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Die Heiligen Drei Könige in Glanzlichtern der Kunst - "Sie folgten dem Stern"#

Von Ernst Zentner

Rogier van der Weyden, 'Bladelin-Altar' bzw. 'Middelburger Altar', um 1444
"Bladelin-Altar" bzw. "Middelburger Altar", Rogier van der Weyden, um 1444; Berlin-Dahlem, Gemäldegalerie. Im rechten Tafelbild die "Vision der Könige" - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Erwähnt werden sie nur im Matthäusevangelium (Neues Testament). Als "Sterndeuter" (weise Ratgeber hoher Fürsten), die einem Stern vom Osten aus bis nach Bethlehem nach wanderten. In der Sakralkunst existiert vorwiegend - im Zusammenhang mit der "Geburt Christi" - das Bildthema "Anbetung des Jesuskindes durch die Heiligen Drei Könige".
Die römische Triumphalkunst (huldigende Barbaren auf einem Relief der Trajanssäule, Rom, zwischen 108 und 117) bot die Vorlage für das bildsprachliche Programm. Die Sterndeuter können wir auf frühchristlichen Artefakten des 3. bis 6. Jahrhunderts bewundern (Katakombenfresken, Sarkophagreliefs und Elfenbeintafeln).

Anbetung der Könige, Maria und Jesuskind, Prophet Bileam, Stern, 3. Jahrhundert
Anbetung der Könige, Detail des Severa-Sarkophags, 3. Jahrhundert; Kopie, Museo della civiltà romana a Roma, Original in den Vatikanischen Sammlung - Ausschnitt eines Fotos: © Giovanni Dall Orto, Wikimedia Commons - Gemeinfrei. Hinter Maria und Kind der Prophet Bileam, welcher auf dem Stern deutet

Bis ins Mittelalter wurden sie als persische Magier wiedergegeben (Hosen, phrygischen Mützen). Der Stern erwuchs zum festen Bestandteil in Dreikönigsabbildungen.
Aufgrund dreier Geschenke (Gold, Weihrauch und Myrrhe) setzte sich nach frühen theologischen Diskussionen die Dreizahl durch. Vom 6. Jahrhundert an übte der erste Weise aus dem Morgenland die demutsvolle Haltung einer Kniefigur aus.
Längst fungierten die Weisen als Vertreter der Lebensalter (Jugend, Mannesalter, Greisentum), Erdteile (Europa, Asien, Afrika) und verschiedener Rassen. Mit Erforschung der Welt erschien bald ein dunkelhäutiger König (12. Jahrhundert!), der endlich in Bildwerken der Gotik - als Caspar - gängig wurde.

Meister von Sant Apollinare, byzantinisch, Caspar, Melchior und Balthasar, um 526
Caspar, Melchior und Balthasar; Mosaik, byzantinisch, Sant Apollinare Nuovo zu Ravenna (um 526) - Foto: Nina-no, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Ihre populären Namen Caspar, Melchior und Balthasar, sind bereits in einem byzantinischen Mosaik des Gotteshauses Sant' Apollinare Nuovo zu Ravenna (um 500) inschriftlich festgehalten worden. Als kronentragende Könige (ebenfalls mit Namen) traten sie erstmals innerhalb einer Buchmalerei im Egbertkodex auf (Reichenauer Malerschule, um 980; Trier, Stadtbibliothek). Im Mittelalter wandelte sich das Dreikönigsereignis zum Andachtsbild. Künstler stellten den Königen die "Anbetung der Hirten" gegenüber. Franziskanische Frömmigkeit bewirkte eine innigere Beziehung der Fürsten zum Jesuskind. Im Spätgotik- und Renaissancezeitalter kennzeichneten Schauspielcharakter, Emotionalität und überreiche Ausstattung (prunkvolle Gewänder, kostbare Geschenke, viele Gestalten) die Dreikönigsdarstellungen. Sie erhielten erst wieder während der Reformation eine vertraute Aura.
Beinahe jeder namhafte Künstler beschäftigte sich eingehend mit diesem Sakralgegenstand: Nikolaus von Verdun schuf eine kraftvolle Emailtafel für seinen "Verduner Altar" (1181 fertiggestellt; Stift Klosterneuburg).

