Alfred Hitchcock und seine Filme
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Von Ernst Zentner
Ich möchte hier keinen Exkurs über Hitchcock-Filme hineinstellen, weil der Österreich-Bezug nicht so tiefschürfend in seinen Filmen vorkommt. Bitte weiterlesen!
Sein Produkt "Der Mann, der Zuviel wusste" ("The Man Who Knew Too Much", mit James Stewart und Doris Day, USA 1956) hat eine versteckte Andeutung zu Österreich. Ein in Marokko auf Urlaub befindliches amerikanisches Ehepaar mit Kind erfährt von einem Anschlag. Damit sie schweigen, wird deren Sohn entführt und in eine Botschaft in London geschafft und dort versteckt. Der Anschlag in einer Konzerthalle wird vereitelt. Der Vater rettet mit Hilfe des Doris-Day-Hit "Que Sera, Sera (Whatever Will Be, Will Be)" seinen Sohn aus den Fängen des als Geistlichen verkleideten Terroristen. Der Botschafter und das Porträt des Präsidenten erinnern an typische Repräsentanten der Führungsschicht in Mitteleuropa, vielleicht Wien oder Budapest oder Prag. Noch ein Extrem: Der Killer in der Konzerthalle war der in Großbritannien und USA tätige österreichische (!) Schauspieler Reggie Nalder. Er wurde in Wien (Österreich-Ungarn) 1907 als Alfred Reginald Natzler geboren und starb 1991 in Santa Monica, California (USA). Er wurde durch einen fatalen Unfall entstellt, wodurch er ideal für Grusel- und Horrorfilme einsetzbar war.
Alfred Hitchcock behauptete in Interviews, ihm sei die Politik in seinen Filmen unwichtig, aber genau in diesem Film hatte er durch das Aussehen des Botschafters, die Besetzung des Killers das genaue Gegenteil bewiesen.
Dazu sei erklärt, dass ein Gutteil der Besetzung aus Europa kam. Etwa der Botschafter wurde vom dänischen Schauspieler Mogens Wieth (1919-1962) verkörpert. Doris Days Eltern kamen aus Deutschland. Der Agent in Marokko vom französischen Filmstar Daniel Gélin (1921-2002) - in Cannes fand die Welturaufführung statt … Ein durch und durch europäischer Film in einem amerikanischen Rahmen.
Aus urheberrechtlichen Ursachen kann ich keine Abbildungen hineinstellen. Ich will auch nicht von einem Filmkonzern verärgert werden ... und schon gar nicht vom Geist des genialsten Filmregisseur aller Epochen heimgesucht werden. Nicht einmal Steven Spielberg kann ihm das Wasser reichen.
Ein Link zu einem Bild mit Reggie Nalder kann ich anbieten: https://en.wikipedia.org/wiki/File:Reggie_Nalder.gif. Nalder hatte sogar in den frühesten Star Trek-TV-Serie (1966-67) neben W. Shatner und Leonard Nimoy Auftritte als blauhäutiger, weißhaariger Andorianer mit Fühler ("Journey to Babel").
Ein Link zu einem Trailer: "The Man Who Knew Too Much". In der ersten Szene der Botschafter mit blauer Schärpe mit zarte dunkelrote Kantenstreifen! - mit Fantasie könnte es auch eine angedeutete rotweißrote sein … Und das in einem hochbarocken Interieur.
Einiges über Reggie Nalder: AustriaWiki/Reggie_Nalder
Ich setze es fort.
Hitchcock gelangen weitere Filmkunstwerke: "Psycho" (1960) ist bekannt; "Die Vögel" (mit Tippi Hedren, Rod Taylor, USA 1963), "Marnie" (Tippi Hedren, Sean Connery, USA 1964) usf. Bei den drei letzten schwingen die Ideen und Theorien eines Sigmund Freuds, der in Wien Psychoanalysen durchführte und das Unterbewusste versuchte sichtbar zu machen. Mit Worten möglich, aber das Medium Lichtspieltheater setzt es um. In den "Die Vögel" kommt eine blondhaarige attraktive junge Frau in ein unschuldiges Küstendorf und bringt sämtliche Vögel gegen sich. Nur weil die Mutter ihres von ihr angebeteten Freundes sich bedroht fühlt. Interessant? - In "Marnie" wird eine junge Kleptomanin geheilt, weil ihr seelischen Verletzungen aus der Kindheit herrühren. Sie wird bei der Farbe Rot beängstigend unruhig und umtriebig. Connery (populär mit 007) versucht sie aus Liebe zu ihr sie zu heilen, was ihm auch gelingt. Immer spielt das Sexuelle eine verlockende Rolle. So einfach. Wieder bin ich bei Freud angelangt. Bei "Psycho"? Immer kreiste bei Hitchcock das Thema Mutter-Sohn oder -Tochter oder Rivalin herum. Geschickt getarnt als blutrünstiges und kommerziell erfolgreiches Entertainment. Und Anthony Perkins - im Privatleben mochte er Männer und Frauen, heiratete sogar - wurde Weltstar. Und überall schwingt das Freudsche Unterbewusstsein umher.
Genug davon.
Nein. Einen Film gab es noch "Der unsichtbare Dritte" (North by Northwest, mit Cary Grant, Eva Marie Saint, James Mason, USA 1959). Vorlage für alle Bond-Filme. Der Oberbösewicht wurde von James Mason als typisch mitteleuropäischer Mann von Welt verkörpert. Wenn Mason und seine Gefolgschaft, darunter Martin Landau (im Leben stammte sein Vater aus Österreich), auftreten wirkt das so als ob sie zum Wiener Opernball wollten. Und Cary Grant hat keine Ahnung, worum es geht und mit wem er verwechselt wird. Mit einen Menschen, den es gar nicht gibt und der von einer nicht bekannten Geheimdienstbehörde erfunden wurde, von der nicht einmal der CIA eine Ahnung hat, dass es das nicht gibt. Österreichischer geht es nicht mehr! Dazu kam noch, dass die Schauspielerin Jessie Royce Landis, die die Mutter von Grant spielte, nur acht Jahre älter war als er. Auch Sex kommt nicht vor. Nur ein Personenzug fährt in einem dunklen Tunnel, und das als Schlusspunkt des Happy Ends. Was da immer reinfährt …
Den Streifen "Vertigo - Aus dem Reich der Toten" (mit James Stewart, Kim Novak, Barbara Bel Geddes, USA 1958) kann ich noch einiges abringen: Ein Polizist, der seine Höhenangst überwindet, und der als Detektiv eine ihm anvertraute Klientin (erst blond) durch einen - für ihn als Zeugen inszenierten Unfall verliert und sie unterbewusst - ungewollt durch die gleiche Frau (brünett) wieder gewinnt. Er verwandelt sie verliebt in die vorige Frau und erkennt zu spät, dass er Opfer eines Erbschaftkomplott wurde. Am Schluss kommt sie auch um. Alles enthält diese Story: Liebe, Trauer, Unterbewusstes, seelische Heilung und Ablegen jeglicher Mitschuld. Schöne Grüße von Freud. Ob dieser Film therapeutisch wirksam wäre, das wäre höchsten eine österreichische Frage. Vielleicht sollten wir Gutachter herbeiziehen. Aber dieser "Vertigo" ist auch mystisch.
Copyright Ernst Hitch … nein Zentner 2019
Vielleicht etwas über Freud