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Was ich glaube#

Von

Franz Hammerschmid

Aus: Gedanken zu Glaube und Zeit Nr. 196/2016


Ich glaube an den einen Gott, der in allen Dimensionen unendlich und daher eine Singularität ist. Er ist das Zentrum und die Quelle, der Ausgangspunkt für die Liebe, die Barmherzigkeit, die Güte, die Gnade und der Kraft mit der das Universum geschaffen wurde. Bei auch naturwissenschaftlicher, jedoch oberflächlicher Betrachtung erscheint alles aus sich selbst entstanden zu sein. Bei näherer Betrachtung im molekularen bis subatomaren Bereich erkennt man, mit wie viel Liebe, die in dieser Disziplin als Information bezeichnet wird, die einzelnen Bausteine ausgestattet sind. Sie sind seit Beginn der Schöpfung einer Evolution unterworfen, die noch immer stattfindet.

Das betrifft auch den Ursprung und die Entwicklung des Menschen, der als Hominid, aus dem Tierreich herausgenommen, zu einem Zeitpunkt gelangt ist, wo er aus dem präkognitiven Stadi-um in das kognitive überwechselte. In der Genesis wird dieses Ereignis im sogenannten Sündenfall beschrieben. „..weil ich sah, dass ich nackt bin, “ sagte dort Adam. Ich glaube nicht, dass dieser in der von Gott eingerichteten Evolution des Menschen eingerichteter Übergang dem Menschen als Sünde angelastet werden kann, noch dazu mit dem folgenschweren Makel der Vererbung. Der Mensch bekommt hier die Selbsterkenntnis und die wenn auch begrenzte Wahlmöglichkeit zwischen Gut und Böse. Wie sehr sich Gott anschließend um den Brudermörder Kain sorgt, beweist die Güte und Barmherzigkeit Gottes mit dem, der das Wagnis eines persönlichen Entschlusses in die Tat umsetzt; das göttliche Verzeihen mit schuldbeladenen Menschen ist omnipräsent.

Ich glaube an den Menschen Jesus Christus, der in seinem ganzen Menschsein vollständig erfüllt vom Geist Gottes und in seiner Lebensweise glaubhafter Botschafter der Liebe Gottes war. Er kann damit nach der Definition Meister Eckhart‘s (1313 n.Chr.) als Sohn Gottes bezeichnet werden. Eckhart schreibt:

Er (Gott) blickt auf nichts außerhalb seiner, sondern allein auf das Warum seiner selbst. Er liebt und bewirkt alle Dinge um seiner selbst willen. Liebt daher ein Mensch ihn selbst und alle Dinge und tut alles, was er tut, nicht für Lohn, Ehre oder Vorteil, sondern nur um Gottes und seiner Ehre willen, so ist das ein Zeichen, dass er Gottes Sohn ist.

Damit endet auch die Kindschaft Gottes der Menschen in derselben Singularität wie Gott selbst. Die Präambel zum Vaterunser: wir heißen nicht nur Kinder Gottes, wir sind es auch, daher wagen wir zu sprechen: Vater unser…weist darauf hin, dass wir mit Jesus in der Liebe Gottes unseren gemeinsamen Treffpunkt finden. Wir sind daher alle mit Jesus Kinder Gottes.

Das Konstrukt der Dreifaltigkeit versucht, die aus den vielen drei herausgenommenen Erschei-nungsformen durch die semantische Personifizierung als eines Wesens zu erklären. Es läuft dabei Gefahr, durch die ihm anhaftende Widersprüchlichkeit, dessen Tradierung zu behindern. Wegweisend aus dieser Widersprüchlichkeit sind die Feststellungen: „dass Gott in der Welt auf unterschiedliche Weise in Erscheinung tritt: Als Schöpfer allen Seins, als mein Seelengrund und als zwischenmenschliche Beziehung.“ (M. Beck) und „Unser Vertrauen auf Gott als Vater, als Quelle und Ursprung allen Lebens; unser Vertrauen auf Gott als Sohn, als Menschenkind, in dem das Leben stärker ist als der Tod; unser Vertrauen auf Gott als den Heiligen Geist, die ewig junge Lebenskraft Gottes in uns.“ (D. Steindl-Rast)