Nicolaus von Verdun, Dreikönigsschrein, 1181-1230
"Dreikönigsschrein", Nicolaus von Verdun, 1181-1230, Vorderseite, Kölner Dom. Links unten Heilige Drei Könige - Foto: Beckstet, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Danach stattete er um 1181-1205 den prächtigen "Dreikönigsschrein" im Kölner Dom mit entsprechenden Relieffiguren aus. Dieser Schrein ein gewaltiger Ausdruck einstiger Dreikönigsverehrung birgt die Reliquien der Könige. Weltberühmt ist auch der von Stephan Lochner um 1442 gemalte Dreikönigsaltar im dortigen Dom.

Giotto di Bondone, Anbetung der Könige, 1303
Giotto di Bondone, Anbetung der Heiligen Drei Könige - Darüber der Stern von Bethlehem als Komet. Cappella degli Scrovegni (Padua), Fresko, Höhe: 2 Meter - Breite: 1,85 Meter, 1303 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Daneben entstanden seltene Interpretationen: Giotto di Bondone legte Wert auf Wirklichkeitsnähe und fügte seinen Fresken in Padua den Halleyschen Kometen von 1301 als Stern von Bethlehem hinzu (Arenakapelle; zwischen 1305 und 1313).

Brüder Limburg, Treffen der Könige, 1413-16
Treffen der Könige, Stundenbuch des Herzogs von Berry, Brüder Limburg, 1413-16; Chantilly bei Paris, Musée Condé

Brüder Limburg, Anbetung der Könige
Anbetung der Könige, Stundenbuch des Herzogs von Berry, Brüder Limburg, 1413-16; Chantilly bei Paris, Musée Condé

Die franko-flämischen Buchmalereien der Brüder von Limburg im "Stundenbuch des Herzogs von Berry" (1413-16; Chantilly bei Paris, Musée Condé) begeistern wegen des Detailreichtums. Eine Miniatur zeigt das Zusammentreffen der drei Könige an einer Weggabelung.

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Dreikönigsaltar bzw. Columba-Altar, Rogier van der Weyden, um 1460; München, Alte Pinakothek. Im Mittelbild ist der dritte König Karl der Kühne - Foto: Yelkrokoyade 2015, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Im bühnenhaften Gemälde des Flamen Rogier van der Weyden können wir Karl den Kühnen als dritten König entdecken ("Columba-Altar", um 1460; München, Alte Pinakothek).

Benozzo Gozzoli, Zug der Heiligen Drei Könige, zw. 1459 und 1462
Der Zug der Heiligen Drei Könige, hier der jüngste König, wohl Lorenzo Medici (zehn Jahre jung), bekannt als "Lorenzo der Prächtige", Benozzo Gozzoli, zw. 1459 und 1462; Dreikönigskapelle, Palazzo Medici-Riccardi, Florenz - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Der Florentiner Benozzo Gozzoli setzte neben der "Verkündigung an die Hirten" den "Zug der Könige nach Bethlehem" in eine toskanische Gebirgslandschaft (Fresken der Kapelle im Palazzo Medici-Riccardi, Florenz, 1459-61).

Leonardo da Vinci, Studie für Anbetung der Weisen, 1481/82
Studie für Anbetung der Weisen, Leonardo da Vinci, 1481/82; Florenz, Uffizien - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Leonardo da Vinci hinterließ eine leider unvollendete "Anbetung der Könige", die als natur- und architekturverbundener Spiegel einer unruhigen Epoche brillierte (1481/82; Florenz, Uffizien).

