomas Alva Edison, der nur wenig älter war als Tesla und deren Wege sich so häufig und unter zumeist unerfreulichen Umständen kreuzten, wurde bereits eingegangen. Auch James Clark Maxwell (1831-1879) ist als ein geistiger Vorfahre von Tesla anzusehen. Er hat die Theorie des elektromagnetischen Feldes entwickelt und 1861 eine Beziehung zwischen elektrischen Erscheinungen und den Lichterscheinungen hergestellt.


Etwa gleich alt mit Tesla ist Heinrich Hertz (1857-1894). Hertz wurde durch seine experimentellen und theoretischen Arbeiten auf dem Gebiet der Elektrodynamik bekannt. Er erbrachte als erster den experimentellen Beweis für die Wesensgleichheit von elektromagnetischen Schwingungen und Lichtschwingungen, wie sie von Maxwell postuliert worden ist. Der Name von Hertz bleibt verbunden mit der Entdeckung der elektrischen Wellen, die die Grundlage der drahtlosen Nachrichtenübertragung bilden. Es ist immer wieder darüber diskutiert worden, wer der eigentliche Pionier der drahtlosen Nachrichtenübertrag gewesen sei, Hertz oder Tesla. Obwohl diese Frage nicht grundsätzlich entschieden werden kann, so spricht vieles dafür, daß Hertz zwar das Prinzip der Abstrahlung elektromagnetischer Wellen gefunden, aber nie an die Ausnutzung für die Energie- oder Signalübertragung gedacht hat. Dieses Verdienst kommt eher Tesla zu. Auch die späteren Auseinandersetzungen mit Marconi, insbesondere die Patentauseinandersetzungen, ändern an Teslas Verdienst nichts, denn praktisch alle Patentauseinandersetzungen in dieser Sache gingen zu seinen Gunsten aus.


Die zweite Hälfte des vergangenen Jahrhunderts war überhaupt von einer wissenschaftlich-technischen Aufbruchstimmung geprägt, die ihren Niederschlag in vielen Entdeckungen, Erfindungen und Firmengründungen gefunden hat. Hier sollen nur einige dieser Pioniere beispielhaft erwähnt werden:


Carl Zeiss (1816-1888) entwickelte optische Instrumente wie Lupen und Mikroskope. Er gründete 1846 in Jena eine Werkstatt für Feinmechanik und Optik, die sich inzwischen zu einer Weltfirma entwickelt hat.


Der berühmte österreichische Physiker Ludwig Boltzmann (1844-1906) war nur wenig älter als Tesla. Boltzmann wurde vor allem als theoretischer Physiker und durch seine Arbeiten zur mechanisch-statistischen Begründung thermodynamischer Gesetzmäßigkeiten bekannt. Das hohe Ansehen von Boltzmann, das auch heute noch besteht, drückt sich darin aus, daß in der Physik zwei Konstanten nach ihm benannt sind. In einem Fall trägt die Konstante den Doppelnamen Stefan-Boltzmann.


Ebenfalls nur wenig älter als Tesla war Wilhelm Conrad Röntgen (1845 - 1923), der für die Entdeckung der nach ihm benannten Röntgenstrahlen im Jahr 1895 als erster Physiker 1901 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden ist. Mit dieser Entdeckung war erstmals ein bildgebendes Verfahren für die Medizin ermöglicht worden.


Rudolf Diesel (1858-1913) und Max Planck (1858-1947) waren nur wenig jünger als Nikola Tesla. Der von Diesel entwickelte und später nach ihm benannte Petroleummotor wurde 1897 vorgestellt, als immer neue Ölquellen erschlossen wurden und sich das Problem stellte, die schweren Rückstände aus der Benzindestillation weiterzuverarbeiten. Diesel war wie Tesla keine Unternehmerpersönlichkeit, auch er erlitt wirtschaftlich Schiffbruch. Diesels Name lebt heute in dem von ihm entwickelten Motor und dem dafür verwendeten Brennstoff weiter. Max Planck führte zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen auf dem Gebiet der Thermodynamik durch. Er erhielt 1919 den Physik-Nobelpreis in "recognition of the service he rendered to the advancement of Physics by his discovery of energy quanta." Nach Planck ist ebenfalls eine wichtige physikalische Konstante benannt, das Plancksche Wirkungsquantum.


