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Otto Wagner – Ein österreichischer Baukünstler der klassischen Moderne#

Von Ernst Zentner

Otto Wagner (1841-1918) - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Otto Wagner (1841-1918) - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Otto Wagner kam 1841 in Penzing bei Wien zur Welt. Es war die Epoche des Biedermeiers und des Vormärz‘. Er starb im letzten Jahr der Donaumonarchie 1918. Er lebte in der Ära Kaiser Franz Josephs von Österreich-Ungarn.
Wagner entstammte großbürgerlichen Verhältnissen. Er studierte zuerst in Berlin (Bauakademie) und danach in Wien (Technische Hochschule). Damals besuchte er Vorlesungen von Sicardsburg und Van der Nüll – Im gleichen Jahr 1861 erhielten sie den Auftrag das k. k. Hofoperntheater zu errichten. Wagner unternahm auch eine Maurerlehre bei einem Wiener Stadtbaumeister. 1862 trat er einem Atelier bei. Jedenfalls stand er im Kreis der Historismus-Architekten Ludwig Förster und Theophil von Hansen (Parlament!). 1864 Selbstständig: Wagners Architektenleben war von der Erneuerung der Residenzstadt gekennzeichnet. In den 1850er Jahren entstand der Prachtboulevard Ringstraße mit seinen repräsentativen – konservativen – Historismus-Bauten. Er reichte Wettbewerbsbeiträge ein. Ohne Erfolg. Aber zumindest schuf er in Wien-Alsergrund ein Theater (1864/65; nur mehr Fassade erhalten) und in Budapest gestaltete er eine Synagoge (1871/72). In den 1870er und 1880er Jahren schuf er Wohn- und Geschäftshäuser sowie Villen. Jedoch waren sie eher rudimentär vom Historismus gekennzeichnet. Sein eigener Stil begann.
1879 baute er die Dekorationen für das Festzelt vor dem Burgtor für die Silberne Hochzeit des Kaiserpaares (Makart-Festzug). Danach nahm er an Wettbewerben für den Berliner Reichstag und das Budapester Parlament und Amsterdamer Börse teil.
Für seine Familie baute er im Westen Wiens eine Villa ("Villa Wagner I"). Sie steht am Rande des Wienerwaldes. Sie wirkte historisierend.
Wien war damals von dörflich beeinflusste Stadtteile geprägt. Wagner entwarf einen Generalregulierungsplan für die Stadt. Sie sollte zu einer Metropole mit vier Millionen Einwohner werden. In den 1890er Jahren erhielt Oberbaurat Professor Wagner den Auftrag die Bauten für die Wiener Stadtbahn zu entwerfen und zu realisieren. Sogar Personenwaggons entwarf er (TMW), die europaweit eingesetzt wurden. 1901 wurde die Stadtbahn vollendet. Jedoch ihre Architektur (Hochbauten, Stationen, Brücken) wurde erst in den 1960er Jahren als wertvoll erkannt.
Zu seinen Schülern zählten Josef Hoffmann (Architektur und Design), Adolf Loos (Architekt) und Joseph Maria Olbrich (Secession).
Wagner wurde 1897 Mitarbeiter im Museum für Kunst und Industrie (MAK). Seine Vorschläge für die Neue Burg und Kaisergruft wurden ignoriert.
Zumindest am Naschmarkt errichtetet er drei – inzwischen wichtige Wienfotomotive – Wohn- und Geschäftshäuser (1898/1899). Für den Donaukanal errichtete er das Nußdorfer Wehr. Ein Bau der Niederösterreichischen Landesirrenanstalt am Steinhof (!) folgte und die dazugehörige Kirche (1904-1907) – mit vergoldeter Kuppel weithin sichtbar und eines der Wahrzeichen Wiens.
Das k. k. Postsparkassenamt (1903-1906 und 1910-1912) nahe der Ringstraße gilt als weiteres Hauptwerk. Gegenüber befindet sich das imperiale k. u. k. Kriegsministerium, das nicht von Wagner geschaffen wurde und den Zeitgeist widerspiegelte.
Bis 1910 legte er mehrere Entwürfe für das Kaiser-Franz-Josef-Stadtmuseum vor. Aber erst Ende der 1950er Jahre wurde ein eher karger Neubau am Karlsplatz hochgezogen. Ein Projekt für den Platz wurde genauso wenig verwirklicht wie andere Vorhaben: Friedenspalast (1905) in Den Haag, Brunnenkollonade (1907/1908) in Karlsbad, "House of Glory" in San Franzisco, Technisches Museum (1909) in Wien, Entwürfe für die Wiener Universitätsbibliothek (1910-1914) und ein Austria-Denkmal (1915) am Wiener Schottenring.
Seine Villa Wagner verkaufte er 1911 und zog daneben im spätsecessionistischen Stil eine zweite Villa Wagner (1912/1913) hoch. Sie sollte als Witwensitz für seine wesentliche jüngere Frau dienen. Jedoch sie starb 1915. Während der Weltkrieges schuf er Studien für eine Friedenskirche auf der Schmelz (1917; Wien 15). Auch dieses Projekt blieb unausgeführt. 1917 erhielt er das Ehrendoktorrat der Technischen Hochschule Dresden.
Wagners letzte Zeit verbrachte er in seiner – natürlich von ihm entworfenen – Stadtwohnung (Wien 7). 1918 starb Otto Wagner 76-jährig und wurde auf dem Hietzinger Friedhof bestattet. Fast zeitgleich starben Gustav Klimt, Koloman Moser und Egon Schiele. Die Ära des Jugendstils endete allmählich.
Jedenfalls war Otto Wagner der bedeutendste Architekt der Belle Epoque und des Fin de siècle – und sein erhaltenes Werk, sei es theoretisch und praktisch, beweist seine Weltgeltung über die Gegenwart hinaus.