Albrecht Dürer, Anbetung der Könige, 1504
Anbetung der Könige, Albrecht Dürer, 1504; Uffizien, Florenz - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Desgleichen Albrecht Dürer, der auf seinem Ölgemälde den scharfen Gegensatz zwischen Prunk und Schlichtheit betonte (1504; Uffizien).

Hieronymus Bosch, Epiphanie-Triptychon, um 1494
Mittelteil des Epiphanie-Triptychons, Hieronymus Bosch, um 1494; Museo del Prado, Madrid - Foto: artwork, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

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Der vierte König? König Herodes? Ein Papst? Versteckte Kritik an der damaligen Weltkirche?

Interessant erscheint auch die visualisierte Auffassung des Phantasten Hieronymus Bosch, der König Herodes in den Stall blicken ließ (Dreikönigstriptychon, zwischen 1494 und 1516; Madrid, Prado).

Albrecht Altdorfer, Anbetung der Könige, um 1530 bis 1535
Anbetung der Könige, Albrecht Altdorfer, um 1530 bis 1535; Städel Museum, Frankfurt am Main - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Gleichfalls gibt es Bildinhalte, die das Übersinnliche anspielen: So etwa die Stern-Prophezeiung des alttestamentarischen Sehers Bileam (Gravur auf dem Severa-Grabstein, römisch, um 330 n. Chr., Museo Pio Cristiano, Vatikanische Sammlungen).

Der Traum der Könige, Relief aus dem Dreikönigszyklus, Gislebertus, um 1125-35; Kathedrale Saint-Lazare zu Autun, Ostfrankreich - Ausschnitt des
Der Traum der Könige, Relief aus dem Dreikönigszyklus, Gislebertus, um 1125-35; Kathedrale Saint-Lazare zu Autun, Ostfrankreich - Ausschnitt des

Der seit dem 9. Jahrhundert als Kunstmotiv bekannte "Traum der Könige" deutet an, dass Gott durch einen Engel den träumenden Königen befahl, nicht zu Herodes zurückzukehren (Relief aus dem Dreikönigszyklus des französischen Bildhauers Gislebertus, Kathedrale Saint-Lazare zu Autun, Ostfrankreich, um 1125-35). Oder ein weiteres Beispiel, die "Vision der Könige", bei der die Magier das Jesuskind im Stern erblickten, entstammte mittelalterlichen Legendensammlungen (Tafelbild vom "Bladelin-Altar" bzw. "Middelburger Altar", Rogier van der Weyden, um 1444; Berlin-Dahlem, Gemäldegalerie).

Anbetung der Könige, Giovanni Battista Tiepolo, 1753
Giovanni Battista Tiepolo, Anbetung der Könige, 1753; Alte Pinakothek, München - Foto: Archiv Lanz

Giovanni Battista Tiepolo, ein genialer Maler des 18. Jahrhunderts, realisierte ein monumentales Anbetungsgeschehen (4,25 x 2,11 Meter, 1753; München, Alte Pinakothek).
Obendrein trägt der darin abgebildete Farbige eine orientalische Tracht. Noch im Barock wechselte das Sujet von der hohen Kunst zur volkstümlichen Krippenkunst, wo es bis heute verblieben ist. Im 19. Jahrhundert verlor das Dreikönigsthema an Bedeutung.
Beachtenswert gilt noch Leopold Kupelwiesers spätromantische Version, in welcher die Könige auf Pferden dem Stern nachreiten (1825; Wien, Österreichische Galerie, Belvedere).

Reise der Heiligen Drei Könige, Leopold Kupelwieser, 1825
Leopold Kupelwieser, Reise der Heiligen Drei Könige, 1825; Österreichische Galerie, Wien - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Die Heiligen Drei Könige spiegeln den suchenden Menschen wider, Welcher sich in höchster Hingabe dem Schöpfer des Universums Unterwirft.


Dieser Text erschien in: Wochenschau für Alle 1995, Nr.1, Seite 20-21; inzwischen behutsam aktualisiert und mit weiteren - farbigen - Abbildungen erweitert.
Quellen Weiterführendes