Die Heiligen Drei Könige in Glanzlichtern der Kunst - "Sie folgten dem Stern"#
Von Ernst Zentner
Erwähnt werden sie nur im Matthäusevangelium (Neues Testament). Als "Sterndeuter" (weise Ratgeber hoher Fürsten), die einem Stern vom Osten aus bis nach Bethlehem nach wanderten. In der Sakralkunst existiert vorwiegend - im Zusammenhang mit der "Geburt Christi" - das Bildthema "Anbetung des Jesuskindes durch die Heiligen Drei Könige".
Die römische Triumphalkunst (huldigende Barbaren auf einem Relief der Trajanssäule, Rom, zwischen 108 und 117) bot die Vorlage für das bildsprachliche Programm. Die Sterndeuter können wir auf frühchristlichen Artefakten des 3. bis 6. Jahrhunderts bewundern (Katakombenfresken, Sarkophagreliefs und Elfenbeintafeln).
Bis ins Mittelalter wurden sie als persische Magier wiedergegeben (Hosen, phrygischen Mützen). Der Stern erwuchs zum festen Bestandteil in Dreikönigsabbildungen.
Aufgrund dreier Geschenke (Gold, Weihrauch und Myrrhe) setzte sich nach frühen theologischen Diskussionen die Dreizahl durch. Vom 6. Jahrhundert an übte der erste Weise aus dem Morgenland die demutsvolle Haltung einer Kniefigur aus.
Längst fungierten die Weisen als Vertreter der Lebensalter (Jugend, Mannesalter, Greisentum), Erdteile (Europa, Asien, Afrika) und verschiedener Rassen. Mit Erforschung der Welt erschien bald ein dunkelhäutiger König (12. Jahrhundert!), der endlich in Bildwerken der Gotik - als Caspar - gängig wurde.
Ihre populären Namen Caspar, Melchior und Balthasar, sind bereits in einem byzantinischen Mosaik des Gotteshauses Sant' Apollinare Nuovo zu Ravenna (um 500) inschriftlich festgehalten worden. Als kronentragende Könige (ebenfalls mit Namen) traten sie erstmals innerhalb einer Buchmalerei im Egbertkodex auf (Reichenauer Malerschule, um 980; Trier, Stadtbibliothek).
Im Mittelalter wandelte sich das Dreikönigsereignis zum Andachtsbild. Künstler stellten den Königen die "Anbetung der Hirten" gegenüber. Franziskanische Frömmigkeit bewirkte eine innigere Beziehung der Fürsten zum Jesuskind. Im Spätgotik- und Renaissancezeitalter kennzeichneten Schauspielcharakter, Emotionalität und überreiche Ausstattung (prunkvolle Gewänder, kostbare Geschenke, viele Gestalten) die Dreikönigsdarstellungen. Sie erhielten erst wieder während der Reformation eine vertraute Aura.
Beinahe jeder namhafte Künstler beschäftigte sich eingehend mit diesem Sakralgegenstand: Nikolaus von Verdun schuf eine kraftvolle Emailtafel für seinen "Verduner Altar" (1181 fertiggestellt; Stift Klosterneuburg).
Danach stattete er um 1181-1205 den prächtigen "Dreikönigsschrein" im Kölner Dom mit entsprechenden Relieffiguren aus. Dieser Schrein ein gewaltiger Ausdruck einstiger Dreikönigsverehrung birgt die Reliquien der Könige. Weltberühmt ist auch der von Stephan Lochner um 1442 gemalte Dreikönigsaltar im dortigen Dom.
Daneben entstanden seltene Interpretationen: Giotto di Bondone legte Wert auf Wirklichkeitsnähe und fügte seinen Fresken in Padua den Halleyschen Kometen von 1301 als Stern von Bethlehem hinzu (Arenakapelle; zwischen 1305 und 1313).
Die franko-flämischen Buchmalereien der Brüder von Limburg im "Stundenbuch des Herzogs von Berry" (1413-16; Chantilly bei Paris, Musée Condé) begeistern wegen des Detailreichtums. Eine Miniatur zeigt das Zusammentreffen der drei Könige an einer Weggabelung.
