Ganz schön alte Brötchen#
Wo die älteste Bäckerei gestanden ist und was das Bäckerschupfen war – ein Blick auf die Anfänge der frühen Grazer Backkunst.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Die Bäcker und Müller zählten stets zu den reichsten Gewerbetreibenden, weil ihre Produkte auch in schlechten Zeiten begehrt waren. Dafür wurden sie aber auch streng kontrolliert. Und wehe, einer hat die Backordnung nicht eingehalten! Dann kam es nämlich zum legendären „Bäckerschupfen“. Dabei steckte man den „Missetäter“ in einen Weidenkorb, der an einem Seil hing und zum Gaudium der Zuschauer mehrmals in die Mur getaucht wurde. Er blieb so lange unter Wasser, bis ihm die Luft ausging. Danach wurde er unter dem Gejohle der Menge wieder herausgezogen und musste völlig durchnässt nach Hause gehen. Angeblich konnte einmal der Weinrebenbäcker, ein Vorfahre der Bäckerdynastie Sorger, aus diesem Käfig entkommen. Er soll sich dank seiner Tauchkünste gerettet haben. Kaiser Josef II. hat schließlich 1778 diese „entehrende“ Strafe verboten.
Protchorp und Melprei#
Aber zurück zu den Anfängen der Grazer Backkunst: Die ersten Nachrichten über Bäcker stammen aus der Zeit zwischen 1280 und 1295, berichtet der frühere Leiter des Landesarchivs, Walter Brunner, im Historischen Jahrbuch der Stadt. Damals konnte man die Bäcker noch verlässlich an ihren sprechenden Namen erkennen – wie zum Beispiel „Protchorp“ und „Melprei“.
Im Urbar (Untertanen- und Zinsverzeichnis) des Stiftes Rein von 1395 scheinen in Graz bereits vier Bäcker auf. Deren Zahl stieg im Laufe der Jahre weiter an, 1590 wegen ihres protestantischen Glaubens für drei Tage eingesperrt.
Die Grazer Bäcker mussten einen beständigen Kampf gegen die Hausbäcker (Pfister) der Herrschaften im Umkreis der Stadt führen, die ihr Brot ebenso in Graz verkauften wie die Bauern der Umgebung. Bis 1709 durften nur die Stadt-Bäcker ihr Brot in den Brotläden auf dem Hauptplatz verkaufen, und zwar nur hier. Der Direktverkauf in den Backstuben war bis ins 18. Jahrhundert verboten. Die Vorstadtbäcker aber durften in ihren Häusern verkaufen. Eine verpflichtende Kennzeichnung der Brotlaibe erfolgte durch das Hineindrücken von Löchern mit dem Zeigefinger oder durch Stiche, wobei jeder Bäcker seine eigene Marke hatte, die durch Zahl und Anordnung der Löcher entstand.
Lange Zeit galt die Hofbäckerei Edegger-Tax als älteste bis jetzt bestehende Bäckerei der Stadt – aber eine aus der Vorstadt hat ihr den Rang abgelaufen und wird bereits 1346 urkundlich erwähnt, fand Brunner heraus. Dort, wo der Weg vom Münzgraben (der Graben, in dem Minze wuchs) nach Graz über den noch offenen Grazbach führte, stand die Bäckerei des „Kreuzbäck“, in der sich heute das Stammhaus von Martin Auer befindet. Sie war die einzige Bäckerei am Grazbach. Das ist wichtig, weil der „Kreuzbäck“ erst seit 1689 urkundlich nachweisbar ist. Aber eine Bäckerei am Grazbach wird schon 1346 erwähnt. „Wolfgang der peche“ lautete sein Name samt Berufsbezeichnung. Er ist der älteste Grazer Bäcker, der schriftlich belegt und lokalisierbar ist. So freut sich Martin Auer, dass im Vorläufer seines Stammhauses am Dietrichsteinplatz 13 bereits 1346 Brötchen gebacken wurden.
"In diesen Mauern wurde schon vor Jahrhunderten gutes Brot gebacken." - Martin Auer
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