Ich glaube nicht, dass Jesus auf die Welt gekommen ist um für unsere Sünden, hier im Beson-deren die Erbsünde („Oh glückliche Schuld“ der Osterliturgie) am Kreuz zu sterben. Die archaische Vorstellung des Sündenbockes, der mit den Sünden der Gemeinde in die Wüste gejagt wird, kann heute nicht mehr nachvollzogen werden. Ich glaube jedoch, dass ein Mensch, der erfüllt von der Liebe Gottes ist und diese Liebe den Menschen glaubwürdig verkündet, durch seine Mitmenschen in Lebensgefahr gebracht wird. Das Kreuz ist daher von uns Menschen gemacht und ist gleichsam Sinnbild des Widerstandes der Menschen gegen die Verkündigung der göttlichen Liebe. Die immer wiederkehrende Suggestion der Vorbestimmung des Kreuzestodes Jesu in den Evangelien erscheint wie ein Versuch der Abwendung der menschlichen Schuld. Es musste ja so kommen - Jesus ist ja deswegen in die Welt gekommen. Nimmt man jedoch Jesus als den Botschafter der göttlichen Liebe wahr, und damit diese seine Aufgabe als Zentrum unseres Glaubens, so fällt die Finalität des Kreuzes allein den Menschen zu.

Ich glaube an die Heilige Messe, an das Geschehen bei dem wir zur inneren Einkehr finden, wir unserer Fehler und Mängel gewahr werden, uns in der Opferung bereitmachen, um in der Wandlung dazu gewandelt zu werden, in der Kommunion die Hand auszustrecken, damit wir von Gott berührt werden, vom Geist Gottes ganz erfasst werden und damit mit Jesus Christus Eins werden, eines Sinnes werden. Diese Vision ergibt sich aus der bisherigen Evolution der Eucharistieform. Vor dem Zweiten Vatikanum war das Geschehen am Altar strikt von den Gläubigen getrennt, die sich mit persönlichen Gebeten oder dem Rosenkranz beschäftigten. Sie wurden bei Bedarf durch Klingeltöne zur Aufmerksamkeit an das Altargeschenen aufgerufen. Nach dem Zweiten Vatikanum wendete sich der Priester nicht nur mit der Landessprache an das Volk, sondern er lässt es von nun an am Altargeschehen teilnehmen.

Ich glaube an eine dritte Stufe der Entwicklung, in der das Volk an der Wandlung seiner selbst teilnimmt und sich damit wie oben beschrieben selbst in die Eucharistie einbringt.

Es ist mir unbegreiflich, wie in der Heiligen Wandlung die Transsubstantiation von Brot und Wein zur Realpräsenz Christi (https://de.wikipedia.org/wiki/Transsubstantiation) vollzogen wird, um sofort wiederholt zu bekräftigen, dass wir auf die Wiederkunft Christi in Herrlichkeit warten, nicht auf den, der hier am Altar präsent ist. Gleichzeitig wird diese Realpräsenz stark in ihrer Realität gemindert, indem man Christi Worte zitiert: tut dies zu meinem Andenken. Zum Schluss negiert man diese Realpräsenz völlig („ in diesem Zeichen“), um sich mit den evangeli-schen Glaubensbrüdern konform zu erweisen. Hat da die Theologie der Mut verlassen? Ist man hier erschrocken vor der Anmaßung, den allgegenwärtigen Gott zu substantiieren, vor den Kon-sequenzen zurückgewichen?

Ich glaube an die Katholische Kirche, die den Namen katholisch (Grieche. καθολικός katholikos: das Ganze betreffend, allgemein, durchgängig) verdient. In diesem Sinne ist sie Heimat aller christlichen Konfessionen, die in ihr einander auf Augenhöhe und damit gleichberechtigt begegnen. Sie ist aber auch in gleicher Weise Heimat aller Menschen, die guten Willens sind. Damit wird sie zum Zentrum aller Glaubensrichtungen in der Welt und damit Zentrum des Wissens um Gott.