Im bühnenhaften Gemälde des Flamen Rogier van der Weyden können wir Karl den Kühnen als dritten König entdecken ("Columba-Altar", um 1460; München, Alte Pinakothek).
Der Florentiner Benozzo Gozzoli setzte neben der "Verkündigung an die Hirten" den "Zug der Könige nach Bethlehem" in eine toskanische Gebirgslandschaft (Fresken der Kapelle im Palazzo Medici-Riccardi, Florenz, 1459-61).
Leonardo da Vinci hinterließ eine leider unvollendete "Anbetung der Könige", die als natur- und architekturverbundener Spiegel einer unruhigen Epoche brillierte (1481/82; Florenz, Uffizien).
Desgleichen Albrecht Dürer, der auf seinem Ölgemälde den scharfen Gegensatz zwischen Prunk und Schlichtheit betonte (1504; Uffizien).
Interessant erscheint auch die visualisierte Auffassung des Phantasten Hieronymus Bosch, der König Herodes in den Stall blicken ließ (Dreikönigstriptychon, zwischen 1494 und 1516; Madrid, Prado).
Gleichfalls gibt es Bildinhalte, die das Übersinnliche anspielen: So etwa die Stern-Prophezeiung des alttestamentarischen Sehers Bileam (Gravur auf dem Severa-Grabstein, römisch, um 330 n. Chr., Museo Pio Cristiano, Vatikanische Sammlungen).
Der seit dem 9. Jahrhundert als Kunstmotiv bekannte "Traum der Könige" deutet an, dass Gott durch einen Engel den träumenden Königen befahl, nicht zu Herodes zurückzukehren (Relief aus dem Dreikönigszyklus des französischen Bildhauers Gislebertus, Kathedrale Saint-Lazare zu Autun, Ostfrankreich, um 1125-35). Oder ein weiteres Beispiel, die "Vision der Könige", bei der die Magier das Jesuskind im Stern erblickten, entstammte mittelalterlichen Legendensammlungen (Tafelbild vom "Bladelin-Altar" bzw. "Middelburger Altar", Rogier van der Weyden, um 1444; Berlin-Dahlem, Gemäldegalerie).
Giovanni Battista Tiepolo, ein genialer Maler des 18. Jahrhunderts, realisierte ein monumentales Anbetungsgeschehen (4,25 x 2,11 Meter, 1753; München, Alte Pinakothek).
Obendrein trägt der darin abgebildete Farbige eine orientalische Tracht. Noch im Barock wechselte das Sujet von der hohen Kunst zur volkstümlichen Krippenkunst, wo es bis heute verblieben ist. Im 19. Jahrhundert verlor das Dreikönigsthema an Bedeutung.
Beachtenswert gilt noch Leopold Kupelwiesers spätromantische Version, in welcher die Könige auf Pferden dem Stern nachreiten (1825; Wien, Österreichische Galerie, Belvedere).
Die Heiligen Drei Könige spiegeln den suchenden Menschen wider, Welcher sich in höchster Hingabe dem Schöpfer des Universums Unterwirft.
Dieser Text erschien in: Wochenschau für Alle 1995, Nr.1, Seite 20-21; inzwischen behutsam aktualisiert und mit weiteren - farbigen - Abbildungen erweitert.
Quellen
- Das grosse Kunstlexikon von P.W. Hartmann
- Stephan Waetzoldt, Drei Könige, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. IV (1955), Sp. 476–501; in: RDK Labor
- Kommt, wir gehen nach Bethlehem ... - Die Hirten in weihnachtlichen Kunstwerken
- "Gloria in excelsis Deo" - Das Wunder der Weihnacht in Beispielen der bildenden Kunst
- Als sie den Stern sahen - Der Stern von Bethlehem
- Anbetung der Könige
- *Was macht König Herodes im Stall von Bethlehem? Der vierte König?