Im Gegensatz zu Tesla und Diesel war Hugo Junkers (1859-1935) nicht nur Erfinder, sondern auch erfolgreich in der wirtschaftlichen Umsetzung seiner Erfindungen. 1892 entwickelte er einen nach dem Gegenkolbenprinzip arbeitenden Gasmotor, wurde 1897 als Professor für Thermodynamik an die Technische Hochschule Aachen berufen und gründete in den folgenden Jahren eine Fabrik, die später zum Ausgangspunkt einer beachtlichen Industrie auf dem Gebiet des Flugzeugbaues werden sollte. Die Junkers Luftverkehr AG wurde zusammen mit einem anderen Luftfahrtunternehmen 1925 zur Deutschen Lufthansa zusammengefaßt, die noch heute erfolgreich besteht.


Tesla und seine Erfindungen#

Tesla hinterließ bei seinem Tod die unvorstellbare Zahl von über 700 Patenten. Bezogen auf die rund 60 Jahre von 1882 (dem Jahr der Entdeckung des Prinzips des Drehstrom-Motors) bis zu seinem Tod 1943 ergibt das pro Jahr etwa 10 Patente.


Allein die summarische Zusammenfassung seiner in den USA von 1886-1928 erteilten Patente ist beeindruckend. Allerdings läßt sich darin eine Periode besonders intensiver Schaffenskraft bis 1900 erkennen, während sich nach dem Übergang in das 20. Jahrhundert Kreativität und Erfindungsgeist weniger in Patenten niederschlugen: 1886-1890: 33 Patente, 1890-1900: 53 Patente, 1900-1910: 14 Patente, 1910-1920: 8 Patente, 1920-1928: 5 Patente.

Tesla Patent
Tesla Patent 382.280 vom 1. Mai 1888
Tesla Patent

Seine ersten US-Patente wurden offensichtlich im Jahr 1886 erteilt, darunter eines über einen "Commutator for Dynamo Electric Machines", eines über eine "Electric Arc Lamp" sowie drei über "Regulator for Dynamo Electric Machines." Seine beiden letzten US-Patente "Apparatus for Aerial Transportation" und "Method for Aerial Transportation" stammen aus dem Jahr 1928.


Schwerpunktsmäßig lassen sich Teslas Patente und damit Aktivitäten in Perioden einteilen. Von 1882 bis 1890 waren es vor allem Patente in Zusammenhang mit der Erzeugung, Verteilung und Nutzung des Wechselstromes. In kurzen Zeitabständen wurden Tesla nahezu alle grundlegenden Patente für die Wechselstromtechnik erteilt. Weitere Patente, z.B. für Bogenlampen oder für Verbesserungen an Gleichstrom-Maschinen, kamen hinzu, waren jedoch eher Ausdruck seiner schöpferischen Tätigkeit auf Gebieten, die nicht seinen Neigungen und Interessen entsprachen. Ein wichtiges Patent von 1889 betraf eine Vorrichtung zur Gleichrichtung des Wechselstromes.


Eines der 1888 erteilten Patente über "Electrical Transmission of Power" beginnt mit den Worten: "Be it known that I, Nikola Tesla, from Smiljan, Lika, border country of Austria-Hungary ...".


Ab 1890 wandte er sich der Hochfrequenz- und Hochspannungstechnik zu, die damals jedoch bereits bei Frequenzen von 20 kHz begann. Die Patente, die er erhielt, betrafen nicht nur spezielle Verfahren zur Erzeugung von hochfrequenten Schwingungen, sondern auch einzelne Bauelemente wie Kondensatoren und Transformatoren. Besonders erwähnenswert ist ein Patent zur Verwendung von Öl in Hochspannungstransformatoren.


