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Wuggerl, Schaferl und Kopfwehring #

Eiserne Votivgaben, in tiefem Glauben und inniger Zuversicht um den Altar getragen, versprachen Hilfe für Mensch und Vieh. Die Wolfgangikirche ist auch heute noch ein solcher Hort. #


Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Kleinen Zeitung (3. Juni 2018)

Von

Helena Wallner


dem heiligen Wolfgang geweihte Kirche bei Hollenegg
Ein Ziel für Wallfahrer und Bittsteller: die dem heiligen Wolfgang geweihte Kirche bei Hollenegg
Foto: GERY WOLF (10), KK
Altarraum
Altarraum
Foto: GERY WOLF (10), KK
Opferstock
Wichtig, der Opferstock
Foto: GERY WOLF (10), KK

Hl. Wolfgang
Hl. Wolfgang
Foto: GERY WOLF (10), KK

"Es hat immer geholfen“, erinnert sich ein Pilger, der schon an der Hand von Mutter und Vater den weststeirischen Wolfgangikogel erklomm. 2000 Gläubige zählte man einst bei den Wallfahrten und anschließenden Bittprozessionen in der Nähe von Deutschlandsberg.

Frühmorgens hatten schon Böllerschüsse, die ja ursprünglich zum Vertreiben der bösen Geister ersonnen worden waren, weitum angekündigt, dass wieder zweiter Julisonntag war und damit die beste Gelegenheit, um den heiligen Wolfgang um Beistand zu bitten – für sich und auch für das Vieh. Der im Spätmittelalter hochverehrte Bischof von Regensburg galt als Helfer bei Krankheiten wie Kopfweh, Augenleiden oder Gicht ebenso wie als Vieh- und Wetterpatron.

Während die Kinder lieber zu den Standln mit den Zuckerstangen und Lebzelten abgebogen wären, zog es die Wallfahrer schnurstracks zum Altar in die Bergkirche, um ja noch die passenden Votivgaben zu erhaschen: Rinder, Schafe, Schweine, Pferde. Oft sei ein heftiges Gerangel entstanden, weil nicht „genug eiserne Wuggerln oder Schaferln“ vorhanden waren, berichten die Chronisten. Fest umschlossen und innig an sich gedrückt umrundeten die Bittsteller sodann den Altar, erbaten Hilfe für kranke Tiere und Schutz für das Vieh im Stall.

Wiewohl der Kult der Weihegaben bis in prähistorische Zeit zurückreicht, hatte der tief verwurzelte Brauch mit eisernen Votivgaben in der Zeit des 17. bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts seine Hochblüte und die größte Ausprägung in der Steiermark und in Kärnten.

Ursprünglich ließ man die Tierfiguren daheim von einem Schmied anfertigen, später verblieben sie an den Wallfahrtsorten und wurden für die Opfergaben wieder ausgeborgt. Gar mancher pfiffige Mesner soll sich durch die Leihgebühr eine Extraeinnahmequelle geschaffen haben, heißt es. Aber prinzipiell landete das Geld im Opferstock und die Votivgaben wieder im Sammelkorb.

Das sei Volkskunst in einem besonderen Sinn, schrieb Elfriede Grabner im Zuge einer Sonderausstellung über Eisenmotive. Tatsächlich sind die höchst unterschiedlichen Kunstwerke manchmal unnatürlich lang gezogen, dann wieder kurz und dick mit eigenwillig geformten Köpfen und Gliedmaßen, auf jeden Fall einmalig. Die größere Vollkommenheit wird den steirischkärntnerischen Exemplaren nachgesagt.

Eine Sonderstellung unter den Votivgaben kommt den ei sernen Kopfreifen zu. Aus dem Almkirchlein St. Leonhard in der Soboth stammt der attraktivste Eisenring, aber auch der in sich gedrehte vom Wolfgangikogel kann sich sehen lassen.