Ich glaube an die Auferstehung der Botschaft Christi von der Liebe Gottes zu den Menschen in den Menschen selbst. Auch diese Auferstehung ist einer Evolution unterworfen, wie uns die Bibel zeigt: manche der Jünger Jesu konnten sie anfangs nicht aufnehmen („Herr, deine Worte sind unerträglich...“). Nach dem Schock der Hinrichtung Jesu waren sie wie gelähmt, aber dann kam Pfingsten und die Lehre Christi ist endlich in ihren Herzen auferstanden. Und sie gingen mutig hinaus, um diese Liebe Gottes allen Menschen zu verkündigen.

Ich glaube an die Mutter Jesu als wunderbare Frau und Mutter, die ihrem Sohn in allen Lebenslagen Trost, Hilfe und Zuversicht bot. Sie war auch sicherlich Heimat für die Jünger Jesu, auch nach seinem Tod.

Ich glaube nicht an die wie in vielen Wallfahrtskirchen offensichtlich dargestellte „Muttergöt-tin“ (siehe auch in Credo von Reinhard Körner), die sich die Gläubigen gemacht haben und vor der als irregeleitete Marienverehrung das 2. Vatikanum gewarnt hatte. Sie ist jedoch verständlich, da in der katholischen Lehre dem „Gott, der das Gute belohnt und das Böse bestraft“ die Liebe und Barmherzigkeit fehlt. Ich glaube auch nicht an die Herausnahme Mariens aus der menschlichen Gesellschaft durch die Wegnahme der sog. Erbsünde (siehe ibid), da dadurch ihr großartiges Menschsein geschmälert wird. Sie konnte ja ohne Aufwand gut sein, nach dieser Diktion. Diese und die „Bemühung“, Maria mit Leib und Seele in den Himmel aufzunehmen, sind menschliche Verehrungsbedürfnisse.

Ich glaube, dass die Aufforderung Jesu „…und folget mir nach!“ im Falle Jesu und auch Mari-ens machbar ist, wie so viele Menschen vor und gleichzeitig mit uns täglich beweisen. Sie sind im Laufe ihres Lebens von der Liebe Gottes erfüllt worden und haben daher das Wissen um das Ziel ihres Lebens.

Ich glaube an das Gericht Gottes zu der Stunde, wo wir in die Ewigkeit eingehen. Gott wird uns richten in der Form des Zurechtrichtens, des Korrigierens, des Heilens in seiner Güte, die für alle Menschen ausreichend ist, auch für jene, die wir als hoffnungslos schlecht betrachten.

Ich glaube an das ewige Leben unserer Liebe zu den Mitmenschen, zu unseren Nächsten, zu unserer Familie. Diese Liebe war vom Anfang an bei Gott, ist uns zur Weitergabe gegeben worden und kehrt bei unserem Tod zu Gott zurück. Ich glaube, dass ich als Schutzengel transfor-miert, wieder hinter meinen geliebten Mensch stehen darf.

Ich glaube an die essentielle Bedeutung der Religion als Rahmenbedingung für die Entwicklung eines persönlichen Gottesbildes, das die Basis für die Erkenntnis eines persönlichen Gottes ist. Er wird zum DU, zu dem man schlussendlich sagt: „Ich liebe Dich vom ganzen Herzen!“ Damit bestätigen wir, dass wir die Botschaft der Liebe Gottes erhalten, sie verstanden haben und durch unser Leben an deren Verwirklichung teilnehmen wollen. Es ist unser AMEN.

Franz Hammerschmid, Wien, Jg. 1940, war in der pharmazeutischen Forschung tätig und in der Wiener Pfarre St. Florian aktiv. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=Hammerschmid+F (nur bis 2005, der nachfolgende Autor gleichen Familiennamens hat einen anderen Vornamen und arbeitet in München)