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SAMUEL HEINICKE#

Kaiser Joseph II., ein reisefreudiger Mann, der stets mit neuen Eindrücken zurückkam um das Gesehene in seinem Reich zu verwirklichen und einzuführen.

Bei einem seiner Aufenthalte in Paris, beim Besuch seiner Schwester Marie Antoinette, lernte er Abbé l'Epée und dessen Schule kennen. Mit dieser neuen Erfahrung, für Taubstumme ein Institut zu gründen kam er nach Wien zurück. Vorerst musste das Taubstummeninstitut immer wieder die Adressen wechseln. Kaiser Franz I., setzte das Werk Joseph II., fort.

Jahrhundert um Jahrhundert verging ohne, dass sich etwas für die Ärmsten der Armen änderte. Man wollte mit ihnen nichts zu tun haben, waren sie doch unnütz für die Gesellschaft.

Nachdem in Paris Abbé eine Lösung für die Taubstummen gefunden, wirkte in Leipzig Samuel Heinicke, der sich der Unglücklichen angenommen hatte. Er bemühte sich mit unerschütterlicher Ausdauer um Unterstützung der Beklagenswerten. Seine Forderung war, dass in jeder größeren Stadt eine Anstalt für diese Menschen gegründet werden sollte.

War es nicht ein Wunder, dass beide diese Idee hatten? Die Leipziger Taubstummenanstalt stiftete Heinicke im Jahr 1788. Daraus ist zu ersehen, dass Heinicke nicht ein Nachahmer der Franzosen war und schon Jahre vorher mit dem Taubstummenunterricht begann. Er war als Taubstummenlehrer bekannt.

1828: Heinicke stammte aus dem Kurfürstentum Sachsen, es verschlug ihn nach Hamburg und Kopenhagen. Sein Dienst als Schullehrer und Kantor nach Eppendorf bei Hamburg, dort traf er auf einen taubstummen Knaben, der Sohn eines Müllers war. Heinicke nahm sich des Knaben liebevoll an und unterrichtete ihn, das passte dem Pastor von Eggendorf absolut nicht, sah doch dieser es als Frevel, einen Taubstummen zu unterrichten. Man dürfe nicht in die Schöpfung Gottes eingreifen. Heinicke ließ sich davon nicht abhalten und kümmerte sich weiter um seinen taubstummen Schüler. Männer aus seinem Bekanntenkreis unterstützen ihn.

Der Kurfürst von Sachsen, der spätere König Friedrich August, rief ihn in die Heimat zurück und bekam von ihm jene Unterstützung die er benötigte. So entstand Heinickes Werk ohne französischen Einfluss.

Reinicke wollte seine Schüler so weit bringen, dass sie sich mündlich mit den hörenden Menschen verständigen konnten.

Der Franzose und der Deutsche hatten jeder ein eigenes System, darüber hätte man sich austauschen und gemeinsam etwas unternehmen können, nein im Gegenteil jeder sah den anderen als Rivalen, das führte so weit bis zur Feindschaft.

Reinickes Vorgangsweise war folgende: An Stelle des Ohres musste bei Aufnahme des Gesprochenen das Auge funktionieren und dazu geschult, zu beachten, dass jeder Laut eine ganz besondere Mundstellung bedingt; hört das Gesprochene nicht, aber durch das Auge war es bald imstande es von den Lippen des Sprechenden abzulesen. Ein weiteres Hilfsmittel fand Heinicke darin, dass er dünnes biegsames Papier beim Aussprechen der Buchstaben nahe an die Lippen hielt, um an die Schwingungen des Papiers den verschiedenen Druck des ausgestoßenen Atems den Zöglingen ersichtlich zu machen, und war damit sehr erfolgreich und wurde ihnen die geistige Welt erschlossen.

