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BRAUERSCHULE#

NÖ.
Mödling Archiv: Graupp

1894: Ein Vierteljahrhundert der ernsten und ersprießlichen Arbeit liegt nunmehr hinter der ersten und angesehensten Brauerfachschule der Monarchie, denn mit Ablauf des Schuljahres 1893/94 hat die weit über die Grenzen der Heimat zu Berühmtheit gelangte Brauerschule in Mödling als Zweiganstalt des kurze Zeit früher ins Leben gerufene Institutes Francisco-Josephinum in Mödling das 25. Jahr ihres Bestandes zurückgelegt.

Aus unwesentlichen Anfängen hat sich hier unter Allerhöchster und höchster Förderung eine Musteranstalt herausgebildet, welche in allen Stücken dem bewährten Grundsatz Rechnung trägt, dass der umsichtig regierte Staat auch unzweifelhaft vorzügliche Schulen aufzuweisen hat. Unter diesen letzten nimmt das Francisco-Josephinum und die aus demselben hervor gegangene Brauerfachschule einen hervorragenden Rang ein. Das Bedürfnis nach einer wesentlichen und allseitigen Hebung des Bildungsniveaus bei den Angehörigen der landwirtschaftlichen Gewerbe und Industriezweig steht ja in innigem Kontakt mit den sittlichen, intellektuellen und praktischen Erfordernissen für die Wohlfahrt des Staates und seiner Bevölkerung, und diesem wurde durch die weithin verzweigte Wirksamkeit des Francisco-Josephinum und seiner ansehnlichen Nebenlehranstalten in der glänzendsten und erfolgreichsten Weise entsprochen. Die Brauerschule in Mödling ist wohl eine Fachschule im eigentlichen Sinn des Wortes, allein sie bezweckt nicht nur, ihren Frequentanten eine auf den speziellen Beruf berechnete, sehr umfassende, sondern auch eine allgemeine, für das Leben gewissermaßen vorbereitende Bildung zu verleihen. Von solchen Prinzipien geleitet, haben die maßgebenden Persönlichkeiten ihren Einfluss auch nach solcher Richtung hin auf das Francisco-Josephinum und dessen Zweiganstalten ausgeübt, und derselben Tendenz hat die Leitung und die Lehrerschaft der verschiedenen zugehörigen Lehranstalten überall und stets Geltung verschafft.

Die Gründung des Francisco-Josephinum fällt in das Jahr 1869. Mit Allerhöchstem Handschreiben Seiner Majestät des Kaisers vom 6. Juni 1869 wurde dem Allerhöchsten Protektorat des erlauchten Kaiserpaares stehenden landwirtschaftlichen Bezirksverein in Mödling gestattet, dass dem dort zu gründenden Institut der Allerhöchste Name beigelegt werden dürfe. Am 16. Oktober 1869 erfolgte die Eröffnung der Anstalt.

Wir wollen nun in kürze die Geschichte der Anstalt, bezw. Der Brauerschule skizzieren und dabei jener Persönlichkeiten gebührend bedenken, deren Namen unzertrennlich mit den bezeichneten Lehranstalten verknüpft sind.

