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Werk: Eine Sammlung#

(Mit einem Schwerpunkt auf steirischen Angelegenheiten)#

von Martin Krusche

Das Werk als Produktionsort oder als Arbeitsergebnis. Das Werkstück eventuell als Teil eines Ganzen. Dem schließen sich noch weitere Begriffe wie Gewerk/Gewerke an, Fachbegriffe, die je nach Branche verschiedene Bedeutungen haben. Als Opus sind dann unter anderem auch immaterielle Werke einbezogen…

Heuer, 2017, ist es 60 Jahre her, daß auf einer Pressekonferenz in Graz das Puch-Schammerl, der Steyr-Puch 500, vorgestellt wurde. Dieses Auto, in Österreich eindeutig weltberühmt, steht exemplarisch für den bedeutendsten Mischkonzern des Landes, die Steyr-Daimler-Puch AG.

Franz Tantscher, vormals Werksmechaniker von Moto Cross-Weltmeister Harry Everts, an der Puch Voiturette von 1906. Dahinter ein Puch Alpenwagen. - (Foto: Martin Krusche)
Franz Tantscher, vormals Werksmechaniker von Moto Cross-Weltmeister Harry Everts, an der Puch Voiturette von 1906. Dahinter ein Puch Alpenwagen. - (Foto: Martin Krusche)

Deren Produkte sind bei uns derart populär, daß beispielsweise noch heute mehrere Autobahnwegweiser die Abfahrten zu Magna Steyr mit der Aufschrift Puchwerk kennzeichnen. An diesem einstigen Betrieb, von dessen Stammwerk in der Puchstraße noch der Teil einer Halle aus den Tagen des Johann Puch erhalten ist, bleibt die Verzahnung von Handwerk und Industriearbeit so bemerkenswert.

Wenn Sie heute ältere Puchianer besuchen dürfen, werden Sie etliche davon in Garagen und Schuppen antreffen, wo sie an ihren Projekten immer noch tun, was sie sich über Jahrzehnte angeeignet haben. Sie verdienten ihr Brot mit der Arbeit für Massenprodukte und zeigen dabei Kompetenzen der alten Meister, um sich heute nach wie vor in Werkstätten zu bewähren; inzwischen aus Passion. Aber das ist nur einer von unzähligen Aspekten jener steirischen Angelegenheiten, die über Einfallsreichtum und Handfertigkeit zu Problemlösungen und zum Überwinden von Armut führten.

Die Technologiegeschichte der Steiermark läßt sich gut mit einem Blick auf das Norische Eisen beginnen. Der Erzberg ist die Quelle dieser Geschichte. Das Noricum wurde 15 vor Christus zum Teil des Imperium Romanum. Die römische Provinz Noricum gab der Region den Namen; wie auch jenen kräftigen Arbeitspferden, deren Herkunft nicht so genau geklärt ist. Die Noriker, speziell auch die Pinzgauer Noriker (kurz: Pinzgauer), tauchten schließlich sogar per Namen in der Fahrzeuggeschichte der historischen Steyr-Daimler-Puch AG auf.

Zur Steiermark gehörte bis 1919 auch die Untersteiermark (Štajerska), heute im Staat Slowenien gelegen. Das trifft sich, um eine entspannte Gesamtschau auf unsere Technologiegeschichte interessant zu machen. So ist der steirische Parade-Industrielle Johann Puch als ethnischer Slowene namens Janez Puh in jener Untersteiermark aufgewachsen. Das älteste uns bekannte Rad der Menschheitsgeschichte, genauer: die älteste Achse-Rad-Kombination, wurde auf slowenischem Territorium gefunden. Es ist wenigstens fünftausend Jahre alt und wurde in einem Moor nahe Ljubljana geborgen.

Wir haben im 20. Jahrhundert immer wieder erlebt, daß exponierte Persönlichkeiten für die Inszenierung von Nationalstolz mißbraucht wurden. Solcher Mumpitz verstellt bloß den Blick auf die erbrachten Leistungen der Leute. Staatsbürgerschaft und ethnische Zugehörigkeit müssen sich bis in die Gegenwart nicht decken. Ein Österreich oder Slowenien von heute ist weder in seinen Grenzen, noch in seinen Verfassungen oder seiner Kultur mit den historischen Gebilden identisch.

Das Haus Habsburg war ein multiethnisches Imperium. Das historische Österreich verdankt seine Glanzleistungen ganz wesentlich der Vielfalt an Völkerschaften und Lebensweisen. Wie Johann Puch ethnisch ein Slowene war, ist Nikola Tesla ein ethnischer Serbe gewesen.

Ex-Puchianer Sepp Schnalzer auf einem Albl Phönix von 1902, eine Grazer Konstruktion. - (Foto: Martin Krusche)
Ex-Puchianer Sepp Schnalzer auf einem Albl Phönix von 1902, eine Grazer Konstruktion. - (Foto: Martin Krusche)

Erzherzog Johann von Österreich wurde im Palazzo Pitti geboren, hat also unleugbar italienische Wurzeln. Sein Vater war Großherzog Leopold von Toskana, seine Mutter Maria Ludovica von Spanien. Woher stammt wohl der Baumeister Alois Negrelli, den wir vor allem mit dem Suez-Kanal assoziieren? Woher der Ziegelfabrikant Angelo Eustacchio? Italienische Wurzeln. Carl Ritter von Ghega, der Erbauer der Semmeringbahn, hatte albanische Eltern. Josef Körösi, auf den die Maschinenfabrik Andritz zurückgeht, stammt aus Ungarn.

Diese kleine Liste mag genügen, um deutlich zu machen, daß wir die Leistungen tüchtiger Leute bewundern können, aber jedwede nationalistische Vereinnahmung der Personen dabei den Blick nur unnötig trüben würde.

Es ist insgesamt sehr europäisch, worauf wir mit Staunen und Respekt blicken. Innerhalb dessen sei aber erlaubt, etwas Steirisches zu vermuten, eine Art getönten Blick, der ein Wir-Gefühl erlaubt, das sich nicht auf Kosten anderer entfaltet. Wissenserwerb und Wissen kennen keine Grenzen, aber real beschreibbare Räume helfen uns bei der Orientierung, wer wir sind und wo wir sind.

Handfertigkeit und Ingenieurskunst wohnten nicht bloß in gut ausgestatteten Werkstätten und Büros. Sie wurden oft in ganz bescheidenen Hütten entwickelt. Manches davon kam ans Licht, manches verlief sich als Kuriosum, manches schaffte es in die Geschichtsbücher.

Die Steiermark war in weiten Teilen bis ins 19. Jahrhundert hinein eine sehr rückständige Region der Monarchie. Ich schließe daraus, daß die Armut ein spezielles Klima für Tüftler und Bastler schuf, weil man gerade bezüglich handwerklicher und technischer Fragen nicht einfach Geld zu den Professionisten tragen konnte. Man muß selbst zu schlauen Lösungen mit vorhandenen Mitteln kommen.

Damit ist auch ein interessantes volkskulturelles Element verbunden. Volkskultur ereignete sich gemäß den überlieferten Beschreibungen überwiegend als etwas lokal oder regional Zuordenbares. Kirchliche Bräuche gingen darüber natürlich hinaus, zeigen aber regionale Färbungen.

Architektur oder Handwerksprodukte sind teilweise auch von solchen Markierungen geprägt. Wir werden hier für das Projekt „Mensch und Maschine“ einiges aufblättern, um diese Dinge etwas anschaulicher zu machen. (Überblick)