In den Jahren nach 1896 überwiegen Arbeiten auf dem Gebiet der drahtlosen Energieübertragung. Dazu gehören auch Patente zur Signalübertragung und Funkfernsteuerung. Auch hier galt der Patentanspruch sowohl den Verfahren an sich als auch dafür geeigneten Bauelementen und Funktionseinheiten, z. B. Spulen, Abstimmvorrichtungen und Detektoren. Nachdem Tesla 1891 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhalten hatte, änderte sich zumindest die Einleitung seiner Patentansprüche. So beginnt ein 1900 beantragtes und 1903 erteiltes Patent über "Method of Signaling" mit den Worten: "Be it known, that I, Nikola Tesla, a citizen of the United States, residing in the borough of Manhattan, in the city, county, and State of New York, have invented certain new and useful Improvements in Methods of Signaling, of which the following is a specification, reference being had to the drawings accompanying and forming a part of the same."


Weitere Patente betrafen spezielle Motoren wie den thermo-magnetischen Motor, Turbinen und Dampfmaschinen, sowie spezielle Meß- und Aufzeichnungsgeräte. Besonders erwähnenswert sind Patente zu bestimmten Ausführungsformen von Rotationsmaschinen mit hohem Wirkungsgrad, so 1913 zu einer Reibungsturbine und 1920 zu einer als „Valvular Conduit“ bezeichneten Vorrichtung, wodurch Ein- und Auslaßventile bei Turbinen überflüssig werden sollten.


Tesla als Mensch, Erfinder und Wissenschaftler#

Tesla war unbestritten eine bemerkenswerte Persönlichkeit. Auf der einen Seite besaß er eine poetisch-romantische Veranlagung und suchte die Gesellschaft von Schrifstellern, auf der anderen Seite die Fähigkeit, technische Details in ihrer Bedeutung klar zu erkennen und einer Geräteidee nutzbar zu machen.


Tesla blieb unverheiratet. Der Kreis seiner Freunde und Mitarbeiter reduzierte sich mit zunehmenden Alter auf jene, die schon über längere Zeit seine Weggefährten gewesen waren. Er wird als exzentrischer Einzelgänger mit neurotischer Veranlagung beschrieben. Er soll viel Wert auf gute Kleidung gelegt und eine fast übertriebene Neigung zur Körperhygiene besessen haben. Gesellschaftliche Beziehungen haben ihm offensichtlich nie sonderlich viel bedeutet, denn er hat sie gemieden, wann immer das möglich war. Wenn er sie jedoch gesucht hat, dann in erster Linie, um Unterstützung für seine Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zu gewinnen. Es ist fast symptomatisch, daß er in seiner Todesstunde allein in einem Hotelzimmer gewesen ist, an dessen Tür das Schild "Bitte nicht stören" angebracht gewesen ist.


Seine Mitarbeiter konnte er hervorragend motivieren, aber er hat hohe Anforderungen an sie gestellt. Die von ihm vorgestellten Entwicklungen waren zumeist nur in Entwürfen skizziert, denn für ihn waren diese Skizzen verständlich und ausreichend, und das hat er auch bei den Mitarbeitern vorausgesetzt. In vielfacher Weise folgte er eher seinen Intuitionen als dem technischen Sachverstand. So schreibt er selbst im Zusammenhang mit der Belehrung durch Professor Pöschl in Graz, warum er trotzdem die Idee der Drehstrom-Maschine weiterverfolgt hat: "But instinct is something which transcends knowledge." Trotzdem zeichnen sich die von ihm entwickelten Maschinen, Geräte und Schaltungen durch einen hohen Grad technischer Perfektion aus.


