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Reischek, Andreas sen.#

* 15. 9. 1845, Linz

† 3. 4. 1902, Linz


Entdecker
Erforscher der Maorikultur und der Vogelwelt Neuseelands


Andreas Reischek
Andreas Reischek
© Archiv Senft
Reischek wurde in Linz als Sohn eines Finanzbeamten geboren und versuchte sich frühzeitig im Präparieren von Tieren.


Für eine höhere Schulbildung reichte das väterliche Gehalt nicht, und so kam er zu einem Bäcker in die Lehre. Schon damals kaufte er sich von seinen geringen Ersparnissen wissenschaftliche Bücher. Der Wendepunkt in seinem Leben war der Militärdienst. Während des Feldzuges von 1866 wurde man auf den äußerst begabten jungen Mann aufmerksam und empfahl ihn als Reisebegleiter, so kam Reischek nach Italien und in andere europäische Länder.


1875 ließ er sich in Wien als Tierpräparator nieder und kam hier mit Dr. Hochstetter in Verbindung, der ihn am neu gegründeten Naturhistorischen Museum beschäftigte. Aber schon wenig später verschaffte dieser ihm den hochinteressanten Auftrag, in Neuseeland das Museum von Christchurch einzurichten. Reischek war begeistert und begann sofort Englisch und Maori zu lernen, Sprachen, die er in kürzester Zeit beherrschte.


Von 1877 bis 1889 weilte er acht Mal in Neuseeland und arbeitete dort zuerst bei Ritter von Haast, später als selbständiger Forscher. Er richtete die Museen von Christchurch, Auckland und Wanganui ein und unternahm acht größere Expeditionen zu den von der Zivilisation völlig unberührten Maori-Stämmen. 1882 betrat er als erster Weißer das "Königsland" und erwarb sich Vertrauen und Freundschaft des Königs Tawhiao in solchem Ausmaß, dass ihm sogar die Häuptlingswürde zuerkannt und er feierlich in den Maoristamm aufgenommen wurde. "Ihaka Reiheke" nannten ihn von da ab die Eingeborenen.


Seine Reiseberichte und die Veröffentlichungen seiner Forschungsergebnisse sind bedeutend, seine ornithologischen Sammlungen, die 16.000 Stück umfassen, sind reichhaltiger als jene der neuseeländischen Museen.


Nach seiner Rückkehr wurde Reischek zunächst sehr wenig Anerkennung zuteil. Er konnte erst nach langen Bemühungen und nur mit Unterstützung weitblickender Gönner (u. a. Graf Wilczek) seine Sammlungen an das Naturhistorische Museum verkaufen. Sie umfassten 450 Objekte der Maorikultur, 3.000 vogelkundlicher Natur (darunter mehrere neue Arten), 8.000 Reptilien und Fische sowie 2.400 Pflanzen. Allzu früh, mit 57 Jahren, verstarb Reischek an einem Herzleiden.


Leseprobe#

aus

"Ihaka Reiheke" von seinem gleichnamigen Sohn:

[...] Häuptling Te Witiora, des Königs Onkel kam mit Gefolge vor mein Zelt und überreichte mir feierlich eine Kassette, Paparauparaha genannt, in der ein Huiaschweif lag, die höchste Auszeichnung, die der König verleihen kann. Sie bedeutet die Verleihung der Häuptlingswürde, die insoweit erblich ist als sie auf das erstgeborene Kind der Hauptfrau (gleichgültig ob Knabe oder Mädchen) übergeht.

Der Häuptling hielt folgende Ansprache an mich: "Ich begrüße dich als unseren Freund. Der König sendet dir dies als Zeichen seiner Liebe. Von heute an kannst du in seinem Land hingehen, wohin es dir beliebt. Wer dich beleidigt, beleidigt auch mich und den König. Dein Name sei von nun an: "Ihaka Reiheke te Kiwi, Rangatira te Auturiua“ - Das heißt zu deutsch „Häuptling Reischek, der Schnepfenstrauß, Fürst in Österreich“.

Ich meldete mich beim König, der mich wie einen Bruder empfing. Als ich ihm für die Ehrung dankte, sprach er zu mir: „Wir lieben dich, weil du ein Mann unserer Art bist. Wären alle Weißen so wie du, dann hätten wir nie die Keulen und Lanzen gegen sie erhoben. Seit zwanzig Jahren haben wir unser letztes Stück Land gänzlich vor den Weißen abgesperrt. Du bist der erste! den wir einließen. Mögen es die Götter geben, dass der Sinn der Weißen sich ändere."

[...] wir kehrten nach Pukekohe zurück. Ein paar Tage später kam eine Anzahl Maori auf Besuch einen verstorbenen Häuptling zu beweinen. Sie waren alle beritten, auch die Frauen saßen im Sattel, mit der Tabakpfeife im Mund. Die Hauptfrau des Häuptlings begrüßte die Angekommenen, die sich im Halbkreis mit gekreuzten Beinen gesetzt hatten, mit einem Willkommgesang. Die Besucher verbargen ihre Gesichter in den Händen und weinten laut, in gesanglichem Rhythmus. Dies dauerte eine halbe Stunde, dann kam der Häuptling aus der Hütte, mit einer Parawaimatte bekleidet, und hieß die Gäste mit einem Gesang willkommen. Nach dieser Zeremonie rieben die Maori mit den Besuchern die Nasen gegeneinander, wobei sie weinende Laute ausstießen.

Andere hatten inzwischen Hangi (Kochgruben) hergestellt. Das Essen wurde daraus in geflochtenen Körbchen serviert, die Finger als Besteck benutzt Die Mahlzeit dauerte lang. Nachher setzten sich alle im Kreis auf die Erde, ein Häuptling stand auf und hielt eine Ansprache ­ man könnte sagen, einen Nachruf. Er brachte alle Taten und guten Eigenschaften des Verstorbenen vor. Während er sprach ging er gemessenen Schrittes mit ernstem Gesicht die eine Strecke, zurück ging er schnell oder auch in einigen Sprüngen, wobei er Gefechtsübungen ausführte. Diese Ansprachen und Gesänge, Pfeifen- und Flötenspiel dauerten mehrere Tage, bis die aufgehäufte Nahrung aufgezehrt war, dann verließen die Besucher wieder das Dorf.

Ich verließ nach einigen Tagen den Platz, dankte meinen Gastgebern und konnte eine reiche Zahl ethnographischer und zoologischer Objekte mitnehmen [...]


Der Vulkan Ngauruhoe auf der Nordinsel
Der Vulkan Ngauruhoe auf der Nordinsel
© Foto Senft
Dämonen abwehrende Holzfigur
Dämonen abwehrende Holzfigur
© Archiv Senft
Götterstandbild in einem Versammlungshaus der Maori
Götterstandbild in einem Versammlungshaus der Maori
© Archiv Senft

Literatur#

  • Reischek, A. jun., lhaka Reiheke, der Maorihäuptling aus Österreich, Wien 1943
  • Kiwis und Vulkane. Zum 150. Geburtstag des Neuseelandforschers Andreas Reischek, Linz 1935

Quellen#

H.&W. Senft, Aufbruch ins Unbekannte, Stocker Verlag, Graz, 1999



Redaktion: Hilde und Willi Senft