Jedes ein Unikat
Jedes ein Unikat
Foto: GERY WOLF (10), KK
Jedes ein Unikat
Jedes ein Unikat
Foto: GERY WOLF (10), KK
Auswahl vom Wolfgangikogel
Auswahl vom Wolfgangikogel
Foto: GERY WOLF (10), KK
Ring vom Wolfgangi
Ring vom Wolfgangi
Foto: GERY WOLF (10), KK
Aus der Soboth
Aus der Soboth
Foto: GERY WOLF (10), KK

„Der auch als Wolfgangi- oder Kopfwehring bekannte Eisenreifen wurde mit der Bitte um Schmerzlinderung von den Gläubigen aufgesetzt“, erzählt Maria Brunner, die sich in vollem ehrenamtlichen Einsatz um das weststeirische Wolfgangikirchlein kümmert, und breitet ihre Schätze aus: Neben den Ringen, die laut Überlieferung Wallfahrer, die knieend um den Altar gerutscht sind, auch über das Bein gestreift haben, verfügt Wolfgangi über eine erkleckliche, eiserne Viehherde, aber auch Herzen, Arme und Beine im Miniformat sowie die rare Darstellung einer männlichen und einer weiblichen Figur.

Allesamt natürlich Nachbildungen, denn die Originale werden im Volkskundemuseum in Graz gut gehütet und passend zur Schau gestellt. Dort rückt Chefkuratorin Roswitha Orac-Stipperger die heimische Kopfwehring-Euphorie ein wenig zurecht: „Auch in Kärnten sind Kopfringe besonders im Zusammenhang mit Leonhardi-Patrozinien überliefert.“ Das Attribut des Heiligen ist die Kette, daraus folgt die rituelle Praktik des Umgürtens. „Das Tragen der Ringe ist eine Form des Umgürten des Kopfes“, erklärt die Fachfrau und setzt noch eines drauf: Zwischen Saar und Mosel seien gar Kopfkronen gebräuchlich gewesen. Einerlei, Hauptsache, die Hilfesuchenden fanden Gehör und Trost in ihren Sorgen und Nöten.

Maria Brunner
Maria Brunner, die gute Seele der Wolfgangikirche
Foto: GERY WOLF (10), KK
Roswitha Orac-Stipperger
Roswitha Orac-Stipperger, Chefkuratorin Volkskundemuseum
Foto: GERY WOLF (10), KK

Natürlich ist auch das Votivwesen im Umbruch. „Heute wird nach einem glimpflich ausgegangenen Unfall ein Kotflügel geopfert“, so der realistische Blick von Orac-Stipperger. Andrerseits fänden aber die alten Bräuche durchaus auch Platz in den heutigen „Patchworkkulturen“. Ihr persönliches Lieblingsstück unter den Votivgaben ist übrigens die bei Unterleibsbeschwerden eingesetzte Nachbildung einer Kröte, weil sie nicht so vordergründig wie die anderen Darstellungen daherkommt.

Auch der Wolfgangikogel steht ganz im Wandel der Zeit: Einst wurden mehr als hundert Gottesdienste im Jahr gefeiert, weiß die Pfarrchronik zu berichten. Und danach ging es in den umliegenden Gasthäusern bei Musik und Tanz und auf der Loambudl rund. Und die Votivgaben verkommen bei mangelnder Frömmigkeit immer mehr zur Zierde. Dennoch, für die Hüterin der Wolfgangikirche gilt der tiefe Glaube, „dass sich die Gnade Gottes an bestimmten Orten besonders zeigt und wirkt“.

Lexikon #

Votivgaben
sind Gegenstände aus Ton, Metall, Wachs oder Holz, die als Dank- oder Bittzeichen symbolisch dargebracht werden. In Steiermark und Kärnten fällt der außerordentliche Reichtum eiserner Votivgaben auf.
Kopfringe
standen in enger Verbindung mit dem heiligen Leonhard und der rituellen Praktik des Umgürtens (St. Leonhard in Aich, St. Leonhard im Lavanttal, St. Leonhard in der Soboth). Auch andere Patrone halfen.
In der Wolfgangikirche
im Bezirk Deutschlandsberg wurde der heilige Wolfgang um die Linderung der Schmerzen durch aufgelegte Kopfwehringe angefleht. Die große Wallfahrt findet jeweils am zweiten Sonntag im Juli statt sowie am Gedenktag Ende Oktober.
Im Volkskundemuseum
in Graz sind die originalen Ringe und Tiervotive ausgestellt.
Die Publikation
„Die Wolfgangikirche. Ein Ort, an dem sich Himmel und Erde berühren“ erscheint anlässlich der Generalrenovierung und kann ab Juli über die weststeirische Pfarre Hollenegg bezogen werden.

Kleine Zeitung, 3. Juni 2018


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