Von seinen Vorträgen gibt es unterschiedliche Darstellungen. Bei jenen Vorträgen, die er noch vor der Jahrhundertwende gehalten hat, wird die Klarheit der Sprache und die Fähigkeit gerühmt, schwierige technische Sachverhalte verständlich darzustellen. Allerdings geht diese Qualität der Vorträge mit zunehmendem Alter verloren. Viele Aussagen in den späteren Vorträgen sind offensichtlich wissenschaftlich-technisch nicht eindeutig und ermöglichen dadurch eine Interpretation, die ihn für die einen zum prophetischen Visionär, für die anderen zu einem Phantasten machen, der nicht mehr auf dem Boden der Realität steht. Eine entsprechende Entwicklung findet sich in den Publikationen und Patenten, wo konkrete Aussagen zu technischen Vorrichtungen mehr und mehr durch vage Formulierungen über Verfahren ersetzt werden. Aus seinen Mitteilungen kann der Anspruch abgeleitet werden, die Röntgenstrahlen schon vor Röntgen entdeckt, das Prinzip des Röhrenverstärkers schon vor der Erfindung der Elektronenröhre durch de Forrest erfunden zu haben. Aber diese Zuordnung war gewissermaßen immer erst retrospektiv möglich, wenn die eigentliche Erfindung durch andere tatsächlich und in ihren wichtigsten Eigenschaften beschrieben worden ist. Selbst die Technologie der Computer und der Telekommunikation kann aus den Patenten und Publikationen von Tesla herausgelesen werden, allerdings ohne konkrete Beschreibung.


Seine frühen Vorträge zeichneten sich auch immer durch einen hohen Unterhaltungswert aus, denn er führte darin Experimente vor, die ebenso spektakulär wie informativ gewesen sein sollen. Da ihm die Ungefährlichkeit hochfrequenter Ströme bekannt war, hat er sie am eigenen Körper in einer Weise vorgeführt, die etwas von Magie an sich hatte.


Aufschlußreich sind Aussagen, die Tesla über sich selbst macht. So könnte folgende Aussage als Leitlinie für sein Leben gesehen werden: "The progressive development of man is vitaly dependent on invention. It is the most important product of his creative brain. Its ultimate purpose is the complete mastery of mind over the material world, the harnessing of the forces of nature to human needs." An anderer Stelle sagt er 1919 über sich: "I am credited with being one of the hardest workers and perhaps I am, if thought is the equivalent of labor, for I have devoted to it almost all my working hours. But if work is interpreted to be a definite performance in a specified time according to a rigid rule, then I may be the worst of idlers. Every effort under compulsion demands sacrifice of life-energy. I never paid such a price. On the contrary, I have thrived on my thoughts." Im selben Zusammenhang beschreibt er seine Vorstellung von einem Erfinder wie folgt: "But he (Anmerkung: der Erfinder) finds ample compensation in the pleasing exercise of his powers and in the knowledge of being one of that exceptionally priviledged class without whom the race would have long ago perished in the bitter struggle against pitiless elements. Speaking for myself, I have already had more than my full measure of this exquisite enjoyment, so much that for many years my life was little short of continuous rapture."


Offensichtlich hat sich Tesla selbst in erster Linie als Wissenschaftler gesehen. So soll er 1891 bei einem Vortrag gesagt haben: „Es gibt keinen fesselnderen Gegenstand, welcher mehr des Studiums wert wäre als die Natur. Diesen großen Mechanismus zu verstehen, die Kräfte, welche wirksam sind, und die Gesetze, denen sie gehorchen, zu entdecken, ist das höchste Ziel menschlicher Erkenntnis.“


Nirgends in den autobiographischen Aussagen von Tesla oder in Beschreibungen über ihn findet sich der Hinweis, daß er eine Position als Wissenschaftler an einer Universität angestrebt hätte. Obwohl durch zahlreiche Ehrendoktorate ausgezeichnet - jenes der Technischen Universität Wien hatte er schon 1908 erhalten - hat er offensichtlich an keiner Universität Vorlesungen für Studenten gehalten.


In einer Würdigung anläßlich seines 80. Geburtstages stand in der Elektrotechnischen Zeitschrift vom 9. Juli 1936: "Infolge seiner persönlichen Bescheidenheit lebt Tesla, der jetzigen Generation von Elektrotechnikern schon beinahe unbekannt, unter einfachen Verhältnissen in New York, weil er nur auf die wissenschaftliche und technische Lösung seiner Probleme bedacht war, die wirtschaftliche Auswirkung anderen überliess und Einnahmen aus seinen Erfindungen stets zu weiteren und vielfach kostspieligen Versuchen verwendete."


