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Die Zeichen aus Stein#

Der österreichische Bildhauer Karl Prantl starb im Alter von 86 Jahren#


Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Wiener Zeitung (Samstag, 9. Oktober 2010)

Von

Edwin Baumgartner


Karl Prantl
Karl Prantl hinter einem seiner Objekte
© Wiener Zeitung / Foto: apa / Techt

  • Prantl prägte die Bildhauerei der Nachkriegszeit
  • Staatspreis-Träger gründete das Bildhauer-Symposium in St. Margarethen

Der österreichische Bildhauer Karl Prantl ist am 8. Oktober 2010 im 87. Lebensjahr gestorben. Er brach vor der Türe seines Hauses zusammen und war sofort tot. Prantl gilt als einer der wichtigsten Steinbildhauer der Gegenwart.

Geboren wurde Prantl am 5. November 1923 in Pöttsching im Burgenland als Sohn einer österreichisch-ungarischen Beamtenfamilie. Obwohl Prantls hauptsächliche Bedeutung auf dem Gebiet der Skulptur liegt, mit der er sich etwa ab 1950 befasst, hat er in diesem Bereich nie eine professionelle Ausbildung absolviert. Sein Diplom erhält er an der Akademie der bildenden Künste Wien für Malerei, die er von 1946 bis 1952 bei Albert Paris Gütersloh studiert hat.

Bildhauersymposion#

1958 bezieht Prantl sein erstes Atelier in einem alten Gewölbe in der Nähe des Donaukanals. Im gleichen Jahr arbeitet Prantl erstmals längere Zeit im Steinbruch St. Margarethen. Im Jahr darauf kommt an diesem Ort das erste internationale Freiluft-Bildhauersymposium zustande. Der Organisator: Karl Prantl. 1965 übersiedelte Prantl in ein neues Atelier, einen Gebäudetrakt der Wiener Weltausstellung. 1970 zieht er sich vom St. Margarethener Bildhauersymposion zurück, denn er sieht sein Lebenswerk zu wenig gewürdigt. 1979 tritt er aus dem Förderverein des Symposions aus. Zehn Jahre später sind die Wogen genug geglättet, dass Prantl wieder in den Förderverein zurückkehrt.

1978 übersiedelt Prantl in seinen Geburtsort Pöttsching, wo er bis zu seinem Tod lebt und arbeitet. 2008 wird ihm der Große Österreichische Staatspreis für Bildende Kunst zuerkannt.

In den letzten Jahren konnte Prantl aufgrund der Knochenbrüchigkeit, die ein für Steinbildhauer charakteristisches Altersleiden ist, nicht mehr selbst arbeiten. Er schuf seine Werke, indem er sie einem Helfer gleichsam in Hammer und Meißel diktierte.

Zeichensetzungen#

Der Auslöser für Prantls Selbstfindung ist eine Auftragsarbeit, an der er 1959 arbeitet: Er soll einen großen Grenzstein schaffen. Prantl erfährt zum ersten Mal die künstlerische Arbeit in der freien Natur. Er empfindet es als „Hinausgehen in den Freiraum“, der Stein wird für ihn zum „Mittel, um zu diesem Freidenken zu kommen – zum Freiwerden von vielen Zwängen, Engen und Tabus“. Und er entdeckt die Eigengesetzlichkeit des Steins: Die Dichte des Materials akzeptiert Prantl, nicht aber die ihm zugesprochene Eigenschaft der kristallinen Härte. Prantl zwingt nicht dem Stein eine Form auf, sondern lässt sich von den Strukturen des Steins leiten. Zwangsläufig fertigt er keine Skizzen an, die dem Stein doch nur eine Form überstülpen würden.

Prantls Skulpturen sind Zeichensetzungen in der Natur. Man soll an sie herantreten, man soll sie berühren: Der Mensch, der mit dem Stein in Kontakt tritt, der Stein, der als Mittler zwischen Mensch und Natur steht. Prantls Skulpturen ordnen sich keiner wie auch immer gearteten künstlerischen Ästhetik unter. Vielmehr evozieren sie Magie und Erhabenheit. Sie dulden keine anderen Kunstobjekte in dem von ihnen beherrschten Raum. Der amerikanische Kunstkritiker Yehuda E. Safran assoziiert mit Prantls Stelen "eine Rauchsäule bei Tag, eine Feuersäule bei Nacht".

Wiener Zeitung,, Samstag, 9. Oktober 2010


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