Copyright Ernst Lanz 2017


Palais Epstein, entworfen von Theophil von Hansen und von Otto Wagner hochgezogen - Foto: Ernst Zentner
Palais Epstein. Typischer aber vornehmer Historismusbau im Stil der Neo-Renaissance. Allerdings vom dänischen Architekten Theophil von Hansen entworfen und vom jungen Otto Wagner als Bauleiter 1868 bis 1871 hochgezogen. Heute Nebengebäude des Parlaments. Eher ein massiver Baukörper, der sich im Wagner-Oeuvre widerspiegelt
Synagoge in der Rumbach utca, Budapest
Synagoge in der Rumbach utca, Budapest. 1871/72 von Otto Wagner gestaltet. Perspektivischer Schnitt. Heute steht das historisierende, orientalisch wirkende Bauwerk unter Denkmalschutz und ohne Funktion … - Foto: Abgedruckt in: Wagner O. Einig skizzen projecte und ausgef. Bauwerke. Wien 1905, tab. 53, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Grabenhof, Graben, Wien-Innere Stadt
Grabenhof, Graben, Wien-Innere Stadt. Historismusbau von Otto Wagner, erb. 1874 - Foto: Thomas Ledl, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
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Historismusbau von Otto Wagner, Neo-Renaissance, Schottenring 23, erb. 1877 - Foto: Thomas Ledl, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Wienzeilenhäuser
Wienzeilenhäuser, ganz links das Majolikahaus - Foto: Thomas Ledl, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Majolikahaus, Linke Wienzeile
Majolikahaus, Linke Wienzeile 40, Wien-Mariahilf
ußdorfer Wehr mit Schemerlbrücke, Verwaltungsgebäude, Donaukanal
Nußdorfer Wehr mit Schemerlbrücke, Verwaltungsgebäude, Donaukanal, Nußdorfer Lände, err. 1894-98 - Foto: Welleschik, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Hofpavillon Hietzing
Hofpavillon Hietzing. Kaiser Franz Josef soll hier nur einziges Mal dieses Station benützt haben - Foto: Thomas Ledl, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
U-Bahn-Haltestelle Gumpendorfer Straße (ehem. Stadtbahn-Station)
U-Bahn-Haltestelle Gumpendorfer Straße (ehem. Stadtbahn-Station), errichtet 1898 - Foto: Tokfo, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Projekt für das Kaiser Franz Josef-Stadtmuseum
Projekt für das Kaiser Franz Josef-Stadtmuseum, 1909. Nicht realisiert. Heute steht dort das Wien Museum, Karlsplatz - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Entwurf für den Friedenspalast, Den Haag, 1905
Entwurf für den Friedenspalast, Den Haag, 1905; ausgezeichnet mit dem 4. Preis. Nicht realisiert - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Otto Wagner Villa II
Otto Wagner Villa II, Wien-Penzing, Hüttelbergstraße 28. Wagners ureigenster Stil, erb. 1912/13 - Foto: Welleschik, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Otto Wagner Villa I, Wien-Penzing
Otto Wagner Villa I in Wien-Penzing, Hüttelbergstraße 26. Sie enthält noch historisierende Elemente, erb. 1886-88/1900 - Heute Ernst-Fuchs-Museum - Foto: © Bwag, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Postsparkasse, Wien-Innere Stadt
Hauptfassade der Postsparkasse, Wien-Innere Stadt, Georg-Coch-Platz; nach Plänen von Otto Wagner von 1903/04 bis 1906/07 err. und 1910-12 erw. - Foto: © Bwag, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Genius mit Siegeskränze an der Postsparkasse
Genius mit Siegeskränze an der Postsparkasse, von Othmar Schimkowitz. Der Siegeskranz war das triumphale Symbol des Jugendstils - Foto: Buchhändler, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Blick vom Schönbrunner Schlosspark auf die weithin sichtbare Kirche am Steinhof - vergoldete Kuppel!
Blick vom Schönbrunner Schlosspark auf die weithin sichtbare Kirche am Steinhof - vergoldete Kuppel! - in Wien-Penzing, 1904-07 - Foto: Txllxt TxllxT, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Quellen

Abbildungen