Eine umfassende und allgemeine Würdigung von Tesla fällt schwer. Ohne Zweifel ist er einer der wichtigsten Wegbereiter der modernen Elektrotechnik. Seine Erfindungen und Entdeckungen waren bahnbrechende Beiträge auf vielen Teilgebieten, die hier nicht nochmals aufgezählt werden sollen. Aber er war schon zu Lebzeiten umstritten und immer wieder in Patentstreitereien verwickelt, die jedoch offensichtlich alle zu seinen Gunsten entschieden worden sind. Bereits in Lehrbüchern zur Jahrhundertwende mit ausführlichen Darstellungen der Wechselstromtechnik, der Drehfeld-Motorentechnik, der Hochfrequenztechnik und anderer technischer Einrichtungen, die auf Tesla zurückgeführt werden können, taucht sein Name nicht auf. An den Namen Tesla erinnert heute eigentlich nur noch jener Transformator, mit dem er hochfrequente Schwingungen nach damaligem Verständnis erzeugen konnte und die erst spät nach ihm benannte Einheit für die magnetische Flußdichte.


Viele zu ihrer Zeit berühmte Forscher sind wieder in die Vergessenheit zurückgefallen, selbst wenn sie für ihre Leistungen mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden sind. Im Gegensatz dazu gibt es Namen, die sich nahezu selbst erhalten, wie jene von Newton, Kopernikus, Siemens, Planck oder Ford. Es ist sicher zu einfach, diese Erscheinung damit zu begründen, daß jene Namen in Erinnerung bleiben, die entweder mit einem sehr wichtigen naturwissenschaftlichen Gesetz, einer Naturkonstanten oder einer Firma verbunden sind. Alle diese Voraussetzungen treffen auf Tesla nicht zu. Es scheint sogar, daß manche seiner Patente so in Vergessenheit geraten sind, daß heute Patente erteilt werden, die doch in großer Nähe zu jenen von Tesla gesehen werden können. Vielleicht hat Tesla unbewußt selbst dazu beigetragen, sein zunächst großes Ansehen, von dem in zeitgenössischen Darstellungen immer wieder berichtet wird, dadurch zu mindern, daß er in seinen späten Patenten und Publikationen keine ingenieurwissenschaftlich klaren Aussagen gemacht hat. Er wurde und wird aufgrund solcher Aussagen in einer Weise vereinnahmt, die seinem Ansehen in der Welt der Wissenschaft eher schadet. Aus der Sicht der Technik in Graz kann jedenfalls mit Stolz vermerkt werden, daß einer ihrer ehemaligen Studenten Leistungen hervorgebracht hat, ohne die unsere heutige Zivilisation ärmer wäre.


Literaturhinweise:#

  • CHENEY, Margaret: Tesla - Man out of Time, Englewood Cliffs 1981 (deutsch: Nikola Tesla - Erfinder, Magier, Prophet, Düsseldorf 1997, 3. Aufl.)
  • HOHENBERG, Fritz: Aus der Geschichte der Technischen Universität Graz, in: Technische Universität Graz / Erzherzog-Johann-Universität: Geschichte, Lehr- und Forschungsaktivitäten (1982/83)
  • NIKOLA TESLA MUSEUM (Hg.): Nikola Tesla, Lectures, Patents, Articles, Beograd 1956
  • NIKOLA TESLA MUSEUM (Hg.): Tribute to Nikola Tesla, Presented in Articles, Letters, Documents, Beograd 1961
  • PALLA, R.: Der Mann, der das 20. Jahrhundert erfand, in: Der Standard, 11. Jänner 1992
  • SIEMENS, W.: Lebenserinnerungen, Leipzig 1924
  • SOCIETE POUR LA FONDATION DE L’INSTITUT NIKOLA TESLA (Hg.): Gedenkbuch anläßlich seines 80. Geburtstages, Beograd 1936


© Text und Bilder: Josef W. Wohinz