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CARL VON PILOTY#

Hanfstaengel
Carl von Piloty 1874

Einer der Großen Münchens ist aus dem Leben geschieden, der von so tiefgreifendem Einfluss auf die modernen Kunstbestrebungen in Deutschland war, wie keiner seiner Zeitgenossen. Man kann dem verstorbenen Meister getrost den Ehrentitel Praeceptor Germaniae verleihen. Er kann wie viele andere Künstler bald vergessen sein, aber der Lehrer Piloty wird unsterblich fortleben in der Geschichte der deutschen Kunst. Man wird später seiner gedenken, der aus eigener Kraft und fast als einziger den Anstoß zur Neubelebung und zur glanzvollen, farbenreichen Entfaltung beigetragen hatte.

Carl von Piloty wurde am 1. Oktober 1826 in München , als Sohn eines Lithographen geboren und war sozusagen mit der Kunst aufgewachsen. Mit 14 Jahren besuchte er die Münchner Akademie und nahm unter Schnorrs Leitung jene Eindrücke in sich auf die er später abzustreifen versuchte. Die Reisen durch Holland, Belgien und Frankreich waren seine Lehrmeister und ausschlaggebend für seine weitere Entwicklung. Seine ersten Arbeiten die den Hauch seiner Reiseeindrücke wiedergaben, blieben unbeachtet. Doch in ihnen verbarg sich die neue Technik, die auf ihn allmählich aufmerksam machte und ihn zahlreiche Schüler zuführte, deren Ruhm er gründete.

Piloty war ein unermüdlicher und fleißiger Maler dessen Werke einen stattlichen Katalog füllen würden.

Am meisten bekannt wurden seine im Jahr 1854 für das Maximilaneum gemalte „Gründung der katholischen Liga“ und überraschte durch die energische Beherrschung der malerischen Mittel; indes konnte doch die große Wahrheit das Konventionelle der Komposition, die sich im Grunde von den ähnlichen Kaulbachs und der Cornelius Schule in der Auffassung nicht sehr unterschied, kaum verdecken. Sechs Jahre später für denselben Bau komponierte Gemälde; „Einzug Gottfrieds von Bouillon in Jerusalem“ Sensationelle Wirkung erzielte er mit dem Gemälde „Seni vor Wallensteins Leiche“ die ihm nicht nur vielfache Anerkennung auch eine Professur an der Münchner Akademie einbrachte. Seine nächsten Werke „Nero nach dem Brande Roms“, Dr. G. 1864: „Als wir Pilotys „Nero“ vor zwei Jahren auf der Weltausstellung in London zum 1. Mal sahen, übte das Bild, wir konnten es nicht verhehlen, eine verhältnismäßig nur geringe Wirkung, aber der Grund davon lag weniger im Werk selbst, als in dessen großartiger Umgebung.“ Kein Wunder, denn in der Nachbarschaft hingen die großen Meister der französischen und belgischen Schule. Jedes Kunstwerk kommt erst zu seinem vollen Recht, wenn es isoliert dem Beschauer entgegentritt und das gilt somit auch für Pilotys „Nero“. „Thusnelda im Triumpfzug des Germanicus.“ und „Heinrich VIII., und Anna Boleyn“ sowie „Letzte Gang der Girondisten“ sind weltweit bekannt.

Bei Wiener Weltausstellung 1873 feierte Carl von Piloty mit seinem Gemälde „Thusnelda“ Triumphe.

Piloty wurde 1874 nach Kaulbachs Tod Direktor der Münchner Akademie und als solcher wirkte er als Lehrer und Künstler bis zu seinen Lebensende.

Ist es das Privilegium der Kunst, die Tendenzen, welche die Zeit bewegen, in Gestalten auszuprägen, welche jene mit besonderer Energie aussprechen, so ist das Piloty noch mehrmals , dank des echten Instinkt des Genies, mit ungewöhnlichem Glück gelungen.

Fand ein junger Maler zu dieser Zeit in Wien wenig Beachtung ging er nach München und fand Aufnahme im Kreis der Piloty Schüler.

