Der Hernalser Kalvarienberg #
Die erste Anlage entstand 1639 an der Stelle der früher evangelischen Herrschaft Hernals. An der Einweihung nahmen der Kaiser und sein Hofstaat mit einer pompösen Prozession teil. Entlang des Weges, der vom Stephansdom nach Hernals führte, befanden sich mehrere Stationen mit Passionsdarstellungen. Am Ende errichtete man ein "Heiliges Grab". Die Gruppe der Geißelung Christi ist bei der Pfarrkirche Alservorstadt, Ecke Schlösselgasse, zu sehen. 1709 wurde der Beschluss gefasst, in Hernals einen neuen Kalvarienbrg zu errichten. Den Baugrund widmete das Wiener Domkapitel, dem der Kaiser nach dem Landesverweis der Jörger Schloss und Kirche zugesprochen hatte. Wiener Bürger, die sich zur " Bruderschaft der 72 Jünger Christi" zusammengeschlossen hatten, sicherten die Finanzierung. Von einer Kapelle am Fuß eines künstlichen Berges führten 72 Stufen zur Kreuzigungsgruppe am Gipfel. Die Treppenanlage flankierten Kapellen, die große Holzreliefs enthielten. Anders als sonst bei Kreuzwegen, stellten die Schnitzereien die sieben Hauptsünden und die sieben Tugenden dar. Diese Anlage war 1714 fertig gestellt, sie existierte kaum ein halbes Jahrhundert. An Stelle des baufällig gewordenen Kalvarienbergs entstand die Kirche. Die letzte große Umgestaltung erfuhr der Komplex Ende des 19. Jahrhunderts. Der Berg wurde abgetragen, die Kirche verlängert, Seitenschiffe und der nun überdachte "Kalvarienberg" angebaut. wurde der Kalvarienberg renoviert. Er ist von Aschermittwoch bis Ostersonntag geöffnet.
Der Kalvarienbergmarkt
Untrennbar verbunden mit der religiösen Wallfahrt war der weltlich orientierte Kalvarienbergmarkt.
dessen typische Ware der Baumkraxler darstellte. Er dauerte die ganze Fastenzeit. 2014 hätte der älteste Jahrmarkt Wiens sein 375-jähriges Jubiläum gefeiert. Doch das Fachblatt "Marktnews" (Ausgabe 2/2014) meldete: "Abgesagt. Der diesjährige Kalvarienbergmarkt wurde aus Gründen mangelndem Interesses der Marktkaufleute leider abgesagt." Daher entwickelten die Pfarre und der der Verein Bildungsagentur eine kürzere, Kalvarienbergfest genannte, Veranstaltung. Seither gibt es neben einigen traditionellen Marktständen mit Baumkraxler-Figuren, Ringelspiel und Kinder-Eisenbahn mehrere Zelte, in denen man Kunstgewerbe kaufen, Handwerkern zusehen und basteln kann. Auf der Bühne umfasst das Programm musikalische und literarische Veranstaltungen sowie Angebote für Kindergartenkinder, Schulen und Senioren. Dazu kommt das von der Pfarre gestaltete Programm.
Historische Zeugnisse
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Der Weinort Hernals bildete schon vor der Errichtung des Kalvarienbergs ein beliebtes Ausflugsziel. Die Verknüpfung von kirchlichen und weltlichen Bräuchen forderte die Kritik heraus. Zur Maria Theresianischen Zeit schrieb der Berliner Journalist Julius Friedrich Knüppeln: In der Charwoche ist die Straße mit Menschen aus den niederen Ständen angefüllt, die theils die Gewohnheit, weil es ihre Väter thaten, theils der Aberglaube, sich dadurch ein Verdienst zu erwerben, sehr oft aber auch die Gelegenheit, gegen das fünfte und sechste Gebot zu sündigen, nach Hernals führt. Aus Gründen der Moral ließ die Kaiserin die Segensandacht, die um 19 Uhr (in der Dämmerung) begann, auf 16 Uhr vorverlegen.
Joseph Richter (1749-1813), der durch seine "Eipeldauer-Briefe" berühmte Schriftsteller der Aufklärung, kritisiert unter dem Pseudonym Obermayr in der "Bildergalerie katholischer Misbräuche" anno 1784: Fremde, die diesen Ort zum erstenmal besuchen, müssen sich nicht wenig wundern, wenn sie oben am Kalvarienberg Christus am Kreuz erblicken, und dann die unzählichen Boutiken von Würsten, Zuckerwerk, Hernalserkipfeln, wälschen Salamien, Käß und anderen Viktualien am Fuß des geheiligten Berges sehen. Wenn sie hier ein altes Weib rufen hören: Das Lied zum Leiden Christi um 1 kr. und gleich neben diesem ein anderes Weib ruft: Meine Limonien, meine Feigen um 1 kr; werden sie nicht glauben, daß auf dem Kalvarienberg Christen, am Fuß des Berges aber Heiden wohnen ?"
Quellen:
Dehio-Handbücher
E. K. Blümml und G. Gugitz: Der Hernalser Kalvarienberg. In: Von Leuten und Zeiten im alten Wien. Wien 1922
Alfred J. Ellinger: Das Bilderbuch vom Hernalser Kalvarienberg. Wien o. J.
Festschrift zur Wiedereröffnung der Kalvarienbergkirche. Wien 2000
M. Fuhrmann: Historische Beschreibung… Wien 1767, 2. Teil, 2. Band
G. Gugitz: Das Jahr und seine Feste. Wien 1949
E. Kratzmann: Kalvarienberg in Hernals. In: Hernals. Ein Heimatbuch für den 17. Wiener Gemeindebezirk, hg. von den Hernalser Lehrern. Wien 1924
Siehe auch:
Kalvarienberge