Der österreichische Ackerbauminister, Seine Exzellenz Graf Julius Falkenhayn, ist einer der mächtigsten Förderer des jubilierenden Institutes, dem er als einer der hervorragendsten Pflanzstätten eines gut geschulten und gründlich gebildeten Nachwuchs in der heimischen Landwirtschaft das weitest gehende Interesse entgegenbringt. Seine Durchlaucht Alfred Fürst Wrede, ist ein auf den verschiedensten Gebieten der Landwirtschaft und landwirtschaftlichen Industriezweig unermüdlich tätiger Fachmann, dessen unausgesetzt auf die Vervollkommnung und Verbesserung der ökonomischen Verhältnisse gerichtetes Bestreben der heimischen Agrikultur schon manche Errungenschaft, manchen bleibenden Fortschritt eingebracht hat. In seiner Eigenschaft als Mitglied des Kuratoriums des Francisco-Josephinum, welchem er durch längere Zeit bereits angehört, ist er einer der begabtesten Mitarbeiter, dessen fruchtbarer Initiative manche sich heute als vorzüglich erwiesene Institution entsprang. Als eine der kräftigsten Säulen des jubilierenden Institutes ist jedoch der seit dem Jahr 1872 als leitender Direktor an dessen Spitze stehender Regierungsrat Prof. Dr. Theodor von Gohren zu bezeichnen. Soweit die Koryphäen der Mutteranstalt, welche nunmehr ihr erstes Lustrum zurückgelegt hat. Allein auch die Zweiganstalten haben ihre Koryphäen und allen voran die uns am nächsten stehende Brauerschule, an welcher eine Reihe von Männern das überaus schwierige Amt eines Fachlehrers in solcher Weise ausübten, dass des Lobes über ihre segensreiche und wirkungsvolle Tätigkeit in und außer der Schule, sowie über ihre fachwissenschaftliche und praktische Betätigung auf dem Gebiet der gesamten Brautechnik nie genug wird gesagt werden können. Der Mödlinger Brauschule und ihren vorzüglichen Lehrkräften hat die österreichische Brauindustrie sehr viel zu verdanken, viele der heute nutzbringenden Fortschritte im Brauereibetrieb nahmen, angeregt oder durchgeführt von den ausgezeichneten Fachmännern,von der Mödlinger Brauerschule ihren Ausgang und haben in allen zivilisierten Staaten der Welt, wo die Brauindustrie prosperiert, rasch Verbreitung gefunden, und den verdienten Weltruf der Anstalt zum Teil mitbegründet. Zu den Koryphäen der Brauerschule in Mödling zählen wir und mit uns alle Angehörigen des Brauerfaches die Herren Professoren Julius E. Thausing, Theodor Langer und Heinrich Fischer. Welchem Brauer wären diese Namen von vorzüglichsten Klang nicht geläufig? Prof. Julius Thausing wirkte vom 1. April 1871 bis zum Ende des Schuljahres 1885/86 an der Anstalt. Wie er sich in dieser Stellung seiner schweren Aufgabe entledigte, darüber ist nur das einstimmige Urteil von aller Welt zu hören, welches darin gipfelt, dass Prof. Theodor Thausing eine Zierde der Brauerschule war, der für sich das nicht geringe Verdienst in Anspruch nehmen kann, nicht nur durch seine rastlos und mit wahrem Feuereifer betriebenen Forschungen und Studien der Brauindustrie neue Wege geebnet, neue Gebiete eröffnet und ihre Bedeutung wesentlich gehoben zu haben, sondern auch einer Unzahl von wissesdurstigen Gambrinus Jüngern Lehrer und Bildner gewesen zu sein, ihnen Lust und Liebe zu dem Beruf und Tüchtigkeit in allen Zweigen dieses Berufes zu eigen gemacht zu haben. Prof. Thausing war als Instruktor der Belehrung anstrebenden Brauer ein Muster seltenster Art. Alles Schablonenmäßige und Methodische, wenn es nicht mit der eigenen geistigen Kraft verquickt war, erschien ihm nur als hohle Form. Nur die eigene Tüchtigkeit mit der Methode zu gemeinsamem Wirken vereint, bringt gute Erfolge hervor, das war stets der leitende Grundsatz während der Lehramtsdauer des Professor Thausing, diesem hatte er sein ganzes Wirken angepasst und die bekannten glänzenden Resultate erzielt, und zu solchen wollte er auch seine Schüler allmählich geleiten. Sehr schwer wurde der Abgang Prof. Thausings von der Anstalt empfunden, an welcher er sich so lobenswert hervorgetan hatte, und im Augenblick, wo dieselbe ihr Jubiläum feiert, gedenkt man in Hochachtung dieses ihres einstigen Angehörigen. Die literarische Tätigkeit Prof. Thausings bedarf nicht erst besonderer Hervorhebung, sie ist in Fachkreisen nur zu bekannt.

Nach Prof. Thausing ist Prof. Theodor Langer erwähnenswert. Auch dieser der Anstalt und der heimischen Brauindustrie zur Ehre gereichende Fachmann ist voll und ganz von seinem Beruf erfüllt und hat sich natürlich durch die musterhafte Leitung der chemisch-technischen Laboratorien der Anstalt sowie durch mehrfache fachwissenschaftliche Arbeiten im Interesse und zur Förderung des Brauwesens einen weithin vorteilhaft bekannten Namen geschaffen. Prof. Langer ist flleich Prof. Thausing ein Praktiker von seltenen Qualitäten, dessen fachmännische Urteile in vielen Fällen erbeten werden und als trefflichste allseitig anerkannt sind. Herr Prof. Heinrich Fischer, dem der Vortrag in den Fachgegenständen an der Brauerschule seit dem Schuljahr 1885/86 obliegt, reiht sich den vorerwähnten beiden Herren hinsichtlich seiner Befähigung und der fachmännischen Leistungen auf dem Gebiet des Brauwesens würdig an. Auch er erblickt in der Förderung und Ausbildung der Angehörigen des Brauerstandes seinen eigentlichen Beruf, dessen Pflichten er über alles stellt. Prof. Fischers Erfolge in seiner Lehrtätigkeit decken sich vollkommen mit dem von der Anstalt angestrebten Ziele, das ist jungen, intelligenten Männern die wissenschaftliche Begründung des gesamten Brauprozesses in einer ihrer jeweiligen Vorbildung angemessenen Darstellung zu geben und sie zu weiterer selbständiger Forschung und Ausbildung zu befähigen.