Im Jahr 1878 hatte, wie das Prager Tagblatt berichtete, der berühmte Maler Piloty seinen Freund und oftmaligen Tischgenossen, den 73jährigen Arzt Dr. Trettenbacher wegen einer unbedachten Äußerung auf Majestätsbeleidigung denunziert. Viele Leser waren wohl der Meinung, dass es sich dabei um einen Irrtum handeln müsse. Leider sollte sich indes jene widerwärtige Münchner Affäre nur allzu wahr erweisen. Der bisher als Künstler so hoch gefeierte Piloty, der Maler der auf der Wiener Weltausstellung so allgemein bewunderten „Thusnelda“, hat sich in der Tat dazu hergegeben, den gemeinen Denunzianten zu machen und seine Denunzation hat auch in der Tat bereits den Erfolg gehabt, dass sein hoch betagter Freund vor das Gericht zitiert und dort zu 8 Monaten Festungshaft verurteilt wurde. Kein Wunder, dass dieser Fall weit über die Grenzen Deutschlands schmerzliches Aufsehen erregte.

Der Fall Piloty-Trettenbacher aber beweist, dass das Gift der Denunziationsseuche auch schon in höheren Kreise eingedrungen ist und dass es hier ebenso die Stimme des Ehrgefühls und des Anstandes verstummen lässt, wie in der gemeinsten Bierschenke und Schnapsboutique. Dazu treten aber denn auch noch erschwerende Umstände in diesem Fall hervor, die ihn in ganz besonders bedenklichem Licht erscheinen lassen. Ein berühmter, für hochgebildet und hochbegabt geltender Mann, eine Zierde der deutschen Künstlerwelt, entwürdigt sich selbst zum gemeinen Angeber. Und wen gibt er an? Handelt es sich etwa darum, den Staat zu retten, oder irgend ein Urteil zu verhüten? Leider keineswegs! Herr Piloty denunziert vielmehr einen alten gebrechlichen Mann, der in einem unseligen Moment eine allerdings bedauernswerte Äußerung aber auch nur einem langjährigen Freund gegenüber in traulichem Tischgespräch getan, wo sich die vom Trinken gelöste Zumge keinen Zwang aufzuerlegen pflegt, dass der Betreffende zu keiner anderen Stunde je im Ernst gesagt haben würde. Piloty wird also nicht nur freiwilliger Polizist - sondern auch ein Vertrauensdieb und schnöder Verräter an seinem Freund, mit einem Wort: er enthüllt sich den Augen seines eigenen, ihn jüngst noch bewundernden Volkes als ein zynnisch-gemeiner Charakter, als ein umgekehrter Hödel und Nobiling, als eine Schmach für den deutschen Namen.

Dr, Trettenbacher ist zu einer achtmonatlichen Haft im Alter von 73 Jahren – nach zurückgelegter makelloser Laufbahn - verurteilt worden. Das Gericht konnte nach dem Buchstaben des Gesetzes nicht anders handeln. Die Demonstranten aber, die sich nach Ablauf der Gerichtssitzung abspielte und die den Piloty zwang, militärischen Schutz in Anspruch zu nehmen, um nicht gelyncht zu werden, verweist, dass das deutsche Volksgefühl sich gegen die Tat des Denunzianten aufbäumt und dass es den eigentlichen Verbrecher nicht in dem hinfälligen Greis der an der Schwelle des Grabes von einem Freund verraten wurde, sondern in dem berühmten Künstler sieht, der sich urplötzlich als elender Häscher und Scherge entpuppte.

Nachdem der Denunziant aus Beruf nur mit Mühe der Volksjustiz entgangen, wollen ihn, wie Münchner Blätter melden , die Schüler der Akademie, deren Direktor er ist, dadurch zur Demission zwingen, dass sie dieselbe selbst mit Ostentation zu verlassen gedenken.

Wie Wiener Blätter weiter berichten, geht man in München überhaupt damit um, ein Subjekt zum Verlassen der Stadt zu zwingen, durch das sich die Stadt verunehrt fühlt. Aber auch in Wien steht dem Herrn Piloty eine moralische Züchtigung bevor, indem die dortige Akademie der bildenden Künste ihn aus der Zahl ihrer Ehrenmitglieder ausschließen will. Eine derartige moralische Züchtigung ist aber nötig und gerecht, weil sie die einzige praktische Medizin ist gegen das Weiterumsichgreifen einer abscheulichen politischen Seuche.