Anders die Methode des Franzosen, der damit siegreich blieb. Der ungeschulte Taubstumme findet gewisse mimische Zeichen und Gebärden, welche an Stelle der Artikulation bei dem normalen Kind treten. Diese ursprünglichen, natürlichen, nicht sicheren Zeichen suchte l'Epée in ein System zu bringen, materiell wie formell auszubilden, um sie den Variationen, welche sprachlich zum Ausdruck kommen können, möglichst nahe zu bringen. Die Buchstaben der französischen Schrift wurden durch Stellung der Hand versinnbildlicht, Silben selbst, ganze Wörter wurden den natürlichen Gebärden angefügt und durch diese Zusammenstellung ergab sich eine Kunstsprache, welche sich in ihrem logischen Zusammenhang wie in formaler Beziehung der französischen vollkommen anpasste. Namen wurden durch die Buchstaben der Finger-Alphabetes wiedergegeben, bei der Konjugation und Deklination wurden den mimisch ausgedrückten Stammwörtern die bedeutungsvollen Silben oder Buchstaben angefügt. So glaubte der Franzose seine Schüler in allen Zweigen der Wissenschaft einführen zu können. Dieses System brachte ihm große Bewunderung entgegen.

Samuel Heinicke wurde am 10. April 1727 als Sohn wohlhabender Bauern in Nautschütz bei Weissenfels in Sachsen geboren. Der Welt der Landwirtschaft, brachte er keinerlei Interesse entgegen, ihn zog es hingegen zu geistiger Betätigung. Seine Abneigung dem Bauernstand gegenüber riefen alsbald heftige Konflikte mit seinen Eltern hervor, die nach altem Brauch ihn mit einem Mädchen ihrer Wahl verheiraten wollten. Um seinen Eltern zu entfliehen wurde er Soldat und beschäftigte sich weiterhin mit seinem Lieblingsgebiet, der geistigen Weiterbildung. Erstaunlich mit welcher Energie er sich umfassende Kenntnisse anzueignen vermochte.

Nach Jahren fanden Eltern und Sohn wieder zueinander, er heiratete. In die friedliche Idylle brach plötzlich ein Krieg los, der siebenjährige. Heinicke musste einrücken, wurde gefangen und flüchtete. 1760 fand er eine Stelle als Sekretär bei der Gräfin Schimmelmann. Einige Jahre später fand er durch diese Familie die Stelle eines Kantors und Lehrers in Eppendorf bei Hamburg und bedeutete zugleich ein angenehmes, sorgenfreies Leben.

Hier also hatte er jenes Betätigungsfeld gefunden nach dem er immer gestrebt hatte. 1777 legte er seine Funktion nieder um sich ganz den Taubstummen zu widmen. Seine Schüleranzahl wurde ständig größer, die seiner Hilfe bedurften. Ein Zeichen, dass seine Berufswahl von größter Wichtigkeit und Notwendigkeit war.

Heinickes Erfolg bestand darin, dass er die Kinder bis zur Konfirmation zu fördern, das fand Beachtung und erregte Aufsehen. Aus allen Kreisen kamen Besucher um von ihm zu lernen.

1778 reiste Heinicke mit seiner Familie nach Leipzig und am 14. April 1778 erfüllte ihn ein Glücksgefühl als er die erste deutsche Taubstummenanstalt eröffnen durfte.

Bereits in kurzer Zeit konnte er 15 Schüler begrüßen, allerdings kein Kind aus Sachsen; denn Widerstände aller Art begannen sich zu regen. Heinicke ließ sich nicht beirren. Sein Fleiß und Erfolg ließen das Misstrauen allmählich verebben und überwinden.

Mit der Zeit stellten sich gesundheitliche Schwierigkeiten ein, trotzdem übte er sein Amt unverdrossen weiter aus. Literarisch gab es so manchen Kampf zu bestehen, darunter auch mit dem berühmt gewordenen Abbé l'Epée, der 1770 in Paris die erste Taubstummenanstalt Frankreichs eröffnen durfte.

Heinicke starb am 30. April 1790. Wie so oft verblasst sein Dasein, ein Verdienter wird vergessen, nur Denkmäler erinnern noch an ihn. Auch Schriftliches hinterließ er ohne, dass darin seine Methode ganz geklärt werden kann. Seine Familie blieb unversorgt zurück.

An allen bedeutenden Instituten, so auch in Wien und in dem Jahr 1821 gegründeten Linzer Anstalt, wird nach der reinen Lautsprachenmethode Unterricht erteilt und so bleibt Heinicke unvergessen.

QUELLEN: Prager Tagblatt, 31. Jänner 1880, Tag Blatt, 14. April 1928, Morgen Blatt, 26. August 1828, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO

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