Mit Rücksicht darauf, dass die Brauerschule in ihren lehrenden und leitenden Kräften stets ernste, fortschrittsfreundliche und vorwärts strebende Fachmänner hatte, konnte es nicht fehlen, dass sie sich allmählich zu jener Höhe emporschwang und jenes hohe Ansehen erreichte, dessen sie heute allgemein genießt.

Aus der 25 jährigen Geschichte der Brauerschule mögen folgende markante Punkte hier Raum finden. Der erste im Schuljahr 1869/70 abgehaltene Brauerkurs war von 26 Hörern besucht. Seit ihrem Bestand bis zum Ende des Schuljahres 1893/94 haben 818 Frequentanten die Brauerschule absolviert. Am 2. April 1880 wurde die Brauerschule vom Ackerbauminister Grafen Falkenhayn besucht. Im März desselben Jahres führte der Verein österreichischer Malzfabrikanten eine sehr interessante Probe mit Gerste Reinigungs- und Sortiermaschinen sowie mit Malzreinigungsmaschinen durch. Im Jahr 1884 wurde der bekannte Reichsratsabgeordnete und Vorkämpfer für die Rechte der österreichischen Brauindustrie Herr Em. Ritter von Proskowetz in das Kuratorium des Francisco-Josephinum gewählt. Im selben Jahr gab der Verein österreichischer Malzfabrikanten dem Kuratorium bekannt, dass er die Zinsen aus der Proskowetz Stiftung nebst einem Stipendium von 150 Gulden für Schüler der Brauerfachschule votiert habe. 1886 wurde der Brauereibesitzer in Jedlesee Anton Dengler in das Kuratorium gewählt. 1888 fungierte Direktor Dr. von Gohren als Experte in der vom Steuerausschuss des Reichsrates abgehaltenen Enquete, betreffend die Biersteuergesetznovelle. 1891 votierte der „Brauherrenverein für Wien und Umgebung“ 500 Gulden zu Herstellungen in der Versuchsbrauerei.

Es dürfte auch weitere Kreise interessieren, über den Umfang des von der Brauerschule absolvierten Lehrprogramms, welches sich in seiner wesentlichsten Gestaltung stets gleich geblieben ist, Näheres zu erfahren. Der hier erteilte Unterricht soll zunächst jungen intelligenten Facheleven, die den praktischen Teil des Berufes in der Mälzerei, Sudführung und Gehrung bereits kennen, in theoretischer Form darstellen. Die Lehrzeit erstreckt sich über zwei Semester. Das erste Semester hat den Zweck, jenen Brauern, welche in den begründenden naturwissenschaftlichen unf mathematischen Disziplinen eine geringere Vorbildung besitzen. Gelegenheit zu bieten, die Lücken ihres Wissens auszufüllen, und so eine sichere Basis für das Fachstudium zu gewinnen. Im zweiten Semester wird der eigentliche fachliche Unterricht für die verschiedenen Stadien des Brauprozesses, wie er direkt in der Praxis Anwendung findet, erteilt.

Von den vorerwähnten 818 Frequentanten, welche eine gründliche Vorbereitung und Ausbildung für ihren Beruf, mit bedeutendem Erfolg, tätig sind, werden herbeieilen, um der schönen Jubiläumsfeier beizuwohnen, welche durch die Anwesenheit Seiner Majestät des Kaisers besonderen Glanz erhalten wird.

Mit Stolz kann man auf die hervorragenden Errungenschaften der jubilierenden Anstalten und ihrer leitenden Faktoren hinweisen. Möge das Francisco-Josephinum und mit ihm die Brauerschule weiter emporstreben und die Heranbildung tüchtiger und intelligenter Kräfte für die landwirtschaftlichen Betriebszweige unentwegt pflegen, dann ist ihnen Erfolg und Anerkennung gewiss.

QUELLE: Gambrinus, 1. Oktober 1894, s S 2, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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