Am 25. Oktober 1878 kam die Affäre Piloty-Trettenbacher in zweiter Instanz zur Verhandlung. Bei Gericht war ein Schriftstück eingetroffen mit dem Namen Dr. Trettenbacher welches die gröbsten Schmähungen gegen den deutschen Kaiser enthält. Der Verteidiger erklärt den als Fälschung daher sollte die Verhandlung vertagt werden. Das Gericht war damit nicht einverstanden und eröffnete die Verhandlung. Der erste Zeuge gibt an, dass Trettenbacher sobald die Rede auf Religion oder Politik zu sprechen komme, ungemein exzentrisch werde. Wie Seeberger der selbst gegen die Anzeige gestimmt habe erwähnte, dass Trettenbacher den Kaiser als Spitzbube bezeichnet hätte, ein sehr geläufiger Ausdruck im Volk. Seeberger der die Äußerung Trettenbacher vernommen hatte wurde in der Akademie wegen seiner Verstörtheit befragt, Piloty kam hinzu und forderte ihn auf Anzeige zu erstatten, denn wer das nicht tut ist ein Feigling und gleicher Gesinnung verdächtigt. Nach der Vorlesung war Seeberger nochmals zu Piloty gerufen worden. Wo zu seinem Erstaunen die Anzeige an die Polizei bereits fertig vorlag. Um sich nicht weiteren Beleidigungen auszusetzen, habe er keine Versuche mehr gemacht von der Anzeige-Erstattung abzuhalten. Und so habe Piloty die Anzeige weiter geleitet.

Piloty war bereits im Gerichtssaal der Gegenstand allseitiger Verachtung und musste nach der Verkündigung des Urteils von zwei Polizeikommissaren und einem Rudel Gendarmen bis hzu seiner Wohnung geleitet werden, weil eine große Menge Volkes dem Ehrenmann zischend und pfeifend eine weite Strecke durch die Straßen auf dem Fuß gefolgt war.

Wo sich derselbe seitdem sehen lässt, tönen ihm Pfuirufe entgegen; allein das Schlimmste steht ihm noch bevor. Nach dem gestrigen „Fremdenblatt“ hielten die Schüler der Kunstakademie am Montag eine Versammlung ab und beschlossen mit großer Majorität, wenn Piloty Direktor bleibt, die Akademie mit Ostentation zu verlassen. Auch etliche Professoren der Akademie sollen das Schriftstück unterzeichnet haben. Selbständige Künstler wollen jede Berührung mit Piloty vermeiden. Als am Montag Piloty mit Seeberger in das Lokal des Vereines „Altenglaub“ kamen, standen sämtliche anwesenden Mitglieder aus und entfernten sich, so dass sich die beiden Helden sich allein miteinander unterhalten konnten.

Wie das „Extrablatt“ im Juli 1878 folgendes mitzuteilen wusste, so wird berichtet , dass der König von Bayern, in dessen Sold der Akademikerdirektor steht, nur mit geheimen Missbehagen die preußische Suprematie erträgt, scheint nicht dafür zu sprechen, dass Piloty für seine Tat von Münchner Hof eine besondere Belohnung zu erwarten hat. Vielleicht hat er aber darauf gar nicht gerechnet, vielleicht schielt Piloty nach Berlin und hofft von dort auf den Lohn seiner loyalen Angeberei. Auch in diesem Fall bleibt das obige Urteil aufrecht, auch dann ist der Mann ein Nichtswürdiger.

November 1881 wurde im österreichischen Kunstverein soeben eine seiner glänzendsten Ausstellungen eröffnet. Das Hauptwerk die eigentliche piéce de restistance, ist Carl von Pilotys Riesengemälde „Die klugen und die törichten Jungfrauen“ .Wie die „Morgen Post“ schreibt: „Für den ersten Moment steht man wie geblendet von der Farbenpracht dieses Bildes da, das in technischer Hinsicht zu den ersten Meisterwerken der deutschen Malkunst zählt. Der Blick haftet an den Mädchengestalten, den klugen wie den törichten, und schaut sich erst satt daran, dann aber, wenn die sinnliche Wirkung vorüber ist, fragt man sich, was denn das alles bedeuten soll. Die Parabel von den gescheiten Jungfrauen ist uns aus der Bibel hinlänglich bekannt, wie sich dieselbe jedoch künstlerisch gestalten lassen soll, bleibt eine offene Frage.....“ Pilotys letztes Gemälde „Der Tod Alexander des Großen“ war für die Nationalgalerie in Berlin bestimmt.

QUELLEN: Illustrierte Zeitung, 4. April 1874, Bild, Neue Illustrierte Zeitung 1. August 1886, S 6. Morgen Post 29. Oktober 1878, S 4, 11. November 1881, S 1, Prager Tagblatt 19. Juli 1878, S 1, Vaterland 19. Juli 1878, S 2, Ill Wiener Extrablatt 17 Juli 1878, S 2. ANNO Österreichische Nationalbibliothek.

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